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Aber es schien nicht so zu sein. Ich war mir sicher, daß beispielsweise mein Verständnis der Sprache kein telepathisches Phänomen war. Ihre Sprache kam langsam in einen immer besseren Fokus – mittlerweile verstand ich einzelne Worte und Phrasen, nicht mehr nur Abstraktionen ihres Sinnes. Auf irgendeine Weise beherrschte ich ihre Sprache, dabei war kein Gedankenlesen im Spiel.

Was dann?

Mit keinem geringen Schuldgefühl packte ich mein geistiges Wohlbefinden, transportierte es auf Armeslänge von meinem Körper weg, und dann stieß ich mit aller Kraft zu. „Denke, verdammt noch mal!“ befahl ich meinem Kortex. „Genug gefaulenzt. Keine Zeit mehr für geistige Ferien. Bewegung!“

Zurückkehren, zurückkehren, zu … dem Durst, der Kälte, den Schmerzen, dem Morgen … Ja. Australien. Dort war ich … Der Wombat hatte das Känguruh – dessen Name, wie ich später erfuhr, Charv lautete – davon überzeugt, daß mir Wasser im Augenblick mehr helfen würde als ein Erdnußbutterbrot. Charv anerkannte das überlegene Wissen des Wombats in Fragen der menschlichen Physiologie und holte eine Flasche aus seinem Beutel. Der Wombat – dessen Name, wie ich ebenfalls bald herausfand, Ragma lautete – zog seine Pfoten ab – oder besser, seine pfotenähnlichen Handschuhe –, wobei er winzige, sechsgliedrige Händchen mit entgegengesetzten Daumen enthüllte, und danach flößte er mir die Flüssigkeit in kleinen Dosen ein. Während sie das taten, schnappte ich auf, daß sie außerirdische Detektive waren, die sich als einheimische Fauna getarnt hatten. Der Grund dafür wurde mir nicht ganz klar.

„Sie sind in einer glücklichen Lage …“ sagte Ragma.

Ich verschluckte mich und hustete. Als ich wieder zum Reden imstande war, sagte ich: „So langsam beginne ich den Ausdruck außerirdischer Standpunkt’ zu verstehen. Ich nehme an, Sie beide sind Angehörige einer Rasse von Masochisten.“

„Manche Wesen danken denen, die ihnen das Leben gerettet haben“, entgegnete er. „Und, um meinen Satz zu beenden, Sie sind in einer glücklichen Lage, aber nur, weil wir zufällig hier vorbeikamen.“

„Beim ersteren kann ich Ihnen zustimmen“, sagte ich. „Vielen Dank also. Aber die Koinzidenz ist wie ein Gummiband, überdehnt man sie zu sehr, dann schnalzt sie. Seien Sie mir nicht böse, wenn ich die Zufälligkeit unseres Zusammentreffens etwas in Frage stelle.“

„Ich bin untröstlich, daß Sie uns gegenüber Argwohn empfinden“, sagte er. „Wo wir Ihnen doch lediglich Beistand geleistet haben. Ihr Zynismus-Index könnte möglicherweise noch höher sein als ursprünglich vermutet wurde.“

„Von wem vermutet?“ fragte ich.

„Das darf ich nicht sagen“, antwortete er.

Er würgte einen Zornesausbruch ab, indem er mir ordentlich Wasser die Kehle hinunterkippte. Keuchend und nachdenklich sagte ich daher nur: „Das ist ärgerlich!“

„Da stimme ich Ihnen zu“, sagte er. „Aber nun, da wir hier sind, sollte eigentlich alles bald wieder in Ordnung kommen.“

Ich stand auf, streckte mich ausgiebig, um die Starre aus meinen Muskeln zu vertreiben, aber dann setzte ich mich rasch auf einen Felsen, um ein leichtes Schwindelgefühl zu verbergen.

„Also gut“, sagte ich, griff nach einer Zigarette, doch sie waren alle zerkrümelt. „Wie wäre es denn, wenn Sie darüber nachdenken würden, was Ihnen zu sagen erlaubt ist, und mir das dann mitteilen würden?“

Charv zog eine Packung Zigaretten – meine Marke – aus seinem Beutel und gab sie mir.

„Wenn Sie müssen“, sagte er.

Ich nickte, nahm die Packung, öffnete sie und zündete mir eine an.

„Danke“, sagte ich und gab sie ihm wieder. Er nahm sie aber nicht.

„Behalten Sie sie“, lehnte er ab. „Ich bin sowieso Pfeifenraucher. Aber Sie, da wir gerade dabei sind, benötigen wesentlich dringender Nahrung und Flüssigkeit als Nikotin. Ich überwache Ihren Herzschlag, Blutdruck und Ihren Stoffwechsel mittels eines kleinen Gerätes, das ich bei mir habe …“

„Lassen Sie sich nicht aus der Ruhe bringen“, sagte Ragma, der sich seinerseits eine Zigarette organisierte und von irgendwoher ein Feuerzeug holte. „Charv ist ein Hypochonder. Aber ich meine, wir sollten zurück zu unserem Raumschiff, bevor wir miteinander reden. Sie sind noch immer in Gefahr.“

„Raumschiff? Was für ein Raumschiff? Wo ist es denn?“

„Etwa eine Viertelmillion Meilen von hier“, erklärte Charv. „Zudem hat Ragma recht. Es wäre besser, wenn wir diesen Ort so schnell wie möglich verlassen würden.“

„Ich muß Ihnen ja wohl vorbehaltlos glauben“, sagte ich. „Aber Sie haben nach mir gesucht – und nur nach mir – nicht wahr? Sie scheinen etwas über mich zu wissen …“

„Damit haben Sie Ihre eigene Frage gleich selbst beantwortet“, entgegnete Ragma. „Wir hatten Grund zu der Annahme, daß Sie in Gefahr sind, und wir behielten recht.“

„Woher? Woher wußten Sie das?“

Sie sahen einander an.

„Tut mir leid“, sagte Ragma. „Das ist unerheblich.“

„Wieso unerheblich?“

„Wir sind nicht befugt, darüber Auskunft zu geben.“

„Wer erteilt Ihnen denn Ihre ganzen Verbote?“

„Unerheblich.“

Ich seufzte. „Na schön. Ich glaube, ich kann mittlerweile wieder gehen. Wenn nicht, dann werden wir es ja bald wissen.“

„Ausgezeichnet“, sagte Charv, als ich mich erhob.

Dieses Mal fühlte ich mich sicherer, und das schienen sie auch zu sehen. Er nickte, wandte sich um und ging dann mit einem sehr unkänguruhhaften Schritt davon. Ich folgte ihm, Ragma blieb an meiner Seite. Er ging dieses Mal auf zwei Beinen.

Das Terrain war ziemlich eben, daher bereitete das Gehen keine besonderen Schwierigkeiten. Nach ein paar Minuten des Laufens konnte ich sogar ein wenig Enthusiasmus bei dem Gedanken an ein Erdnußbutterbrot aufbringen. Aber noch ehe ich meinem Wunsch Ausdruck verleihen konnte, rief Ragma etwas Außerirdisches.

Charv antwortete, dann beschleunigte er seinen Schritt; nun hoppelte er wirklich fast wie ein Känguruh.

Ragma wandte sich an mich. „Er geht schon voraus, um die Aggregate anzuwärmen“, sagte er. „Damit wir einen flotten Start hinlegen können. Wenn Sie sich schneller bewegen können, dann tun Sie es bitte.“

Ich bemühte mich nach besten Kräften. „Wozu die Eile?“ fragte ich noch.

„Mein Gehör ist ausgesprochen sensitiv“, sagte er. „Wie ich soeben erfahren habe, sind Zeemeister und Buckler gestartet. Die Wahrscheinlichkeit einer Suche nach Ihnen ist sehr groß. Und es ist immer am besten, mit dem Schlimmsten zu rechnen.“

„Wie ich vermute, handelt es sich bei den beiden um meine ungebetenen Gäste, und Ihr habt die Erlaubnis, mir ihre Namen mitzuteilen. Was stellen sie denn dar?“

„Sie sind Balkengöggel.“

„Balkengöggel?“

„Asoziale Individuen, vorsätzliche Verletzer aller Statuten.“

„Ach so, Galgenvögel. Ja, dasselbe hatte ich auch schon vermutet. Was können Sie mir von Ihnen erzählen?“

„Morton Zeemeister“, sagte er, „ist in viele dunkle Geschäfte verstrickt. Er ist der Helle mit dem bleichen Fell. Normalerweise begibt er sich nie an einen Tatort, dafür hat er seine bezahlten Vasallen. Zu ihnen gehört der andere, Jamie Buckler. Er hat Zeemeister lange Jahre treue Dienste geleistet, dafür hat er ihn belohnt, indem er ihn zu seinem Leibwächter gemacht hat.“

Mein eigener Körper prostestierte in diesem Augenblick gerade gegen die zusätzliche Belastung durch das raschere Gehen, daher war ich nicht sicher, ob das Summen in meinen Ohren von meinen Äderchen, in denen das Blut pulsierte, hervorgerufen wurde, oder ob es das Geräusch des todbringenden Vogels der beiden war. Ragma räumte jeglichen Zweifel aus.