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Johana richtete ihre Gedanken nach innen. Sie unterbrach sämtliche Verbindungen zur Außenwelt und fokussierte all ihre Kraft auf die Erhaltung des psionischen Schirms. Sie hörte nicht länger die Schreie der Menschen, die in den Straßen rings um die Schwarzdorn- Taverne starben. Die Disrupterkanonen der Imperialen Barken brachten Tod und Zerstörung, doch Johana durfte sich nicht ablenken lassen. Die Aufrechterhaltung des psionische Schildes war das einzige, was jetzt noch zählte.

Johana wußte, daß die Anstrengung sie umbringen würde, doch es war ihr gleichgültig. Nach dem Entsetzen und dem Schmerz, dem sie in Silo Neun ausgesetzt gewesen war, hatte sie sich geschworen, lieber zu sterben, als noch einmal in die Hände des Imperiums zu fallen. Blut rann stetig aus ihren Ohren und ihrer Nase und spritzte bei jedem mühsamen Atemzug aus ihrem Mund. Ein Teil der Schmerzen verging allmählich, während Johanas Bewußtsein sich nach und nach abschaltete.

Sie starb, Stück für Stück, und sie bemerkte es noch nicht einmal. Ihr Gesicht war das eines grinsenden Totenschädels. Und trotzdem kämpfte sie weiter, weigerte sich aufzugeben, weigerte sich, auch nur einen Zoll zu weichen. Langsam gewann sie Einsicht in ihren Gegner und erkannte, wer oder was Legion war – und woraus es gemacht worden war. Aus den Gehirnen von Menschen, die Johana vielleicht gekannt hatte, und aus den Würmern des Wurmwächters. Und Legion sah Johana und erkannte sie ebenfalls. Die Würmer erinnerten sich an Johana und an das, was sie getan hatte, und sie hatten Angst vor ihr.

Johana lachte innerlich, und es war ein schreckliches, gnadenloses Lachen.

Die angreifenden Streitmächte rückten auf breiter Front vor, wenn auch an einigen Stellen langsamer als anderswo. Es war, als würde jeder Mann, jede Frau und jedes Kind, jeder Einwohner Nebelhafens, der auch nur halbwegs eine Waffe halten konnte, die Barrikaden und Kreuzungen verteidigen oder als Heckenschütze aus Seitengassen und dunklen Fenstern auf die Angreifer feuern. Die Imperialen Truppen mußten um jeden Zoll Boden kämpfen, und sie bezahlten für jeden noch so kleinen Sieg mit Blut und Tod.

Zurückweichende Verteidiger jagten Häuser und andere Bauwerke in die Luft und blockierten damit die Straßen, um den Vormarsch des Imperiums weiter zu behindern. Die Projektilwaffen der Rebellen verwirrten die Imperialen Truppen und schüchterten sie ein; sie waren es gewohnt, mit den vor-hersehbaren langen Pausen zu leben, die Disruptorgefechte nach sich zogen. Es dauerte eine Weile, bis sie lernten, hinter dem Schutz massiver Energieschilde vorzurücken, und von da an waren die Projektilwaffen unnütz.

Inzwischen gab es keine kämpfenden Esper mehr, weder auf den Straßen noch am Himmel. Legion war zu stark für die meisten, bis auf ganz wenige Ausnahmen, und alle anderen waren tot. Die Verteidiger ließen sich weiter zurückfallen, Straße um Straße, während sie den generationenalten Plänen zur letzten Verteidigung der Stadt folgten. Doch die Pläne waren seit vielen Jahren nicht mehr aktualisiert worden . Wichtige Routen waren seither durch Straßenmärkte oder neue Gebäude blok-kiert, und einige Straßen existierten nur noch auf den Karten.

Die Verteidiger kämpften verbissen, und sie wichen erst zurück, wenn es keine andere Möglichkeit mehr gab. Langsam, aber unaufhaltsam näherten sie sich dem verwundbaren Herzen der Stadt.

Verwundete und Flüchtlinge zogen sich auf die Leichter im Autumnusfluß zurück. Das ging schneller und war sicherer, als sich den Straßen anzuvertrauen. Die kohlebefeuerten Leichter tuckerten den eisigen Fluß hinauf und hinunter, und ihre stählernen Steven brachen das frische Eis an der Wasseroberfläche.

Zu beiden Seiten des Flusses brannten Gebäude wie Höllenfeu-er . Der Autumnusfluß mäanderte durch die Stadt und passierte nacheinander Gildenviertel, Händlerviertel und Diebesviertel.

Leichter fuhren hierhin und dorthin und suchten verzweifelt nach einem sicheren Landeplatz. Die Menschen an Bord riefen sich einander Fragen und Neuigkeiten zu, erkundigten sich besorgt nach vermißten Angehörigen oder nach dem Stand der Schlacht; doch die Antworten waren meist schon alt und überholt und selten gut.

Auf den Docks entbrannten heftige Kämpfe, als die Spitzen der Imperialen Marineinfanterie versuchten, die Leichter zu entern. Sie wurden von Dockarbeitern mit Entermessern und Fanghaken zurückgeschlagen. Die Scheuerleute kannten jeden Zoll ihres Territoriums, und sie waren harte und entschlossene Kämpfer.

Einige Leichter waren überladen mit Flüchtlingen und Verwundeten und wurden zu langsam: leichte Ziele für die Antigravbarken und – schütten am nächtlichen Himmel. Unfähig zu manövrieren, wurden sie von Disruptorfeuer zerrissen, und brennende Leichen trieben in den dunklen Fluten des Autum-nusflusses.

Die größeren Leichter nahmen schwere Projektilwaffen an Bord und lehrten die Imperialen Flieger, einen respektvollen Sicherheitsabstand einzuhalten. Die Standardtaktik eines Schlittens war es, hereinkommendes Feuer mit Hilfe des Energieschirms abzufangen und anschließend den Schild zu senken und das Feuer zu erwidern, während die Energiewaffen des Feindes noch nicht wieder aufgeladen waren. Die Besatzungen der Schlitten rechneten nicht mit Waffen, die keine Nachla-dezeiten besaßen. Das Imperium verlor eine ganze Reihe Schlitten, bis sich die Nachricht herumgesprochen hatte.

Doch das Geschenk des Todtsteltzers an Waffen und Munition war weit verstreut und deswegen überall knapp, wohingegen die angreifenden Truppen über unendliche Ressourcen zu verfügen schienen. Die Schützen an Bord der Leichter duckten sich hinter improvisierten Brüstungen und gaben sich alle erdenkliche Mühe, keine Munition zu verschwenden.

Imperiale Marineinfanteristen marschierten durch die hart umkämpften Straßen Nebelhafens. Sie stiegen über die Leichen der Gefallenen und warfen Granaten in die wenigen Gebäude, die aussahen, als könnten sich noch Heckenschützen darin verborgen halten. Die besseren Bezirke der Stadt blieben selbstverständlich unberührt, und man postierte sogar Wachen, um Plünderer abzuschrecken. Wenn das Imperium erst die Kontrolle über Nebelhafen an sich gerissen hatte, würden diese Gebäude an die neuen, vom Imperium bestimmten politischen Führer gegeben werden. Doch überall sonst brannten die Häuser, und Flammen loderten in den nächtlichen Himmel wie Siegesfeuer.

Kast und Morgan stiefelten fröhlich durch die Etappe. Sie taten ihr Bestes, um den harten Kämpfen aus dem Weg zu gehen und beschäftigten sich damit, gegnerische Heckenschützen zu jagen und jeden zu erschießen, der es wagte, sie zu ärgern. Sie töteten jeden, der auch nur den Anschein einer Gefahr erweckte, egal ob Mann oder Frau, und sie warfen Granaten durch Fenster, wenn ihre Beute versuchte, in Deckung zu gehen.

Wie der Rest der Invasionstruppe waren auch sie nicht daran interessiert, Gefangene zu machen. Dazu war später noch Zeit, wenn die Stadt erst eingenommen war. Kast und Morgan nahmen sich die Zeit, hier und da unauffällig zu plündern, wenn sie niemand beobachtete; doch sie fanden nicht viel, selbst in den wenigen Häusern nicht, die bisher irgendwie vom Feuer und den Granaten verschont geblieben waren. Nebelhafen war nicht gerade für seinen Wohlstand berühmt, ausgenommen die besseren Viertel, und Kast und Morgan kamen nicht einmal in die Nähe dieser Bezirke.

Und so stapften sie ohne besondere Eile durch die engen Straßen und Gassen und ignorierten die Leichen und den Gestank und die blutverschmierten Pflastersteine. Eine Hasche wanderte zwischen ihnen hin und her, bis sie leer war. Bei der erstbesten Gelegenheit wurde sie durch eine neue ersetzt. Der Wein war größtenteils lausig schlecht, aber Wein war Wein, oder? Die beiden Soldaten grölten Schlachtlieder und vulgäre Zoten, wenn sie nicht gerade plünderten oder Leute umbrachten; aber irgendwie wollte keine rechte Stimmung aufkommen.