Die Ruhe wieder her, du kannst es leicht.
Lenore Sanvitale mag ihn erst
Mit zarter Lippe zu besänft'gen suchen:
Dann tritt zu ihm, gib ihm in meinem Namen
Die volle Freyheit wieder, und gewinne
Mit edeln, wahren Worten sein Vertraun.
Verrichte das, so bald du immer kannst;
Du wirst als Freund und Vater mit ihm sprechen.
Noch eh' wir scheiden, will ich Friede wissen,
Und dir ist nichts unmöglich, wenn du willst.
Wir bleiben lieber eine Stunde länger,
Und lassen dann die Frauen sanft vollenden,
Was du begannst; und kehren wir zurück,
So haben sie von diesem raschen Eindruck
Die letzte Spur vertilgt. Es scheint, Antonio,
Du willst nicht aus der Übung kommen! Du
Hast Ein Geschäft kaum erst vollendet, nun
Kehrst du zurück und schaffst dir gleich ein neues.
Ich hoffe, daß auch dieses dir gelingt.
Antonio.
Ich bin beschämt, und seh' in deinen Worten,
Wie in dem klarsten Spiegel, meine Schuld!
Gar leicht gehorcht man einem edlen Herrn,
Der überzeugt, indem er uns gebiethet.
Dritter Aufzug
Erster Auftritt
Prinzessinn allein.
Wo bleibt Eleonore? Schmerzlicher
Bewegt mir jeden Augenblick die Sorge
Das tiefste Herz. Kaum weiß ich was geschah,
Kaum weiß ich wer von beyden schuldig ist.
O daß sie käme! Möcht' ich doch nicht gern
Den Bruder nicht, Antonio nicht sprechen,
Eh' ich gefaßter bin, eh' ich vernommen,
Wie alles steht und was es werden kann.
Zweiter Auftritt
Prinzessinn. Leonore.
Prinzessinn.
Was bringst du, Leonore? sag mir an:
Wie steht's um unsre Freunde? Was geschah?
Leonore.
Mehr als wir wissen hab' ich nicht erfahren.
Sie trafen hart zusammen, Tasso zog,
Dein Bruder trennte sie: allein es scheint,
Als habe Tasso diesen Streit begonnen.
Antonio geht frey umher und spricht
Mit seinem Fürsten, Tasso bleibt dagegen
Verbannt in seinem Zimmer und allein.
Prinzessinn.
Gewiß hat ihn Antonio gereitzt,
Den Hochgestimmten kalt und fremd beleidigt.
Leonore.
Ich glaub' es selbst. Denn eine Wolke stand,
Schon als er zu uns trat, um seine Stirn.
Prinzessinn.
Ach daß wir doch dem reinen stillen Wink
Des Herzens nachzugehn so sehr verlernen!
Ganz leise spricht ein Gott in unsrer Brust,
Ganz leise, ganz vernehmlich, zeigt uns an,
Was zu ergreifen ist und was zu fliehn.
Antonio erschien mir heute früh
Viel schroffer noch als je, in sich gezogner.
Es warnte mich mein Geist, als neben ihn
Sich Tasso stellte. Sieh das Äußre nur
Von beyden an, das Angesicht, den Ton,
Den Blick, den Tritt! es widerstrebt sich alles,
Sie können ewig keine Liebe wechseln.
Doch überredete die Hoffnung mich,
Die Gleisnerinn, sie sind vernünftig beyde,
Sind edel, unterrichtet, deine Freunde;
Und welch ein Band ist sichrer als der Guten?
Ich trieb den Jüngling an; er gab sich ganz;
Wie schön, wie warm ergab er ganz sich mir!
O hätt' ich gleich Antonio gesprochen!
Ich zauderte; es war nur kurze Zeit;
Ich scheute mich, gleich mit den ersten Worten
Und dringend ihm den Jüngling zu empfehlen,
Verließ auf Sitte mich und Höflichkeit,
Auf den Gebrauch der Welt, der sich so glatt
Selbst zwischen Feinde legt; befürchtete
Von dem geprüften Manne diese Jähe
Der raschen Jugend nicht. Es ist geschehn.
Das Übel stand mir fern, nun ist es da.
O gib mir einen Rath! was ist zu thun?
Leonore.
Wie schwer zu rathen sey, das fühlst du selbst
Nach dem was du gesagt. Es ist nicht hier
Ein Mißverständniß zwischen Gleichgestimmten;
Das stellen Worte, ja im Nothfall stellen
Es Waffen leicht und glücklich wieder her.
Zwey Männer sind's, ich hab' es lang gefühlt,
Die darum Feinde sind, weil die Natur
Nicht Einen Mann aus ihnen beyden formte.
Und wären sie zu ihrem Vortheil klug,
So würden sie als Freunde sich verbinden;
Dann stünden sie für Einen Mann, und gingen
Mit Macht und Glück und Lust durch's Leben hin.
So hofft' ich selbst, nun seh' ich wohl umsonst.
Der Zwist von heute, sey er wie er sey,
Ist beyzulegen; doch das sichert uns
Nicht für die Zukunft, für den Morgen nicht.
Es wär' am besten, dächt' ich, Tasso reis'te
Auf eine Zeit von hier; er könnte ja
Nach Rom, auch nach Florenz sich wenden; dort
Träf' ich in wenig Wochen ihn, und könnte
Auf sein Gemüth als eine Freundinn wirken.
Du würdest hier indessen den Antonio,
Der uns so fremd geworden, dir auf's neue
Und deinen Freunden näher bringen; so
Gewährte das, was itzt unmöglich scheint,
Die gute Zeit vielleicht, die vieles gibt.
Prinzessinn.
Du willst dich in Genuß, o Freundinn, setzen,
Ich soll entbehren; heißt das billig seyn?
Leonore.
Entbehren wirst du nichts, als was du doch
In diesem Falle nicht genießen könntest.
Prinzessinn.
So ruhig soll ich einen Freund verbannen?
Leonore.
Erhalten, den du nur zum Schein verbannst.
Prinzessinn.
Mein Bruder wird ihn nicht mit Willen lassen.
Leonore.
Wenn er es sieht wie wir, so gibt er nach.
Prinzessinn.
Es ist so schwer, im Freunde sich verdammen.
Leonore.
Und dennoch rettest du den Freund in dir.
Prinzessinn.
Ich gebe nicht mein Ja, daß es geschehe.
Leonore.
So warte noch ein größres Übel ab.
Prinzessinn.
Du peinigst mich, und weißt nicht ob du nützest.
Leonore.
Wir werden bald entdecken, wer sich irrt.
Prinzessinn.
Und soll es seyn, so frage mich nicht länger.
Leonore.
Wer sich entschließen kann, besiegt den Schmerz.
Prinzessinn.
Entschlossen bin ich nicht, allein es sey,
Wenn er sich nicht auf lange Zeit entfernt -
Und laß uns für ihn sorgen, Leonore,
Daß er nicht etwa künftig Mangel leide,
Daß ihm der Herzog seinen Unterhalt
Auch in der Ferne willig reichen lasse.
Sprich mit Antonio, denn er vermag
Bey meinem Bruder viel, und wird den Streit
Nicht unserm Freund und uns gedenken wollen.
Leonore.
Ein Wort von dir, Prinzessinn, gälte mehr.
Prinzessinn.
Ich kann, du weißt es, meine Freundinn, nicht
Wie's meine Schwester von Urbino kann,
Für mich und für die Meinen was erbitten.
Ich lebe gern so stille vor mich hin,
Und nehme von dem Bruder dankbar an,