Laßt mich mein Glück im tiefen Hain verbergen,
Wie ich sonst meine Schmerzen dort verbarg.
Dort will ich einsam wandeln, dort erinnert
Kein Auge mich an's unverdiente Glück.
Und zeigt mir ungefähr ein klarer Brunnen
In seinem reinen Spiegel einen Mann,
Der wunderbar bekränzt im Wiederschein
Des Himmels zwischen Bäumen, zwischen Felsen
Nachdenkend ruht: so scheint es mir, ich sehe
Elysium auf dieser Zauberfläche
Gebildet. Still bedenk' ich mich und frage,
Wer mag der Abgeschiedne seyn? Der Jüngling
Aus der vergangnen Zeit? So schön bekränzt?
Wer sagt mir seinen Nahmen? Sein Verdienst?
Ich warte lang' und denke: käme doch
Ein andrer und noch einer, sich zu ihm
In freundlichem Gespräche zu gesellen!
O säh' ich die Heroen, die Poeten
Der alten Zeit um diesen Quell versammelt!
O säh' ich hier sie immer unzertrennlich,
Wie sie im Leben fest verbunden waren!
So bindet der Magnet durch seine Kraft
Das Eisen mit dem Eisen fest zusammen,
Wie gleiches Streben Held und Dichter bindet.
Homer vergaß sich selbst, sein ganzes Leben
War der Betrachtung zweyer Männer heilig,
Und Alexander in Elysium
Eilt den Achill und den Homer zu suchen.
O daß ich gegenwärtig wäre, sie
Die größten Seelen nun vereint zu sehen!
Leonore.
Erwach! Erwache! Laß uns nicht empfinden
Daß du das Gegenwärtge ganz verkennst.
Tasso.
Es ist die Gegenwart die mich erhöht,
Abwesend schein' ich nur, ich bin entzückt.
Prinzessinn.
Ich freue mich, wenn du mit Geistern redest,
Daß du so menschlich sprichst und hör' es gern.
Ein Page tritt zu dem Fürsten und richtet leise etwas aus.
Alphons.
Er ist gekommen! recht zur guten Stunde.
Antonio! — Bring ihn her — Da kommt er schon!
Vierter Auftritt
Die Vorigen. Antonio.
Alphons.
Willkommen! der du uns zugleich dich selbst
Und gute Bothschaft bringst.
Prinzessinn.
Sey uns gegrüßt!
Antonio.
Kaum wag' ich es zu sagen welch Vergnügen
In eurer Gegenwart mich neu belebt.
Vor euren Augen find' ich alles wieder
Was ich so lang' entbehrt. Ihr scheint zufrieden
Mit dem was ich gethan, was ich vollbracht,
Und so bin ich belohnt für jede Sorge,
Für manchen bald mit Ungeduld durchharrten,
Bald absichtsvoll verlornen Tag. Wir haben
Nun was wir wünschen, und kein Streit ist mehr.
Leonore.
Auch ich begrüße dich, wenn ich schon zürne.
Du kommst nur eben da ich reisen muß.
Antonio.
Damit mein Glück nicht ganz vollkommen werde,
Nimmst du mir gleich den schönen Theil hinweg.
Tasso.
Auch meinen Gruß! Ich hoffe mich der Nähe
Des vielerfahrnen Mannes auch zu freun.
Antonio.
Du wirst mich wahrhaft finden, wenn du je
Aus deiner Welt in meine schauen magst.
Alphons.
Wenn du mir gleich in Briefen schon gemeldet
Was du gethan und wie es dir ergangen;
So hab' ich doch noch manches auszufragen
Durch welche Mittel das Geschäft gelang?
Auf jenem wunderbaren Boden will der Schritt
Wohl abgemessen seyn, wenn er zuletzt
An deinen eignen Zweck dich führen soll.
Wer seines Herren Vortheil rein bedenkt,
Der hat in Rom gar einen schweren Stand:
Denn Rom will Alles nehmen, geben Nichts;
Und kommt man hin um etwas zu erhalten,
Erhält man nichts, man bringe denn was hin,
Und glücklich, wenn man da noch 'was erhält.
Antonio.
Es ist nicht mein Betragen, meine Kunst,
Durch die ich deinen Willen, Herr, vollbracht.
Denn welcher Kluge fänd' im Vatican
Nicht seinen Meister? Vieles traf zusammen
Das ich zu unserm Vortheil nutzen konnte.
Dich ehrt Gregor und grüßt und segnet dich.
Der Greis, der würdigste dem eine Krone
Das Haupt belastet, denkt der Zeit mit Freuden,
Da er in seinen Arm dich schloß. Der Mann
Der Männer unterscheidet, kennt und rühmt
Dich hoch! Um deinetwillen that er viel.
Alphons.
Ich freue seiner guten Meinung mich,
So fern sie redlich ist. Doch weißt du wohl,
Vom Vatican herab sieht man die Reiche
Schon klein genug zu seinen Füßen liegen,
Geschweige denn die Fürsten und die Menschen.
Gestehe nur was dir am meisten half!
Antonio.
Gut! wenn du willst: der hohe Sinn des Pabsts.
Er sieht das Kleine klein, das Große groß.
Damit er einer Welt gebiete, gibt
Er seinen Nachbarn gern und freundlich nach.
Das Streifchen Land, das er dir überläßt,
Weiß er, wie deine Freundschaft, wohl zu schätzen.
Italien soll ruhig seyn, er will
In seiner Nähe Freunde sehen, Friede
Bey seinen Gränzen halten, daß die Macht
Der Christenheit, die er gewaltig lenkt,
Die Türken da, die Ketzer dort vertilge.
Prinzessinn.
Weiß man die Männer, die er mehr als andre
Begünstigt, die sich ihm vertraulich nahn?
Antonio.
Nur der erfahrne Mann besitzt sein Ohr,
Der thätige sein Zutraun, seine Gunst.
Er, der von Jugend auf dem Staat gedient,
Beherrscht ihn jetzt und wirkt auf jene Höfe,
Die er vor Jahren als Gesandter schon
Gesehen und gekannt und oft gelenkt.
Es liegt die Welt so klar vor seinem Blick
Als wie der Vortheil seines eignen Staats.
Wenn man ihn handeln sieht, so lobt man ihn
Und freut sich, wenn die Zeit entdeckt was er
Im Stillen lang bereitet und vollbracht.
Es ist kein schönrer Anblick in der Welt
Als einen Fürsten sehn der klug regiert;
Das Reich zu sehn, wo jeder stolz gehorcht,
Wo jeder sich nur selbst zu dienen glaubt
Weil ihm das Rechte nur befohlen wird.
Leonore.
Wie sehnlich wünscht' ich jene Welt einmal
Recht nah zu sehn!
Alphons. Doch wohl um mit zu wirken
Denn bloß beschaun wird Leonore nie.
Es wäre doch recht artig, meine Freundinn,
Wenn in das große Spiel wir auch zuweilen
Die zarten Hände mischen könnten — Nicht?
Leonore zu Alphons.
Du willst mich reitzen, es gelingt dir nicht.
Alphons.
Ich bin dir viel von andern Tagen schuldig.
Leonore.
Nun gut, so bleib' ich heut in deiner Schuld!
Verzeih' und störe meine Fragen nicht.
Zu Antonio.
Hat er für die Nipoten viel gethan?
Antonio.
Nicht weniger noch mehr als billig ist.
Ein Mächtiger, der für die Seinen nicht
Zu sorgen weiß, wird von dem Volke selbst
Getadelt. Still und mäßig weiß Gregor
Den Seinigen zu nutzen, die dem Staat