Tasso.
Viel lieber was ihr euch unsittlich nennt,
Als was ich mir unedel nennen müßte.
Antonio.
Du bist noch jung genug, daß gute Zucht
Dich eines bessern Wegs belehren kann.
Tasso.
Nicht jung genug, vor Götzen mich zu neigen,
Und Trotz mit Trotz zu bänd'gen, alt genug.
Antonio.
Wo Lippenspiel und Saitenspiel entscheiden,
Ziehst du als Held und Sieger wohl davon.
Tasso.
Verwegen wär' es meine Faust zu rühmen,
Denn sie hat nichts gethan, doch ich vertrau' ihr.
Antonio.
Du traust auf Schonung, die dich nur zu sehr
im frechen Laufe deines Glücks verzog.
Tasso.
Daß ich erwachsen bin, das fühl' ich nun;
Mit dir am wenigsten hätt' ich gewünscht
Das Wagespiel der Waffen zu versuchen:
Allein du schürest Glut auf Glut, es kocht
Das inn're Mark, die schmerzliche Begier
Der Rache siedet schäumend in der Brust.
Bist du der Mann der du dich rühmst, so steh' mir.
Antonio.
Du weißt so wenig wer, als wo du bist.
Tasso.
Kein Heiligthum heißt uns den Schimpf ertragen.
Du lästerst, du entweihest diesen Ort,
Nicht ich, der ich Vertraun, Verehrung, Liebe,
Das schönste Opfer, dir entgegen trug.
Dein Geist verunreint dieses Paradies
Und deine Worte diesen reinen Saal,
Nicht meines Herzens schwellendes Gefühl,
Das braus't, den kleinsten Flecken nicht zu leiden.
Antonio.
Welch hoher Geist in einer engen Brust!
Tasso.
Hier ist noch Raum dem Busen Luft zu machen.
Antonio.
Es macht das Volk sich auch mit Worten Luft.
Tasso.
Bist du ein Edelmann wie ich, so zeig' es.
Antonio.
Ich bin es wohl, doch weiß ich wo ich bin.
Tasso.
Komm mit herab, wo unsre Waffen gelten.
Antonio.
Wie du nicht fordern solltest, folg' ich nicht.
Tasso.
Der Feigheit ist solch Hinderniß willkommen.
Antonio.
Der Feige droht nur, wo er sicher ist.
Tasso.
Mit Freuden kann ich diesem Schutz entsagen.
Antonio.
Vergib dir nur, dem Ort vergibst du nichts.
Tasso.
Verzeihe mir der Ort daß ich es litt.
Er zieht den Degen.
Zieh' oder folge, wenn ich nicht auf ewig,
Wie ich dich hasse, dich verachten soll.
Vierter Auftritt
Alphons. Die Vorigen.
Alphons.
In welchem Streit treff' ich euch unerwartet?
Antonio.
Du findest mich, o Fürst, gelassen stehn
Vor einem, den die Wuth ergriffen hat.
Tasso.
Ich bethe dich als eine Gottheit an,
Daß du mit Einem Blick mich warnend bändigst.
Alphons.
Erzähl', Antonio, Tasso, sag' mir an,
Wie hat der Zwist sich in mein Haus gedrungen?
Wie hat er euch ergriffen, von der Bahn
Der Sitten, der Gesetze kluge Männer
Im Taumel weggerissen? Ich erstaune.
Tasso.
Du kennst uns beyde nicht, ich glaub' es wohclass="underline"
Hier dieser Mann, berühmt als klug und sittlich,
Hat roh und hämisch, wie ein unerzogner,
Unedler Mensch sich gegen mich betragen.
Zutraulich nahe ich ihm, er stieß mich weg;
Beharrlich liebend drang ich mich zu ihm,
Und bitter, immer bittrer ruht' er nicht,
Bis er den reinsten Tropfen Bluts in mir
Zu Galle wandelte. Verzeih'! Du hast mich hier
Als einen Wüthenden getroffen. Dieser
Hat alle schuld, wenn ich mich schuldig machte.
Er hat die Glut gewaltsam angefacht,
Die mich ergriff und mich und ihn verletzte.
Antonio.
Ihn riß der hohe Dichterschwung hinweg!
Du hast, o Fürst, zuerst mich angeredet,
Hast mich gefragt: es sey mir nun erlaubt,
Nach diesem raschen Redner auch zu sprechen.
Tasso.
O ja, erzähl', erzähl' von Wort zu Wort,
Und kannst du jede Sylbe, jede Miene
Vor diesen Richter stellen, wag' es nur!
Beleidige dich selbst zum zweytenmale,
Und zeuge wider dich! dagegen will
Ich keinen Hauch und keinen Pulsschlag läugnen.
Antonio.
Wenn du noch mehr zu reden hast, so sprich:
Wo nicht, so schweig' und unterbrich mich nicht.
Ob ich, mein Fürst, ob dieser heiße Kopf
Den Streit zuerst begonnen? wer es sey,
Der Unrecht hat? ist eine weite Frage,
Die wohl zuvörderst noch auf sich beruht.
Tasso.
Wie das? mich dünkt, das ist die erste Frage,
Wer von uns beyden Recht und Unrecht hat.
Antonio.
Nicht ganz, wie sich's der unbegränzte Sinn
Gedenken mag.
Alphons. Antonio!
Antonio. Gnädigster,
Ich ehre deinen Wink, doch laß ihn schweigen:
Hab' ich gesprochen, mag er weiter reden;
Du wirst entscheiden. Also sag' ich nur:
Ich kann mit ihm nicht rechten, kann ihn weder
Verklagen, noch mich selbst vertheid'gen, noch
Ihm jetzt genug zu thun mich anerbiethen.
Denn wie er steht, ist er kein freyer Mann.
Es waltet über ihm ein schwer Gesetz,
Das deine Gnade höchstens lindern wird.
Er hat mir hier gedroht, hat mich gefodert;
Vor dir verbarg er kaum das nackte Schwert.
Und tratst du, Herr, nicht zwischen uns herein,
So stünde jetzt auch ich als pflichtvergessen,
Mitschuldig und beschämt vor deinem Blick.
Alphons zu Tasso.
Du hast nicht wohl gethan.
Tasso. Mich spricht, o Herr,
Mein eigen Herz, gewiß auch deines frey.
Ja, es ist wahr, ich drohte, forderte,
Ich zog. Allein, wie tückisch seine Zunge
Mit wohlgewählten Worten mich verletzt,
Wie scharf und schnell sein Zahn das feine Gift
Mir in das Blut geflößt, wie er das Fieber
Nur mehr und mehr erhitzt — Du denkst es nicht!
Gelassen, kalt, hat er mich ausgehalten,
Auf's höchste mich getrieben. O! du kennst,
Du kennst ihn nicht und wirst ihn niemals kennen!
Ich trug ihm warm die schönste Freundschaft an;
Er warf mir meine Gaben vor die Füße;
Und hätte meine Seele nicht geglüht,
So war sie deiner Gnade, deines Dienstes
Auf ewig unwerth. Hab' ich des Gesetzes
Und dieses Orts vergessen, so verzeih.
Auf keinem Boden darf ich niedrig seyn,
Erniedrigung auf keinem Boden dulden.
Wenn dieses Herz, es sey auch wo es will,
Dir fehlt und sich, dann strafe, dann verstoße,
Und laß mich nie dein Auge wiedersehn.
Antonio.
Wie leicht der Jüngling schwere Lasten trägt
Und Fehler wie den Staub vom Kleide schüttelt!
Es wäre zu verwundern, wenn die Zauberkraft