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Owen Todtsteltzer kämpfte in der vordersten Linie und trotzte den Imperialen Truppen. Niemand kam an ihm vorbei. Er hatte erneut den Zorn heraufbeschworen, und er fühlte sich jetzt stärker als je zuvor, weil er mit Hazel verbunden war. Irgendwie wußte er, daß die Nebenwirkungen diesmal nicht zu einem Problem werden würden. Zusammen mit Hazel waren sie beide weit mehr als die Summe ihrer Teile, mehr als einfach nur Menschen. Er schlug und stieß mit unüberwindlicher Kraft auf den Gegner ein und durchbrach jede noch so verzweifelte Abwehr mit verächtlicher Leichtigkeit. Männer fielen schreiend zu allen Seiten und erhoben sich nicht wieder. Blut spritzte von Owens zischender Klinge, und er grinste wie ein hungriger Wolf, der Beute gewittert hatte, jeder einzelne Zoll der Krieger, der er niemals hatte sein wollen.

Hazel d’Ark kämpfte an Owens Seite. Sie schwang das Schwert in kurzen, brutalen Kreisen, und es schnitt durch Fleisch und Knochen wie das Beil eines Schlächters. Blut besudelte ihre Kleidung, doch es war nicht ihr eigenes. Blut durchnäßte ihren Schwertarm bis zum Ellbogen hinauf, und die Schreie der Verwundeten und Sterbenden klangen wie Musik in ihren Ohren.

Hazel hatte immer eine Schwäche für Nebelhafen gehabt. Ihr hatte die Vorstellung gefallen, daß sie immer zur Nebelwelt zurückkehren konnte und dort aufgenommen werden würde, gleichgültig, wo sie sich gerade befand oder was sie gerade tat.

Für Hazel kam die Nebelwelt einer Heimat am nächsten. Und jetzt wollte das Imperium ihr diese Heimat nehmen, genau wie die vielen anderen Dinge, die es ihr im Verlauf der Jahre genommen hatte. Hazel wollte verdammt sein, wenn sie der Eisernen Hexe diesen letzten Sieg erlauben würde. Nicht, solange sie noch atmete und Stahl in der Hand hielt.

Ihre Verbindung mit Owen war sehr stark. Sie spürte seine Gegenwart an ihrer Seite, stark und zuverlässig wie stets. Eine andere Gegenwart drängte sich in Hazels Bewußtsein, und plötzlich war ein vertrauter Geruch in ihren Nüstern, stark und verlockend. Hazel blickte zur Seite, und nicht weit von ihr stand John Silver. Er kämpfte wie ein Besessener, mit weit aufgerissenen Augen und einem Grinsen wie ein Wahnsinniger. Silver war auf Blut. Hazel sah das Plasma in ihm und roch es selbst auf diese Entfernung noch in seinem hechelnden Atem. Ein Teil von ihr sehnte sich ebenfalls danach. Nur ein oder zwei Tropfen würden reichen. Hazel würde sich wunderbar fühlen; alle Angst würde schwinden, und sie würde die Ausweglosigkeit des Kampfes vergessen, den sie kämpfte. Nur ein oder zwei Tropfen. Hazel kämpfte gegen das Verlangen an und vergrub es tief in ihrem Innern. Sie benötigte kein Blut, um das zu tun, was hier zu tun war. Vielleicht, weil die Situation so einfach und klar war: Kämpf oder stirb; gewinne oder verliere alles, was dir jemals etwas bedeutet hat. Und vielleicht auch, weil sie wieder mental mit Owen verbunden war und in seiner Gegenwart und Kraft jenen Trost fand, den sie brauchte.

Auf den Kampfwagen schwangen Disruptorkanonen herum und nahmen Rebellenkämpfer am Rand des Schlachtfelds unter Beschuß. Die Opfer explodierten in dunklen Wolken verdamp-fenden Blutes. Gewaltige Formationen aus Antigravbarken schwebten über den Köpfen der Verteidiger heran wie ein Sturm aus Metallblättern, die der Wind des Krieges über die Stadt wehte. Sie waren umgeben von Hunderten kleiner, wendiger Angriffsschlitten. Keine Esper flogen mehr auf, um sich der Flut entgegenzustemmen, und langsam rückte die Luft-streitmacht in die Stadt vor. Disruptorstrahlen zuckten herab, und die getroffenen Häuser explodierten. Die Luft war erfüllt vom Brüllen machtvoller Maschinen und dem Donner einstürzenden Mauerwerks, und in all dem Lärm gingen die Schreie und das Geheul der Verwundeten und die Kriegsrufe der Kämpfenden unten am Boden beinahe unter.

Und noch immer hallte über alledem der endlose Schrei des schrecklichen Wesens, das sich Legion nannte.

Albert Magnus, der graue, verbitterte Mann, kämpfte hart und gut mit seinen beiden Schwertern, und zum ersten Mal seit Jahren fühlte er sich wieder lebendig.

Er führte die beiden Klingen in weiten, koordinierten Bögen und zwang seine Gegner in die Defensive. Aber es waren ihrer zu viele, und Albert konnte nicht in sämtliche Richtungen gleichzeitig sehen. Ein Hieb traf ihn aus einer unerwarteten Richtung, und eine Klinge drang zwischen seine Rippen. Voller Schmerz und Unglauben schrie er auf, und Blut spritzte aus seinem Mund. Albert ließ die Waffen fallen. Irgend jemand riß das Schwert aus seiner Seite, und das verursachte neuen Schmerz. Und dann weitere Schwerter und Äxte, die ihn bearbeiteten wie einen Holzklotz. Albert fiel, und der Kampf wogte über ihn hinweg, bis er schließlich unter den Füßen der Kämpfenden gestorben war.

Jung Jakob Ohnesorg schien überall zugleich zu sein. Sein Schwert war nur ein silbernes Blitzen, und Ohnesorg war ein strahlender, todesverachtender Held, der einer unglaublichen Übermacht ins Gesicht lachte. Allein seine Anwesenheit reichte aus, um Größe und Heldenmut in den Männern und Frauen ringsum zu entfachen, und sie kämpften mit seinem Namen als Schlachtruf auf den Lippen. Er ging unglaubliche Risiken ein und überstand sie allesamt unverletzt, und niemand konnte ihm widerstehen. Er schien niemals müde zu werden und wurde niemals getroffen, ein Gigant von einem Mann, der das blanke Entsetzen in die Reihen der Imperialen trug.

Owen nahm es angewidert zur Kenntnis. Er war über und über mit Blut besudelt und am Rand der Erschöpfung, und es schien einfach nicht fair, daß jemand so schnell, so gut und gleichzeitig so verdammt gutaussehend war.

Ganz zu schweigen davon, daß er unmenschlich viel Glück zu haben schien.

Den Imperialen Sturmtruppen war es bis zu diesem Augenblick nicht einmal gelungen, Ohnesorg eine einzige Wunde beizubringen. Owen wußte, daß er sich ziemlich gut schlug, aber er hatte bereits ein gutes Dutzend kleinerer Wunden da-vongetragen. Das war in einem Gedränge wie diesem hier unausweichlich. Das Labyrinth des Wahnsinns hatte bereits angefangen, die Wunden wieder verheilen zu lassen, und der Zorn verhinderte, daß Owen stärkere Schmerzen empfand, aber hier ging es ums Prinzip.

Dennoch: Jakob Ohnesorg war eine Legende, und Legenden pflegten nun einmal über den Sorgen und Nöten gewöhnlicher Sterblicher zu stehen. Wenn er wirklich Jakob Ohnesorg war.

Owen wollte verdammt sein, wenn er wußte, was er noch glauben sollte. Sicher, dieser Mann dort paßte besser zur Legende als der gebrochene alte Mann, den Owen aus seinem Versteck in Nebelhafen aufgescheucht hatte, und der behauptete, Jakob Ohnesorg zu sein; aber Owen glaubte an Menschen, nicht an Legenden. Er zuckte innerlich die Schultern und hieb einen weiteren Imperialen Marineinfanteristen mit einem einzigen wilden Schlag nieder. Ohnesorg war jedenfalls nicht der einzige wirkliche Kämpfer in dieser Schlacht.

Und wer auch immer dieser hübsche Bastard in Wirklichkeit sein mochte, Jung Jakob Ohnesorg war genau das, was Nebelhafen in diesem Augenblick brauchte. Sein Name war ein auf-putschender Schrei und vielleicht das einzige, was imstande war, die zerstrittenen Parteien Nebelhafens zu einen und sie Seite an Seite in den Kampf ziehen zu lassen. Owen beschloß, sich damit zu begnügen – wenigstens fürs erste.

Hazel d’Ark spürte, wie ihr Bewußtsein sich in merkwürdige Dimensionen ausdehnte. Seit der Veränderung, die das Labyrinth des Wahnsinns an ihr vorgenommen hatte, waren ihre mentalen Fähigkeiten langsam, aber stetig gewachsen. Und seit Hazels Ankunft auf der Nebelwelt war die Geschwindigkeit, mit der diese Veränderungen stattfanden, deutlich gestiegen.

Sie wußte jetzt bereits im voraus, von wo ein Angriff kommen würde, und so konnte sie entsprechend reagieren . Niemand vermochte sich an sie heranzuschleichen, nicht einmal von hinten, und sie kannte die Schwachstellen eines Gegners sofort, wenn sie ihn sah . Es war weit mehr als Instinkt oder Erfahrung; es war, als hätte sie diese Dinge schon immer gewußt und als würden sie ihr im entsprechenden Augenblick wieder einfallen.