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„Ist es ein gutes oder ein schlechtes Gefühl?“ fragte ich.

„Das weiß ich nicht. Ich bin gefühlsmäßig damit überhaupt noch nicht ins reine gekommen.“

„Lassen Sie es mich wissen, wenn das geschehen ist. Sie haben mich wirklich neugierig gemacht.“

Er kicherte. Ich auch.

„Es ist eigentlich komisch“, sagte ich. „Sie haben nie mit dem Klettern aufgehört.“

Er schwieg eine Weile, dann sagte er: „Das mit dem Klettern ist schon eine merkwürdige Sache … Natürlich war es so etwas wie Tradition, dort, wo ich studiert habe, wenn es mir auch, glaube ich, mehr Spaß gemacht hat als den anderen. Ich behielt es noch einige Jahre bei, nachdem ich die Universität verlassen hatte, aber dann wurde es mehr oder weniger sporadisch, ich wechselte oft meinen Standort und hatte immer seltener die Gelegenheit dazu. Heute würde es mir wahrscheinlich Schwierigkeiten machen, wenn ich wieder richtig klettern müßte. Aber eines Tages werde ich einmal Urlaub machen, irgendwo, wo es eine kongeniale Architektur gibt. Dort werde ich dann die Nächte damit verbringen, an Fassaden hochzuklettern und Dächer zu erkunden.“

„Akrophilie“, sagte ich.

„Richtig. Etwas einen Namen zu geben, erklärt es noch lange nicht, dachte ich. Ich habe nie richtig verstanden, warum ich es getan habe. Verstehe es heute noch nicht. Ich habe einfach einmal damit aufgehört, wahrscheinlich sind die Hormonstöße der mittleren Jahre dafür verantwortlich. Wer weiß? Dann bekam ich hier meinen Lehrauftrag und hörte von Ihren eigenen Aktivitäten. Ich begann, wieder daran zu denken. Und das wiederum ließ den Wunsch neu erwachen, ich fing wieder an. Seitdem bin ich dabeigeblieben. Ich habe mehr Zeit damit verbracht, mich darüber zu wundern, warum die Leute mit dem Klettern aufgehört haben, als darüber, wieso sie anfingen.“

„Es scheint eine völlig natürliche Sache zu sein.“

„Genau.“

Er trank noch einen Schluck, bot mir ebenfalls einen an. Ich hätte gerne noch etwas getrunken, aber ich kenne meine Grenzen, und die wollte ich hier auf dem schmalen Sims nicht unbedingt überschreiten. Daher schwenkte er die Flasche zum Himmelszelt und sagte dann: „Auf dich, Kassiopeia.“ Er trank.

„Und auf die Plejaden“, fügte er einen Augenblick später hinzu, mit einer Drehung zu einem anderen Himmelssektor. Dem falschen, aber das spielte keine Rolle. Er wußte so gut wie ich, daß sie noch unter dem Horizont waren.

Er lehnte sich zurück, nahm eine Zigarette, zündete sie an, mutmaßte: „Wie viele Augen pro Kopf, frage ich mich, die die ‚Mona Lisa’ betrachten? Haben sie Facetten? Sind sie starr? Und von welcher Farbe?“

„Nur zwei. Sie wissen das. Mandelförmig – zumindest auf den Bildern.“

„Müssen Sie meine romantische Rhetorik zunichte machen? Und wie dem auch sei, die Astabiganer haben jede Menge Besuch von fremden Wesen, die sie sich anschauen werden.“

„Sicher. Und aus diesem Grund befinden sich die britischen Kronjuwelen in der Obhut von Leuten mit halbmondförmigen Pupillen. Lavendeläugig, wie ich glaube …“

„Das genügt“, sagte er. „Vielen Dank.“

Eine Sternschnuppe zog ihre Bahn erdwärts. Meine glühende Zigarettenkippe folgte ihr.

„Ich frage mich, ob es ein fairer Tausch war“, sagte er. „wir verstehen die Rhenniusmaschine nicht, und noch nicht einmal die Außerirdischen selbst können genau sagen, was der Sternstein darstellt.“

„Es war kein Tausch in diesem Sinne.“

„Zwei der Schätze der Erde sind weg, und wir haben etwas von ihnen dafür bekommen. Wie anders sollte man dies denn sonst bezeichnen?“

„Als ein Glied in der Kula-Kette“, sagte ich.

„Mit diesem Ausdruck bin ich nicht vertraut. Erzählen Sie mir mehr davon.“

„Diese Parallele fiel mir ein, als ich mich über die Einzelheiten des Handels informierte. Die Kula ist eine Art von zeremonieller Reise, die gelegentlich von den Bewohnern der Inselgruppe zur Ostküste Neuguineas unternommen wird – von den Trobriand-Indianern oder den Papuas von Melanesien. Es handelt sich dabei um einen doppelten Kreis, eine Bewegung in entgegengesetzte Richtungen um die Inseln. Zweck der Reise ist der Austausch verschiedener Artikel ohne besondere Funktion für die beteiligten Stämme, doch hat der Tausch eine große kulturelle Signifikanz. Im großen und ganzen handelt es sich bei den Tauschartikeln um Körperornamente – Halsketten, bunte Harnische mit klingenden Namen oder geschichtlichen Szenen. Sie, die Eingeborenen, umfahren die Inseln langsam und werden überall mit großem Pomp empfangen. Sie helfen, den kulturellen Enthusiasmus in einer Weise zu fokussieren, die die Einheit unter den Stämmen und das gegenseitige Vertrauen fördert. Die Parallelen zu unserem Austausch mit den Außerirdischen scheinen auf der Hand zu liegen. Die Objekte sind gleichermaßen kulturelle Werte und Zeichen des Vertrauens zwischen den Partnern. Durch ihre Existenz, ihre Zirkulation und ihren Anblick schaffen sie so etwas wie ein Gefühl der Verbundenheit. Und das allein ist der wahre Zweck einer Kula-Kette, soweit ich das sehe. Daher mochte ich das Wort ‚Tausch’ nicht.“

„Sehr interessant. Keiner der Berichte, die ich gelesen habe, sah die Sache in diesem Licht. Aber ganz bestimmt hat keiner sie mit dem Kula-Phänomen verglichen. Man betrachtete unser Geschenk mehr als eine Aufnahmegebühr in den galaktischen Club, als Zahlung, um am Handel und Kulturaustausch teilhaben zu dürfen. Mehr etwas in dieser Richtung.“

„Das war einfach nur der Vorwand, um die öffentlichen Proteste über die Weggabe so wertvoller Kulturgüter zum Verstummen zu bringen. Das einzige, was man uns wirklich versprochen hat, war Reziprozität in der Kette. Ich bin sicher, alles Weitere wird irgendwann ebenfalls zum Tragen kommen, aber nicht notwendigerweise als direktes Resultat. Nein. Unsere Regierungen frönten wieder einmal der althergebrachten Praxis, den Leuten eine einfache Erklärung für ein in Wirklichkeit komplexes Problem zu geben.“

„Ich verstehe“, sagte er. „Tatsächlich gefällt mir Ihre Theorie besser als die offiziellen Verlautbarungen.“ Er gähnte.

Ich zündete mir eine neue Zigarette an.

„Danke“, sagte ich. „Ich fühle mich verpflichtet, darzulegen, daß ich schon immer sehr angetan war von Ideen, die ich selbst für ästhetisch befriedigend halte. Der kosmische Sog der Dinge … eine interstellare Kula-Kette gleichzeitig die Verschiedenartigkeit wie auch die Gleichheit unter den intelligenten Völkern der Galaxis hervorhebend … sie verbindend und vereinend … das scheint mir eine sehr erfreuliche Sache zu sein.“