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»Meint Ihr nicht, daß Ihr inzwischen genug habt?« fragte Donald Royal.

»Zur Hölle, nein!« antwortete Cyder. »Ich kann immer noch klar denken.«

»Und wenn wir plötzlich flüchten müssen? Ihr wärt viel zu betrunken.«

»Flüchten? Wohin denn? Die Taverne ist von Soldaten eingeschlossen. Wir sind im gleichen Augenblick tot, da wir den Kopf durch die Tür stecken. Selbstverständlich werden wir auch sterben, wenn wir hier bleiben. Wenn uns die Rammen nicht kriegen, dann der Rauch. Oder diese Wahnfrau bricht zusammen, und die Antigravbarken der Imperialen legen alles in Schutt und Asche. Habe ich noch was übersehen?«

»Es besteht immer die Möglichkeit, daß noch irgend etwas geschieht«, entgegnete Royal. »Irgendein glücklicher Umstand, irgendeine Gelegenheit. Wir müssen bereit sein, sie beim Schopf zu packen…«

Cyder schüttelte den Kopf. »Dazu ist es längst zu spät, Donald. Wir gehen nirgendwo mehr hin…« Sie brach ab, runzelte die Stirn und schnitt schließlich eine Grimasse. »Hört Ihr das Singen auch?« fragte sie.

Genau in diesem Augenblick brach eine Außenwand der Taverne ein. Die Ziegel polterten durcheinander, und draußen auf der Straße war ein Haufen toter Soldaten zu sehen. Flammen rasten auf die Bresche in der Mauer zu, wo sie dann von einer unsichtbaren Macht aufgehalten und zur Seite gelenkt wurden.

Und dort, direkt vor der Bresche, standen singend Investigator Topas und die Frau, die einst unter dem Namen Typhus-Marie bekannt gewesen war. Die beiden machtvollsten Sirenen, die es je im Imperium – oder besser außerhalb davon – gegeben hatte.

»Hab’ ich Euch’s nicht gesagt?« Donald Royal grinste Cyder an. »Also schön, Leute! Wir verschwinden von hier! Packt alles Notwendige ein, und dann nichts wie raus durch das Loch in der Mauer. Madeleine, Ihr helft mir mit Johana Wahn. Cyder, stellt diese verdammte Flasche weg, oder ich trete Euch in den Arsch, daß Euch die Ohren wackeln.«

Inzwischen waren die Flammen überall. Die Luft war unerträglich heiß. Energielanzen krachten durch die Decke, als Johanas Schild zu bröckeln begann. Donald packte sie am Arm und zerrte sie zur Lücke in der Wand. Inzwischen rannen ihr wahre Blutströme übers Gesicht, und bei jedem Atemzug spritzte Blut aus ihrem schmerzverzerrten Mund. Johanas Haut schimmerte in einem leichenfarbenen Blauweiß, und ihre Hand in der von Donald Royal war kalt und feucht. Sie sah aus wie ein Leichnam, den man aufgewärmt und wieder hatte erstarren lassen; aber irgendwie hielt sie ihren psionischen Schild noch immer aufrecht und schützte die Rebellen, die aus der brennenden Taverne flüchteten. Ihre Schritte waren steif und unsicher, und Donald mußte sie mit brutaler Gewalt zum Weitergehen zwingen. Sie war nicht mehr imstande, mit ihm oder irgend jemand anderem zusammenzuarbeiten, nicht einmal, wenn es um die Rettung ihres eigenen Lebens ging. Ihre gesamte Welt war auf die einfache Notwendigkeit geschrumpft, den Schild zu erhalten, selbst wenn sie dabei sterben mußte. Donald schob und zerrte sie zu dem Loch in der Wand, und er schleuderte sie fast in die kalte Nacht hinaus.

Hastig kletterte er hinterher und hustete krampfhaft den Rauch hinaus. Er fühlte sich alt und müde, und in seinem Kopf drehte sich alles, doch er ließ sich nicht gehen. Noch nicht.

McVey half Chance, seine Schutzbefohlenen wieder auf die Beine zu bringen, und gemeinsam führten sie die halb wahnsinnigen Kinder zwischen sich durch das Loch in der Wand hinaus auf die Straße. Chance zählte die Kinder immer und immer wieder durch, um sicherzugehen, daß er auch ja keines vergessen hatte. Sie weinten und schrien oder schluchzten einfach nur bebend, während Legions nicht enden wollender Schrei durch ihre Köpfe schnitt wie glühender Draht.

McVey blieb im Loch stehen und zählte alle durch, während die letzten Rebellen an ihm vorbeihasteten. Einer fehlte.

McVey zwang sich so nah an die Öffnung, wie er nur konnte, und starrte in den brennenden Raum dahinter . Der Zwerg Iain Castle kauerte noch immer neben Lois Barrons Leichnam, der zerschmettert unter dem herabgestürzten Deckenbalken lag . Er hielt Lois’ tote Hand in der seinen und schaukelte sanft vor und zurück . McVey rief seinen Namen, und Castle drehte sich geistesabwesend zu ihm um .

»Iain! Kommt hier herüber! Laßt Lois liegen! Ihr könnt nichts mehr für sie tun McVey brüllte sich heiser, um das Tosen der Flammen und die Motoren der Antigravbarken über ihren Köpfen zu übertönen.

»Ich lass’ sie nicht zurück!« brüllte Castle zur Antwort. »Ich lass’ sie nicht allein hier liegen!«

»Sie ist tot! Und wenn Ihr nicht macht, daß Ihr da raus-kommt, seid Ihr bald genauso tot!« McVey widerstand dem Impuls, vom Loch zurückzuweichen, obwohl die unvorstellbare Hitze seine Haut auf dem ungeschützten Gesicht und den Händen Blasen werfen ließ. »Iain! Bitte! Ich will Euch nicht auch noch verlieren!«

Castle nickte zögernd, rappelte sich auf und taumelte durch den rauchgeschwängerten Schankraum auf das Loch in der Wand zu. Er stapfte geradewegs durch die Flammen, als würde er sie gar nicht bemerken, und stolperte mit brennenden Kleidern auf die Straße hinaus. McVey riß sich den Umhang von den Schultern und hüllte Castle darin ein, um das Feuer zu ersticken. Neben ihm sank Johana Wahn unvermittelt zu Boden, als wäre auf einen Schlag alle Kraft aus ihr gewichen. Ihr Mund erschlaffte, und ihre Augen sahen nichts mehr. Nicht weit von ihr entfernt sangen Investigator Topas und die Typhus-Marie noch immer im Duett, und ihre Stimmen verbanden sich mit ihrem ESP zu einem Schild, der die Rebellen schützte. Ihre Stimmen hoben und senkten sich in einstudierten Harmonien, und ein psionischer Energiesturm knisterte auf ihren Befehl hin durch die Straßen und hielt die Imperialen Streitkräfte auf Abstand.

Donald Royal bemerkte plötzlich, daß seine Partnerin fehlte.

Sie war nicht mit nach draußen gekommen. Ringsherum rannten Leute durcheinander, doch nirgends war auch nur eine Spur von Madeleine Skye zu sehen. Donald schob sich durch die Menge und packte McVey am Arm. »Wo steckt Madeleine? Ist sie nicht mit Euch nach draußen gekommen?«

»Ich habe sie nicht gesehen! Ich hatte meine eigenen Probleme!« McVey befreite sich aus Royals Griff, und Donald blieb allein zurück und starrte auf die brennende Taverne. Er ging auf das Loch in der Mauer zu und hielt wegen der gewaltigen Hitze die Hände schützend vors Gesicht. Der Schankraum war mittlerweile nur noch ein Flammenmeer, und dichter schwarzer Rauch quoll aus der Bresche. Donalds Herz zog sich schmerzvoll zusammen, als ihm klar wurde, daß Madeleine noch immer dort drinnen sein mußte. Immer und immer wieder rief er ihren Namen, doch es kam keine Antwort. Donalds Mund wurde zu einem schmalen Strich.

Er wußte, was er zu tun hatte. Er zog seinen Umhang vors Gesicht und schickte sich an, durch das Loch zu stapfen.

Nach wenigen Schritten blieb er wieder stehen. Die Hitze war einfach zu stark für ihn. Er versuchte es erneut und nahm all seinen Mut und seine Entschlossenheit zusammen, um sich gegen die Flammen voranzuzwingen; doch sein alter Körper wand sich und zuckte trotz aller Willenskraft vor der schrecklichen Hitze zurück. Er wollte einfach nicht weiter. Flammen leckten an seinem Umhang empor, und der Stoff fing Feuer.

Plötzlich wurde er von fremden Händen nach hinten gezerrt, und andere Hände klopften auf seine Schultern und über seinen Leib, um die Flammen zu ersticken. Donald wehrte sich verzweifelt.