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Eiserne Nägel waren zu Krähenfüßen verbogen worden, die Spitzen in Dung getaucht, und anschließend auf die Straße vor der Barrikade ausgestreut, wo die Sturmtruppen darauf treten mußten. Ohnesorgs kleine Armee ging hinter der Barrikade in Stellung und schoß mit Armbrustbolzen und Bleikugeln durch die Schießscharten auf jeden Angreifer, der mit einem Disruptor auf die Barrikade zielen wollte. Rasch wurde allen Beteiligten klar, daß nur ein Nahkampf das Schicksal der bedrohten Barrikade entscheiden konnte. Und weil die Barrikade die letzte Zufahrtsstraße ins Stadtzentrum blockierte, war ihre Kontrolle für beide Seiten von größter Bedeutung.

Und so stürmten die Imperialen Truppen über die Straße heran, geschützt durch massive Energieschilde, und feuerten im Laufen blind ihre Disruptoren ab. Die Energiestrahlen rissen breite Lücken in die Barrikade und setzten jeden Verteidiger in Brand, der das Pech hatte, im Weg zu stehen. Aber zum Glück gingen die meisten Schüsse daneben, und die Barrikade hielt dem ersten Ansturm stand. Die Rebellen feuerten auf die Beine der Angreifer, die einzig ungeschützte Stelle der hinter Ener-gieschildern verborgenen Soldaten. Ganze Sektionen der vorrückenden Streitmacht brachen ein, als die Truppen übereinander fielen und zu Boden stürzten. Und trotzdem rückten sie weiter vor, bis sich beide Seiten an der Barrikade gegenüberstanden, und nur noch Mut und Verzweiflung und nackter Stahl über den Sieg entschieden.

Owen und Hazel kämpften Seite an Seite, noch immer mental verbunden. Hazel brauchte kein Blut mehr und Owen keinen Zorn. Irgend etwas Neues war jetzt in den beiden am Werk, und dieses Etwas verlieh ihnen Kräfte und Schnelligkeit, die weit jenseits ihrer Vorstellungskraft lagen. John Silver hatte sein letztes Blut längst aufgebraucht, und nur noch Mut, Entschlossenheit und Pflichtgefühl hielten ihn auf den Beinen. Er hatte seine Furcht vor Owen und Hazel überwunden. Was auch immer die beiden sein mochten, sie waren ganz eindeutig die beste Waffe gegen die angreifenden Truppen, und so hatte Silver die Aufgabe übernommen, den beiden den Rücken freizu-halten. Wie es schien, brauchten selbst Götter hin und wieder jemanden, der ihre Schwachstellen schützte.

Interessanterweise konnte sich Silver nicht dazu überwinden, auch nur einen Dreck um Jung Jakob Ohnesorg zu geben. An dem Mann war etwas, das Silvers Nackenhaare zu Berge stehen ließ, obwohl er keinen Grund dafür nennen konnte. Vielleicht lag es daran, daß der legendäre Rebell zu vollkommen schien. Auf jeden Fall sah er zumindest aus wie ein Gott, wie er dort oben auf der Barrikade stand, das Schwert mit beiden Händen schwang und dem Imperium trotzte.

Der Kampf dauerte an. Überall vor, hinter und auf der Barrikade waren jetzt kleine Scharmützel im Gang. Owen und Hazel töteten jeden, der ihnen zu nahe kam. Sie brüllten ihre Schlachtrufe und wichen sogar Disruptorstrahlen aus, was eigentlich unmöglich sein sollte. Owens Shandrakor! erhob sich immer und immer wieder über den allgemeinen Lärm, und viele der Rebellen nahmen seinen Ruf auf. Inzwischen waren es fast genauso viele wie die, die Jakob Ohnesorgs Namen auf den Lippen hatten. Sie warfen die Imperialen Truppen zurück und stürmten am Ende selbst über die Barrikaden, um die Angreifer durch die Straßen zu jagen.

Handgemenge überall, wohin das Auge sah. Die Masse der Kämpfenden wogte mal hierhin, mal dorthin und trampelte über die Toten und die Verwundeten zu Tode. Die Truppen des Imperiums sangen Kampflieder und hielten dem Ansturm stand, denn hinter ihnen standen ihre bewaffneten Offiziere, und in ihren Adern zirkulierten benebelnde Kampfdrogen. Zu beiden Seiten der umkämpften Straße schwelten und brannten Häuser, und trotzdem hatten Kinder und Leute, die für den Nahkampf zu alt waren, auf den Dächern Stellung bezogen und bombardierten die Angreifer mit Dachziegeln und Steinen und kochendem Wasser. Sie nahmen sich Zeit zum Zielen, und manch ein Marineinfanterist wurde durch ein unerwartetes Geschenk von oben schachmatt gesetzt. Tobias Shreck und sein Kameramann Flynn befanden sich mitten im dicksten Trubel.

Sie zeichneten alles auf. Gegenwärtig waren sie in einen nahen Hauseingang geflüchtet und hielten die Köpfe gesenkt, während Flynns Kamera über den Kämpfenden schwebte und die besten Szenen festhielt. Tobias’ gemurmelter Kommentar wurde zunehmend heiser, doch er machte verbissen weiter. Er wußte, wenn es ihm irgendwie gelang, diese Aufnahmen an seinen Zensoren vorbeizuschmuggeln, dann würden die Nach-richtenagenturen einen ganzen Stapel neuer Preise und Auszeichnungen erfinden, nur um sie Tobias und Flynn zu verleihen. Das hier war genau das richtige Material.

Ffolkes war zunehmend sturer geworden im Hinblick auf das, was sie filmen durften und was nicht, und so hatten die beiden Reporter ihn mit dem Ruf: »Seht nur, dort drüben!« abgelenkt und waren im gleichen Augenblick in verschiedene Richtungen davongerannt. Als Ffolkes sich endlich darüber klargeworden war, wen von beiden er verfolgen oder wen er erschießen sollte, war es längst zu spät gewesen.

Tobias und Flynn hatten sich anschließend mit Leichtigkeit wiedergetroffen und waren aufgebrochen, um die Schauplätze der schwersten Kämpfe zu suchen. Es dauerte nicht lange, bis sie ein paar gefunden hatten. Und von diesem Zeitpunkt an waren sie vollauf damit beschäftigt gewesen, die Köpfe einzu-ziehen und Schüssen und anderen Angriffen auszuweichen, während sie von einem Brennpunkt zum anderen gerannt waren und Flynns Kamera alles aufgenommen hatte. Soldaten und Rebellen ignorierten Tobias und Flynn gleichermaßen , da sie offensichtlich keiner Partei angehörten , doch Kugeln, Disruptorstrahlen und einstürzenden Häusern war das egal. Tobias hätte am liebsten die Rebellen angefeuert, die in der Unterzahl und schlecht ausgerüstet waren und sich trotzdem nicht geschlagen geben wollten; aber das durfte er nicht riskieren – jedenfalls nicht, wenn er den Film, den er unter Lebensgefahr drehte, jemals im Imperium zeigen wollte. Also achtete er peinlich genau darauf, daß sein gemurmelter Kommentar neutral blieb, und ließ im übrigen die Bilder für sich selbst sprechen.

Der junge Meisterdieb namens Katze eilte über die Dächer und trug seinen Teil zur Verteidigung Nebelhafens bei. Er hatte alle von Cyder stammenden Botschaften abgeliefert, und genaugenommen hätte er inzwischen schon auf dem Weg zurück in den Schwarzdorn sein können, doch er konnte der Versuchung einfach nicht widerstehen.

Nicht, daß er sich je als gewaltliebenden Menschen betrachtet hätte, doch die gnadenlose Zerstörung seiner Stadt hatte eine Wut in ihm erweckt, die er nicht mehr länger beherrschen konnte. Und so bewarf er die Soldaten unten in den Straßen mit Ziegeln und Steinen und allem, was er in die Hände bekam – jedenfalls wenn er nicht gerade Leute zurückriß, die ihrerseits Steine und Ziegel und alles mögliche warfen und von ihrem Enthusiasmus beinahe über den Rand der Dächer getrieben worden wären . Sie kannten sich auf den Dächern eben nicht so gut aus wie Katze.

Katze überwachte gerade die fachmännische Zerlegung eines gemauerten Schornsteins zwecks Gewinnung neuer Wurfge-schosse, als sein Blick zufällig auf das Ende der Straße fiel.

Dichter schwarzer Rauch hing in der Luft, der von aufsteigender heißer Luft und den Verwirbelungen vorbeifliegender Antigravbarken in diese und jene Richtung getrieben wurde.

Plötzlich teilte sich der Rauch und zeigte Katze ein halbes Dutzend Imperialer Marineinfanteristen, die ganz am Ende der Straße eine tragbare Disruptorkanone in Stellung brachten.

Ihr Plan schien offensichtlich. Sobald die Kanone erst feuerbereit war, mußten die Kanoniere nur noch ihre Männer zu-rückrufen, dann konnten sie schießen. Die Kanone würde die Barrikade und jeden in ihrer Nähe mit einem einzigen Schuß in Stecke reißen. Die Verteidiger hätten nicht den Hauch einer Chance.