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Wenn der Rat erst mit seiner Tagung begonnen hat, werden die Leute hier rein- und rauslaufen, als hätten sie Feuer in den Un-terhosen, und sie werden wahrscheinlich alle einen ziemlichen Durst haben. Drohende Todesgefahr und der Angriff auf die Stadt bringen so etwas mit sich, wißt Ihr? Ich vermute, Donald Royal ist noch nicht aufgetaucht?«

»Bisher nicht. Er ist ein alter Mann, und er hat einen weiten Weg bis hierher. Selbst ohne das Durcheinander in den Straßen.«

»Verdammt! Er ist der einzige im gesamten Rat, dem ich zutraue, das Richtige zu tun. Jede Wette, daß ein paar verdammte Narren schon laut über eine ehrenvolle Kapitulation nachdenken

»Seht es doch von der guten Seite«, riet ihm Cyder. »Wenigstens müssen wir uns diesmal keine Sorgen wegen einer wild-gewordenen Typhus-Marie machen.«

»Nein«, stimmte ihr Investigator Topas kühl zu. »Das müßt Ihr nicht.«

Stahl und Cyder wirbelten erschrocken herum und erblickten Marie und Topas, die sich durch die Menge schoben und zur Theke drängten. Die Gäste beeilten sich, den beiden Frauen aus dem Weg zu gehen. Selbst die Gefahr einer bevorstehenden Invasion hatte sie nicht die einfachsten Höflichkeitsregeln vergessen lassen, und wenn doch, dann wenigstens nicht den eigenen Selbsterhaltungstrieb. Stahl schenkte den Frauen sein pro-fessionellstes Alles-unter-Kontrolle-Lächeln. Keine von beiden wirkte auch nur im geringsten beeindruckt, und so ließ er es wieder verschwinden.

Cyder funkelte Marie an. Unbewußt glitt ihre Hand über die dünnen Narben auf dem Gesicht, eine Erinnerung an das letzte Zusammentreffen der beiden Frauen, als Cyder beinahe durch ein einziges tödliches Lied der Typhus-Marie gestorben wäre.

Cyder war niemand, der leicht vergaß oder gar verzieh.

Stahl entschloß sich, die Dinge in Bewegung zu bringen, bevor sie eine Gelegenheit hatten, ihm aus der Hand zu gleiten.

»Wurde auch langsam Zeit, daß Ihr auftaucht, Investigator«, sagte er an Topas gewandt. »Ich unterstelle Euch hiermit die Stadtwache. Mit sofortiger Wirkung. Ihr wißt besser als jeder andere von uns, wie das Imperium kämpft und wie man ihm am besten gegenübertritt. Ordnet an, was immer Euch geboten erscheint. Requiriert alles, was Euch nötig dünkt. Wir können später immer noch darüber diskutieren… falls es überhaupt ein

›Später‹ geben sollte. Ich wünsche jeden einzelnen Mann der Wache seit zehn Minuten auf der Straße. Und keine Entschuldigungen, verdammt! Tretet ihnen in die Hintern, wenn es sein muß. Eure erste Aufgabe ist es, sämtlichen nicht lebenswichtigen Verkehr zu unterbinden. Ohne unsere Kommunikationssysteme müssen wir auf Kuriere zurückgreifen, und ich will auf gar keinen Fall, daß sie sich ihren Weg durch eine panische Menschenmenge bahnen müssen. Also macht mir die Straßen frei. Wenn es sein muß, schlagt ruhig ein paar Köpfe ein. Anschließend sucht Ihr jeden, der eine Waffe oder etwas Ähnliches besitzt und schickt ihn zu den Stadtmauern in Stellung.

Sie sollen so lange durchhalten wie nur irgend möglich und sich dann Straße um Straße zurückfallen lassen. Ich hoffe nur, bis dahin ist mir etwas Besseres eingefallen.«

»Solltet Ihr Euch nicht besser vorher mit dem Rest der Ratsversammlung besprechen, Direktor?« erkundigte sich Marie.

»Mit diesem Haufen von Spinnern? Ich habe Anarchisten-treffen gesehen, die besser organisiert waren. Sie werden meine Entscheidungen bestätigen, sobald sie sich wieder ein wenig beruhigt haben. Was steht Ihr noch hier herum?«

»Sonst noch was?« fragte Topas. Stahls böse Blicke beein-druckten sie kein Stück.

»Sicher. Wenn Ihr Wunder zustande bringen könnt, dann wäre jetzt ein wirklich hervorragender Zeitpunkt dafür«, entgegnete er. »Und noch etwas, Topas: Was auch immer geschieht, Ihr laßt Marie nicht für eine Sekunde aus den Augen. Sie ist viel zu gefährlich, als daß wir riskieren dürften, sie von der Leine zu lassen.«

»Ich verstehe«, sagte Marie. »Ich will nichts weiter als helfen, Direktor.«

Stahl schenkte ihr einen Blick aus Augen, die zu schmalen Schlitzen zusammengepreßt waren. »Die Hälfte meiner Esper kann nicht mehr klar denken, seit dieser neue Apparat des Imperiums ihre Kräfte blockiert. Wie kommt es, daß Ihr kaum darunter zu leiden scheint?«

»Mein ESP ist im Augenblick nicht aktiviert, Direktor. Ich war und bin eine sehr mächtige Sirene. Die Deprogrammierung durch Euch hat nichts daran geändert.«

»Nicht, daß wir es nicht versucht hätten«, brummte Stahl .

»Also schön . Ihr bleibt bei Topas, und wenn Ihr Eure Stimme einsetzen müßt, dann achtet darauf, daß Ihr in die richtige Richtung singt. Und jetzt macht, daß Ihr von hier verschwindet, alle beide. Ich muß eine Stadt verteidigen.«

Wenige Stunden, nachdem Legion sein Tarnung hatte aufgeben müssen, erschienen in der eisigen Öde die ersten Imperialen Truppen. Sie drängten sich zu Hunderten auf gepanzerten Antigravschlitten und Barken. Welle auf Welle schwebte über die Stadtmauern herein, als wären sie überhaupt nicht vorhanden.

Vereinzelt stachen die Energielanzen von Disruptorschüssen aus den wenigen Waffen der Rebellen in den Himmel, nur um harmlos an schimmernden Imperialen Schutzschilden abzuprallen.

Imperiale Angriffe waren gewöhnlich so organisiert, daß schwere Panzerwagen und Kriegsmaschinen die Hauptstreit-macht bildeten; doch in der Kälte und dem Eis der Nebelwelt hätten derart schwere Vehikel den Vormarsch zu sehr verlangsamt. Die meisten Maschinen waren sowieso viel zu groß, um in den engen Straßen und Gassen von Nebelhafen manövrieren zu können. Deswegen waren die Imperialen Luftdivisionen gefordert, die Stadt sturmreif zu schießen. Ihre Schlitten rasten heulend aus der Höhe herab wie ein Schwarm tollwütiger Fledermäuse; schlanke, tödliche Gefährte, deren Disruptorkanonen unaufhörlich feuerten und die Straßen taghell erleuchteten, während Bauwerke aus Holz und Stein explodierten und in Flammen aufgingen.

Menschen rannten in Panik durch die Straßen, während große Kampfbarken majestätisch über ihnen durch die Nacht glitten und Tod und Zerstörung brachten.

Die Antigravschlitten jagten den Fliehenden hinterher und kurvten durch die engen Gassen. Sie terrorisierten ihre Opfer, bis sie ihrer überdrüssig wurden und ihnen mit blitzenden Energiestrahlen ein Ende bereiteten. Die Imperialen Luftstreitkräfte drangen unaufhaltsam weiter vor, bis mit einemmal Esper auf die Straßen stürmten und sich den Angreifern entgegenstellten.

Die Espervereinigung hatte ihre stärksten Begabungen zu-sammengezogen und Legions Blockade für den Augenblick lahmgelegt. Sie wußten , daß es nicht lange dauern konnte; doch im Augenblick hatten sie gegen Legion die Oberhand behalten, und ein paar hundert tapfere Seelen erhoben sich auf Flügeln psionischer Energie und begegneten den Invasoren in ihrer vermeintlich sicheren Position.

Die Esper schossen zwischen den viel langsameren Imperialen Luftfahrzeugen hindurch. Einige der Esper waren mit Energiewaffen ausgerüstet, andere mit Armbrüsten und wieder andere besaßen nichts weiter als blanken Stahl und ihren unbeugsamen Mut. Die Energieschilde der Barken knisterten und brachen zusammen, als weitere Esper unten in den Straßen die Technik verhexten und die Energie aus den Batterien saugten.

Die vorbeifliegenden Esper schossen auf ungeschützte Ziele und hielten blutige Ernte. Imperiale Soldaten schrien voller Angst und stürzten in die Tiefe; doch am Ende erwies sich die Streitmacht der Angreifer als einfach zu groß. Sie war unaufhaltsam. Bald waren die Zielerfassungslektronen wieder aktiviert, und die fliegenden Verteidiger wurden einer nach dem anderen abgeschossen, trotz all ihrer Schnelligkeit und ihrem Todesmut. Sie fielen aus dem nächtlichen Himmel wie brennende Vögel, und die Imperialen rückten wieder vor, als sei nichts geschehen.