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„Darauf können wir nicht bauen.“

„Was meinen Sie damit?“

„Vielleicht kommen sie auch schnurstracks zu Ihnen. Schicken Sie also besser Ihre Freundin nach Hause und packen Sie Ihre Koffer. Ich werde Sie in einer halben Stunde abholen.“

„Das können Sie nicht machen!“

„Doch. Tut mir leid, aber das kann ich. Das ist ein Befehl. Ihr Job verlangt jetzt eben nach einer Dienstreise, Ihre Gesundheit ebenfalls.“

„Schon gut. Wohin?“

„New York“, sagte er.

Danach: Klick. Das war sie, die Vertreibung aus dem Garten Eden. Ich wandte mich an Ginny.

„Wer war das?“ fragte sie.

„Ich habe eine gute und eine schlechte Nachricht.“

„Zuerst die gute.“

„Wir haben immer noch eine halbe Stunde.“

Tatsächlich benötigte Nadler aber doch fast eine Stunde, bis er bei mir war, was mir Zeit gab, eine Entscheidung zu treffen, wie ich sie kaltblütiger und besonnener noch nie zuvor getroffen hatte.

Merimee nahm beim sechsten Klingeln den Hörer ab. Er erkannte meine Stimme sofort.

„Ja“, sagte ich. „Erinnern Sie sich noch an das Angebot, das Sie mir damals gemacht haben?“

„Ja. Sehr gut.“

„Ich nehme Sie beim Wort“, sagte ich.

„Wer?“

„Zwei. Sie heißen Zeemeister und Buckler …“

„Oh. Morty und Jamie. Klar.“

„Sie kennen sie?“

„Ja. Morty arbeitete gelegentlich für Ihren Onkel. Wenn das Geschäft gut lief und wir eine Auftragsschwemme hatten, dann mußten wir hin und wieder eine kleine Aushilfe anheuern. Er war ein fetter kleiner Bursche, der darauf brannte, mehr über das Geschäft zu erfahren. Ich mochte ihn nie leiden, aber er verfügte über Enthusiasmus und eine rasche Auffassungsgabe. Nachdem Al ihn gefeuert hatte, baute er sich sein eigenes Geschäft auf. Ein paar Jahre später stellte er Jamie ein, der sich mit der Konkurrenz befaßte und Reklamationen bearbeitet. Jamie war eigentlich Boxer, Mittelschwergewicht, zudem verfügte er über große militärische Erfahrung. Er war von drei verschiedenen Armeen desertiert …“

„Warum hat Onkel Al Zeemeister gefeuert?“

„Oh, der Mann war unehrlich. Und wer arbeitet schon gerne mit einem Schwindler zusammen?“

„Stimmt. Nun, die beiden wollten mich schon zweimal töten, fast wäre es ihnen auch gelungen, und wie ich nun erfahren habe, sind sie wieder auf freiem Fuß.“

„Ich nehme an, Sie kennen ihren gegenwärtigen Aufenthaltsort nicht?“

„Das stimmt leider, unglücklicherweise.“

„Hmm. Das erschwert die Dinge wesentlich. Aber gehen wir die Angelegenheit einmal von der anderen Seite an. Wo werden Sie sich in den nächsten Tagen aufhalten?“

„Ich breche in den nächsten paar Minuten nach New York auf.“

„Exzellent. Wo werden Sie anzutreffen sein?“

„Das weiß ich noch nicht.“

„Sie können gerne wieder hierherkommen. Es wäre vielleicht sogar von Vorteil …“

„Sie verstehen nicht“, sagte ich. „Ich bin graduiert worden. Tatsächlich habe ich sogar schon meinen Doktor in der Tasche. Und ich habe einen Job. Mein Chef bringt mich noch heute nacht nach New York. Ich habe keine Ahnung, wo genau er mich absetzen wird. Ich rufe sobald als möglich wieder an.“

„Gut. Meine Glückwünsche zu Titel und Job. Wenn Sie sich einmal zu einer Entscheidung durchgerungen haben, dann entscheiden Sie sich sehr rasch – genau wie Ihr Onkel.

Ich hoffe, Sie erzählen mir bald die ganze Geschichte. Zwischenzeitlich werde ich meine Fühler ausstrecken. Zudem kann ich Ihnen binnen kurzer Zeit eine angenehme Überraschung ankündigen.“

„Welcher Art?“

„Aber! Wenn ich Ihnen das jetzt erzählen würde, dann wäre es doch keine Überraschung mehr, Junge!“

„Schon gut. Ich vertraue Ihnen“, sagte ich. „Danke.“

„Bis später.“

„Wiedersehn.“

Zugegeben, nicht gerade die feine englische Art, das muß ich gestehen. Aber ich will niemanden mit Entschuldigungen langweilen. Ich hatte es einfach nur satt, ständig angeschossen zu werden. Zudem sollte man ein großzügiges Angebot niemals ausschlagen.

Wie sich herausstellte, befand sich das Hotel direkt gegenüber jenem teilweise entblößten Skelett eines Bürohochhauses, von dem aus ich mir Zugang zum Dach der Struktur direkt daneben verschafft hatte – nämlich zu dem Bauwerk, das die Rhenniusmaschine beherbergte.

Ich bezweifelte, daß das nur eine Frage reiner Koinzidenz war. Aber als ich die Rede darauf brachte, antwortete Nadler natürlich nicht. Es war schon nach Mitternacht, als wir ankamen, und ich hatte die ganze Zeit, seit er mich abgeholt hatte, mit dem Mann zusammen verbracht.

Dann: „Ich habe keine Zigaretten mehr“, sagte ich, als wir uns der Rezeption näherten, natürlich erst, nachdem ich mich vergewissert hatte, daß kein Zigarettenautomat in der Nähe war.

„Schlechte Angewohnheit“, sagte er.

Das Mädchen am Empfang war wesentlich mitfühlender; sie sagte mir sofort, wo ich das Gewünschte finden konnte. Ich bedankte mich, ließ mir die Zimmernummer geben und sagte zu Nadler, ich sei in ein paar Minuten wieder zurück.

Natürlich wandte ich mich unverzüglich dem nächsten Telefon zu, rief Merimee an und sagte ihm, wo ich war.

„Gut. Betrachten Sie alles als erledigt“, sagte er mir. „Übrigens, ich glaube unsere Klienten sind ebenfalls in der Stadt. Einer meiner Angestellten glaubt, sie gesehen zu haben.“

„Ganz schön schnell, die Burschen.“

„Unglücklicherweise. Trotzdem … keine Sorge. Schlafen Sie gut. Adieu.“

„Gu’ nacht.“

Ich ging zu den Fahrstühlen, fuhr hoch in die richtige Etage und suchte mein Zimmer. Da ich keinen Schlüssel hatte, klopfte ich.

Eine Weile passierte überhaupt nichts. Dann, gerade, als ich ein zweites Mal klopfen wollte, antwortete Nadlers Stimme: „Wer ist da?“

„Ich, Cassidy“, antwortete ich.

„Kommen Sie rein. Es ist offen.“

Da ich seine Stimme erkannt hatte und auch schon rechtschaffen müde war, trat ich ohne weitere Vorsichtsmaßnahmen ein. Ein Fehler, der jedem hätte passieren können.

„Ted! Was zum Teufel ist …“ Da hatte mich auch schon ein Tentakel am Bein geschnappt, ein weiterer wand sich um meine Schulter. „… los?“ fragte ich.

Ich wurde in die Luft gehoben.

Natürlich wehrte ich mich. Wer hätte das nicht getan? Aber das Ding zerrte mich trotzdem gut zwei Meter in die Höhe und brachte mich über seinem alles andere als attraktiven Selbst in eine waagerechte Position. Danach bemühte es sich, mich auf den Kopf zu stellen, so daß mein Gesichtsfeld von seiner graugrünen Masse dominiert wurde, seinem schleimigen Ursprung und seinen Auswüchsen. Ich hatte das unbestimmte Gefühl, als wolle es mir etwas antun, noch bevor es seine Freßklappen geöffnet und mir deren feuchtes, rötliches und unheilschwanger geiferndes Inneres gezeigt hatte.

Ich stieß einen Schrei aus und zerrte an den Tentakeln. Plötzlich spürte ich so etwas wie ein siedendheißes, rotes Aufwallen hinter meinen Augenlidern, das in meinem Gehirn auf und ab wogte. Nacktes Entsetzen packte mich, ich zuckte konvulsivisch in meinen lebenden Fesseln.

Dann hörte ich ein lautes, grelles Pfeifen, das pulsierende Gefühl verschwand aus meinem Schädel, die Tentakel sackten in sich zusammen, ich stürzte auf den Teppich, wobei ich nur knapp dem Rand des Schleimsees entging. Ein paar Spritzer bekam ich natürlich trotzdem ab, während die schlaffen Tentakel um mich herabbaumelten. Ich stöhnte und rieb mir die Schultern.

„Er ist verletzt!“ hörte ich eine Stimme rufen, die ich als die von Ragma identifizierte.

Ich drehte den Kopf, um mich der Sympathie zu versichern, die mir da auf kleinen pelzigen und großen beschuhten Füßen entgegengeeilt kam. Langsam verschwand auch meine Angst wieder.