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Der Dichtung nicht bekannter wäre, die

Mit dem Unmöglichen so gern ihr Spiel

Zu treiben liebt. Ob du auch so, mein Fürst,

Ob alle deine Diener diese That

So unbedeutend halten, zweifl' ich fast.

Die Majestät verbreitet ihren Schutz

Auf jeden, der sich ihr wie einer Gottheit

Und ihrer unverletzten Wohnung naht.

Wie an dem Fuße des Altars, bezähmt

Sich auf der Schwelle jede Leidenschaft.

Da blinkt kein Schwert, da fällt kein drohend Wort,

Da fordert selbst Beleid'gung keine Rache.

Es bleibt das weite Feld ein offner Raum

Für Grimm und Unversöhnlichkeit genug.

Dort wird kein Feiger drohn, kein Mann wird fliehn.

Hier diese Mauern haben deine Väter

Auf Sicherheit gegründet, ihrer Würde

Ein Heiligthum befestigt, diese Ruhe

Mit schweren Strafen ernst und klug erhalten;

Verbannung, Kerker, Tod ergriff den Schuldigen.

Da war kein Ansehn der Person, es hielt

Die Milde nicht den Arm des Rechts zurück;

Und selbst der Frevler fühlte sich geschreckt.

Nun sehen wir nach langem schönem Frieden

In das Gebieth der Sitten rohe Wuth

Im Taumel wiederkehren. Herr, entscheide,

Bestrafe! denn wer kann in seiner Pflicht

Beschränkten Gränzen wandeln, schützet ihn

Nicht das Gesetz und seines Fürsten Kraft?

Alphons.

Mehr als ihr beyde sagt und sagen könnt,

Läßt unparteyisch das Gemüth mich hören.

Ihr hättet schöner eure Pflicht gethan,

Wenn ich dieß Urtheil nicht zu sprechen hätte.

Denn hier sind Recht und Unrecht nah verwandt.

Wenn dich Antonio beleidigt hat,

So hat er dir auf irgend eine Weise

Genugzuthun, wie du es fordern wirst.

Mir wär' es lieb, ihr wähltet mich zum Austrag.

Indessen, dein Vergehen macht, o Tasso,

Dich zum Gefangnen. Wie ich dir vergebe:

So lindr' ich das Gesetz um deinetwillen.

Verlaß uns, Tasso! bleib' auf deinem Zimmer,

Von dir und mit dir selbst allein bewacht.

Tasso.

Ist dieß, o Fürst, dein richterlicher Spruch?

Antonio.

Erkennest du des Vaters Milde nicht?

Tasso zu Antonio.

Mit dir hab' ich vorerst nichts mehr zu reden.

Zu Alphons.

O Fürst, es übergibt dein ernstes Wort

Mich Freyen der Gefangenschaft. Es sey!

Du hältst es Recht. Dein heilig Wort verehrend,

Heiß ich mein innres Herz im tiefsten schweigen.

Es ist mir neu, so neu, daß ich fast dich

Und mich und diesen schönen Ort nicht kenne.

Doch diesen kenn' ich wohl — Gehorchen will ich,

Ob ich gleich hier noch manches sagen könnte,

Und sagen sollte. Mir verstummt die Lippe.

War's ein Verbrechen? Wenigstens es scheint,

Ich bin als ein Verbrecher angesehn.

Und, was mein Herz auch sagt, ich bin gefangen.

Alphons.

Du nimmst es höher, Tasso, als ich selbst.

Tasso.

Mir bleibt es unbegreiflich wie es ist;

Zwar unbegreiflich nicht, ich bin kein Kind;

Ich meine fast, ich müßt' es denken können.

Auf einmal winkt mich eine Klarheit an,

Doch augenblicklich schließt sich's wieder zu,

Ich höre nur mein Urtheil, beuge mich.

Das sind zu viel vergebne Worte schon!

Gewöhne dich von nun an zu gehorchen;

Ohnmächt'ger! du vergaßest wo du standst;

Der Götter Saal schien dir auf gleicher Erde,

Nun überwältigt dich der jähe Fall,

Gehorche gern, denn es geziemt dem Manne,

Auch willig das Beschwerliche zu thun.

Hier nimm den Degen erst, den du mir gabst,

Als ich dem Cardinal nach Frankreich folgte,

Ich führe ihn nicht mit Ruhm, doch nicht mit Schande,

Auch heute nicht. Der hoffnungsvollen Gabe

Entäußr' ich mich mit tief gerührtem Herzen.

Alphons.

Wie ich zu dir gesinnt bin fühlst du nicht.

Tasso.

Gehorchen ist mein Loos und nicht zu denken!

Und leider eines herrlichern Geschenks

Verläugnung fordert das Geschick von mir.

Die Krone kleidet den Gefangnen nicht:

Ich nehme selbst von meinem Haupt die Zierde,

Die für die Ewigkeit gegönnt mir schien.

Zu früh war mir das schönste Glück verliehen,

Und wird, als hätt' ich sein mich überhoben,

Mir nur zu bald geraubt.

Du nimmst dir selbst, was keiner nehmen konnte

Und was kein Gott zum zweytenmale gibt.

Wir Menschen werden wunderbar geprüft;

Wir könnten's nicht ertragen, hätt' uns nicht

Den holden Leichtsinn die Natur verliehn.

Mit unschätzbaren Gütern lehret uns

Verschwenderisch die Noth gelassen spielen:

Wir öffnen willig unsre Hände, daß

Unwiederbringlich uns ein Gut entschlüpfe:

Mit diesem Kuß vereint sich eine Thräne,

Und weiht dich der Vergänglichkeit! es ist

Erlaubt das holde Zeichen unsrer Schwäche!

Wer weinte nicht, wenn das Unsterbliche

Vor der Zerstörung selbst nicht sicher ist?

Geselle dich zu diesem Degen, der

Dich leider nicht erwarb, um ihn geschlungen

Ruhe, wie auf dem Sarg der Tapfern, auf

Dem Grabe meines Glücks und meiner Hoffnung!

Hier leg' ich beyde willig dir zu Füßen;

Denn wer ist wohl gewaffnet, wenn du zürnst?

Und wer geschmückt, o Herr, den du verkennst?

Gefangen geh' ich, warte des Gerichts.

Auf des Fürsten Wink, hebt ein Page den Degen mit dem Kranze auf und trägt ihn weg.

Fünfter Auftritt

Alphons. Antonio.

Antonio.

Wo schwärmt der Knabe hin? Mit welchen Farben

Mahlt er sich seinen Werth und sein Geschick?

Beschränkt und unerfahren hält die Jugend

Sich für ein einzig auserwähltes Wesen,

Und alles über alle sich erlaubt.

Er fühle sich gestraft, und strafen heißt

Dem Jüngling wohlthun, daß der Mann uns danke.

Alphons.

Er ist gestraft, ich fürchte, nur zu viel.

Antonio.

Wenn du gelind mit ihm verfahren magst,

So gib, o Fürst, ihm seine Freyheit wieder,

Und unsern Zwist entscheide dann das Schwert.

Alphons.

Wenn es die Meinung fordert, mag es seyn.

Doch sprich, wie hast du seinen Zorn gereitzt?

Antonio.

Ich wüßte kaum zu sagen, wie's geschah.

Als Menschen hab' ich ihn vielleicht gekränkt,

Als Edelmann hab' ich ihn nicht beleidigt.

Und seinen Lippen ist im größten Zorne

Kein sittenloses Wort entflohn.

Alphons. So schien

Mir euer Streit, und was ich gleich gedacht,

Bekräftigt deine Rede mir noch mehr.

Wenn Männer sich entzweyen, hält man billig

Den Klügsten für den Schuldigen. Du solltest

Mit ihm nicht zürnen; ihn zu leiten stünde

Dir besser an. Noch immer ist es Zeit:

Hier ist kein Fall, der euch zu streiten zwänge.

So lang' mir Friede bleibt, so lange wünsch' ich

In meinem Haus ihn zu genießen. Stelle