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Ich nickte. „Also gut. Sie haben meine Neugier hinsichtlich Ihrer Denkweise voll und ganz befriedigt. Vielen Dank.“

Er runzelte die Stirn, während er mein Gesicht studierte.

„Da Sie wahrscheinlich längere Zeit mein Berater sein werden, wollte ich etwas über Ihre Einstellung in Erfahrung bringen. Das ist mir gelungen.“

Er kicherte. „Sie bluffen.“

Ich zuckte die Achseln. „Wenn Sie mir nun meine Karte unterzeichnen würden, dann werde ich wieder verschwinden.“

„Ich muß diese Karte gar nicht sehen“, sagte er langsam, „um zu wissen, daß ich nicht lange Ihr Berater sein werde. Der letzte Akt Ihrer Schmierenkomödie ist angebrochen, Cassidy.“

Ich holte die Karte heraus und reichte sie ihm. Er ignorierte sie. „Mit dem demoralisierenden Effekt, den Ihre Anwesenheit an dieser Universität hat, ist es mir unmöglich, mir auszumalen, was Ihr Onkel wohl sagen würde, könnte er erleben, wie Sie seine Güte mißbrauchen. Er …“

„Ich werde ihn fragen, wenn ich wieder vorbeikomme“, sagte ich. „Aber als ich ihn letzten Monat sah, da störte es ihn nicht besonders.“

„Bitte um Entschuldigung … Aber ich verstehe nicht ganz …“

„Onkel Albert war eine der Persönlichkeiten, die in den Bide-A-Wee-Skandal verstrickt waren. Ungefähr vor einem Jahr. Erinnern Sie sich nicht?“

Er schüttelte langsam den Kopf. „Ich fürchte, nein. Ich dachte, Ihr Onkel sei tot. Das muß er doch sein, wenn sein letzter Wille …“

„Das ist ein delikater philosophischer Streitpunkt“, sagte ich. „Rechtlich gesehen ist er tatsächlich tot. Aber er hat sich einfrieren lassen, nämlich in Bide-A-Wee, in einer dieser kryonischen Anlagen. Die Inhaber erwiesen sich leider als etwas mehr als skrupellos, daher haben die Behörden ihn in eine andere Anstalt gebracht, zusammen mit den anderen Überlebenden.“

„Überlebenden?“

„Ich nehme an, das ist der beste Ausdruck. Bide-A-Wee hatte über fünfhundert Kunden, aber davon hatten sie nur etwa fünfzig auf Eis gelegt. Das hat ihnen einen irrsinnigen Profit eingebracht.“

„Und was wurde aus den anderen?“

„Ihre besseren Teile tauchten über den Schwarzmarkt in den Organbänken wieder auf. Das war ein weiteres Gebiet, mit dem Bide-A-Wee den großen Reibach machte.“

„Ich glaube, langsam erinnere ich mich. Aber was haben sie mit den … Überresten getan?“

„Einer der Partner hatte zusätzlich ein Beerdigungsinstitut. Die unverwertbaren Teile behandelte er einfach geschäftlich.“

„Oh … nun. Moment mal. Was taten sie, wenn jemand vorbeikam und einen eingefrorenen Verwandten sehen wollte?“

„Sie haben die Namensschilder vertauscht. Durch das fast zugefrorene Sichtfenster sieht ein eingefrorener Körper aus wie der andere – wie bei einem Eis am Stiel in Cellophan. Nun, und Onkel Albert war einer derjenigen, den sie zum Vorzeigen aufhoben. Er hat sein Leben lang Glück gehabt und hat es auch jetzt noch.“

„Wie kam man ihnen denn auf die Schliche?“

„Steuerhinterziehung. Sie drehten krumme Dinge.“

„Ich verstehe. Dann könnte Ihr Onkel also durchaus eines Tages zur großen Abrechnung erscheinen?“

„Diese Möglichkeit besteht immer. Aber bisher gab es nur sehr wenige erfolgreiche Wiedererweckungen.“

„Und diese Möglichkeit macht Ihnen überhaupt keine Sorgen?“

„Ich lasse die Dinge immer auf mich zukommen. Und bisher hat Onkel Albert das noch nicht getan.“

„In Übereinstimmung mit der Universität und den Wünschen Ihres Onkels muß ich Sie darauf hinweisen, daß Sie auch noch an anderer Stelle Interessen verletzen.“

Ich sah mich überall im Raum um. Sogar unter dem Stuhl.

„Ich geb’s auf“, sagte ich.

„Ihre eigenen.“

„Meine eigenen?“

„Ihre eigenen. Indem Sie die ökonomische Sicherheit der Situation ausnützen, verfallen Sie in Faulheit. Sie ruinieren Ihre Chancen, es jemals zu etwas zu bringen. Sie entwickeln sich zum Faulpelz.“

„Faulpelz?“

„Faulpelz. Sie hängen herum und leisten rein gar nichts.“

„Sie handeln also tatsächlich in meinem eigenen Interesse, wenn Sie mich erfolgreich hinauswerfen, ja?“

„So ist es.“

„Es tut mir leid, Ihnen das sagen zu müssen, aber die Geschichte quillt über von Personen wie Sie. Heute halten wir ein hartes Gericht über sie alle.“

„Die Geschichte?“

„Nicht die der Uni. Die Weltgeschichte.“

Er schüttelte seufzend den Kopf. Dann akzeptierte er meine Karte, lehnte sich zurück und schmauchte an seiner Pfeife; er las sich durch, was ich geschrieben hatte.

Ich fragte mich, ob er wirklich glaubte, mir einen Gefallen zu tun, indem er versuchte, meine Lebensweise zu beenden. Wahrscheinlich.

„Warten Sie mal“, sagte er. „Hier ist ein Fehler.“

„Unmöglich.“

„Die Stunden stimmen nicht.“

„Doch. Ich benötige zwölf, und ich habe zwölf.“

„Das bestreite ich nicht, aber …“

„Sechs Stunden persönliches Projekt, historische Forschungen, in meinem Fall Australien.“

„Sie wissen, es sollte wirklich Anthropologie sein. Das würde ein Hauptfach beenden. Aber darauf wollte ich eigentlich nicht …“

„Dann drei Stunden Vergleichende Anatomie. Die habe ich genommen, und das kann ich Ihnen auch beweisen – wie auch die eine Stunde Sozialwissenschaften, damit haben wir zehn. Zudem noch zwei Stunden Korbflechten für Fortgeschrittene, das macht zusammen zwölf. Alles klar.“

„Nein Sir! Eben nicht! Das letzte ist ein dreistündiger Kurs, und damit wird er für Sie ebenfalls zum Hauptfach.“

„Sie haben das Rundschreiben Nummer fünfundsiebzig noch nicht gelesen, nicht wahr?“

„Was?“

„Das wurde geändert.“

„Das glaube ich Ihnen nicht.“

Ich sah zu seinem Postkörbchen.

„Lesen Sie Ihre Post.“

Er schnappte nach dem Korb, wühlte ihn durch. Irgendwo in der Mitte fand er dann das gesuchte Papier. Ich beobachtete sein Mienenspiel, erkannte Unglauben, Zorn und Verwirrung innerhalb der ersten fünf Sekunden. Ich hoffte noch auf Verzweiflung, aber man kann eben nicht alles auf einmal haben.

Frustration und Bestürzung blieben zurück, als er sich mir wieder zuwandte. „Wie haben Sie das nur geschafft?“ fragte er.

„Warum müssen sie nur immer alles von der negativen Seite sehen?“

„Weil ich Ihre Unterlagen gelesen habe. Irgendwie sind Sie an den Instruktor gekommen, nicht wahr?“

„Das ist aber sehr unschön von Ihnen, so etwas zu behaupten. Zudem wäre ich ein Narr, wenn ich es zugeben würde, oder etwa nicht?“

Er seufzte. „Ich nehme es an.“

Er holte einen Kugelschreiber hervor, drückte mit unnötiger Gewalt auf den Knopf und kritzelte seinen Namen in die ‚Geprüft-von’-Linie am unteren Abschnitt der Karte.

Er gab sie mir zurück und meinte: „Dieses Mal sind sie nur um Haaresbreite davongekommen, das wissen Sie. Ich hatte einfach zuviel um die Ohren. Was wollen Sie im Wiederholungsfalle tun?“

„Ich kann mir denken, daß im nächsten Jahr zwei Hauptfächer vorgeschrieben sein werden. Ich werde wohl den entsprechenden Fachbereichsberater aufsuchen müssen, wenn ich wechseln will.“

„Sie werden mich aufsuchen“, sagte er. „Und ich werde den entsprechenden Berater sprechen.“

„Aber jeder andere hat auch einen Fachbereichsberater.“

„Sie sind ein besonderer Fall, der eine besondere Behandlung erfordert. Sie werden sich auch beim nächsten Mal hier melden.“

„Schon gut“, sagte ich, während ich die Karte in meiner Tasche verstaute. „Bis zum nächsten Mal also.“