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Und mich und diesen schönen Ort nicht kenne.

Doch diesen kenn' ich wohl — Gehorchen will ich,

Ob ich gleich hier noch manches sagen könnte,

Und sagen sollte. Mir verstummt die Lippe.

War's ein Verbrechen? Wenigstens es scheint,

Ich bin als ein Verbrecher angesehn.

Und, was mein Herz auch sagt, ich bin gefangen.

Alphons.

Du nimmst es höher, Tasso, als ich selbst.

Tasso.

Mir bleibt es unbegreiflich wie es ist;

Zwar unbegreiflich nicht, ich bin kein Kind;

Ich meine fast, ich müßt' es denken können.

Auf einmal winkt mich eine Klarheit an,

Doch augenblicklich schließt sich's wieder zu,

Ich höre nur mein Urtheil, beuge mich.

Das sind zu viel vergebne Worte schon!

Gewöhne dich von nun an zu gehorchen;

Ohnmächt'ger! du vergaßest wo du standst;

Der Götter Saal schien dir auf gleicher Erde,

Nun überwältigt dich der jähe Fall,

Gehorche gern, denn es geziemt dem Manne,

Auch willig das Beschwerliche zu thun.

Hier nimm den Degen erst, den du mir gabst,

Als ich dem Cardinal nach Frankreich folgte,

Ich führe ihn nicht mit Ruhm, doch nicht mit Schande,

Auch heute nicht. Der hoffnungsvollen Gabe

Entäußr' ich mich mit tief gerührtem Herzen.

Alphons.

Wie ich zu dir gesinnt bin fühlst du nicht.

Tasso.

Gehorchen ist mein Loos und nicht zu denken!

Und leider eines herrlichern Geschenks

Verläugnung fordert das Geschick von mir.

Die Krone kleidet den Gefangnen nicht:

Ich nehme selbst von meinem Haupt die Zierde,

Die für die Ewigkeit gegönnt mir schien.

Zu früh war mir das schönste Glück verliehen,

Und wird, als hätt' ich sein mich überhoben,

Mir nur zu bald geraubt.

Du nimmst dir selbst, was keiner nehmen konnte

Und was kein Gott zum zweytenmale gibt.

Wir Menschen werden wunderbar geprüft;

Wir könnten's nicht ertragen, hätt' uns nicht

Den holden Leichtsinn die Natur verliehn.

Mit unschätzbaren Gütern lehret uns

Verschwenderisch die Noth gelassen spielen:

Wir öffnen willig unsre Hände, daß

Unwiederbringlich uns ein Gut entschlüpfe:

Mit diesem Kuß vereint sich eine Thräne,

Und weiht dich der Vergänglichkeit! es ist

Erlaubt das holde Zeichen unsrer Schwäche!

Wer weinte nicht, wenn das Unsterbliche

Vor der Zerstörung selbst nicht sicher ist?

Geselle dich zu diesem Degen, der

Dich leider nicht erwarb, um ihn geschlungen

Ruhe, wie auf dem Sarg der Tapfern, auf

Dem Grabe meines Glücks und meiner Hoffnung!

Hier leg' ich beyde willig dir zu Füßen;

Denn wer ist wohl gewaffnet, wenn du zürnst?

Und wer geschmückt, o Herr, den du verkennst?

Gefangen geh' ich, warte des Gerichts.

Auf des Fürsten Wink, hebt ein Page den Degen mit dem Kranze auf und trägt ihn weg.

Fünfter Auftritt

Alphons. Antonio.

Antonio.

Wo schwärmt der Knabe hin? Mit welchen Farben

Mahlt er sich seinen Werth und sein Geschick?

Beschränkt und unerfahren hält die Jugend

Sich für ein einzig auserwähltes Wesen,

Und alles über alle sich erlaubt.

Er fühle sich gestraft, und strafen heißt

Dem Jüngling wohlthun, daß der Mann uns danke.

Alphons.

Er ist gestraft, ich fürchte, nur zu viel.

Antonio.

Wenn du gelind mit ihm verfahren magst,

So gib, o Fürst, ihm seine Freyheit wieder,

Und unsern Zwist entscheide dann das Schwert.

Alphons.

Wenn es die Meinung fordert, mag es seyn.

Doch sprich, wie hast du seinen Zorn gereitzt?

Antonio.

Ich wüßte kaum zu sagen, wie's geschah.

Als Menschen hab' ich ihn vielleicht gekränkt,

Als Edelmann hab' ich ihn nicht beleidigt.

Und seinen Lippen ist im größten Zorne

Kein sittenloses Wort entflohn.

Alphons. So schien

Mir euer Streit, und was ich gleich gedacht,

Bekräftigt deine Rede mir noch mehr.

Wenn Männer sich entzweyen, hält man billig

Den Klügsten für den Schuldigen. Du solltest

Mit ihm nicht zürnen; ihn zu leiten stünde

Dir besser an. Noch immer ist es Zeit:

Hier ist kein Fall, der euch zu streiten zwänge.

So lang' mir Friede bleibt, so lange wünsch' ich

In meinem Haus ihn zu genießen. Stelle

Die Ruhe wieder her, du kannst es leicht.

Lenore Sanvitale mag ihn erst

Mit zarter Lippe zu besänft'gen suchen:

Dann tritt zu ihm, gib ihm in meinem Namen

Die volle Freyheit wieder, und gewinne

Mit edeln, wahren Worten sein Vertraun.

Verrichte das, so bald du immer kannst;

Du wirst als Freund und Vater mit ihm sprechen.

Noch eh' wir scheiden, will ich Friede wissen,

Und dir ist nichts unmöglich, wenn du willst.

Wir bleiben lieber eine Stunde länger,

Und lassen dann die Frauen sanft vollenden,

Was du begannst; und kehren wir zurück,

So haben sie von diesem raschen Eindruck

Die letzte Spur vertilgt. Es scheint, Antonio,

Du willst nicht aus der Übung kommen! Du

Hast Ein Geschäft kaum erst vollendet, nun

Kehrst du zurück und schaffst dir gleich ein neues.

Ich hoffe, daß auch dieses dir gelingt.

Antonio.

Ich bin beschämt, und seh' in deinen Worten,

Wie in dem klarsten Spiegel, meine Schuld!

Gar leicht gehorcht man einem edlen Herrn,

Der überzeugt, indem er uns gebiethet.

Dritter Aufzug

Erster Auftritt

Prinzessinn allein.

Wo bleibt Eleonore? Schmerzlicher

Bewegt mir jeden Augenblick die Sorge

Das tiefste Herz. Kaum weiß ich was geschah,

Kaum weiß ich wer von beyden schuldig ist.

O daß sie käme! Möcht' ich doch nicht gern

Den Bruder nicht, Antonio nicht sprechen,

Eh' ich gefaßter bin, eh' ich vernommen,

Wie alles steht und was es werden kann.

Zweiter Auftritt

Prinzessinn. Leonore.

Prinzessinn.

Was bringst du, Leonore? sag mir an:

Wie steht's um unsre Freunde? Was geschah?

Leonore.

Mehr als wir wissen hab' ich nicht erfahren.

Sie trafen hart zusammen, Tasso zog,

Dein Bruder trennte sie: allein es scheint,

Als habe Tasso diesen Streit begonnen.

Antonio geht frey umher und spricht

Mit seinem Fürsten, Tasso bleibt dagegen

Verbannt in seinem Zimmer und allein.

Prinzessinn.

Gewiß hat ihn Antonio gereitzt,

Den Hochgestimmten kalt und fremd beleidigt.

Leonore.

Ich glaub' es selbst. Denn eine Wolke stand,

Schon als er zu uns trat, um seine Stirn.

Prinzessinn.

Ach daß wir doch dem reinen stillen Wink

Des Herzens nachzugehn so sehr verlernen!

Ganz leise spricht ein Gott in unsrer Brust,

Ganz leise, ganz vernehmlich, zeigt uns an,

Was zu ergreifen ist und was zu fliehn.

Antonio erschien mir heute früh

Viel schroffer noch als je, in sich gezogner.

Es warnte mich mein Geist, als neben ihn

Sich Tasso stellte. Sieh das Äußre nur

Von beyden an, das Angesicht, den Ton,

Den Blick, den Tritt! es widerstrebt sich alles,

Sie können ewig keine Liebe wechseln.

Doch überredete die Hoffnung mich,

Die Gleisnerinn, sie sind vernünftig beyde,

Sind edel, unterrichtet, deine Freunde;

Und welch ein Band ist sichrer als der Guten?

Ich trieb den Jüngling an; er gab sich ganz;

Wie schön, wie warm ergab er ganz sich mir!

O hätt' ich gleich Antonio gesprochen!

Ich zauderte; es war nur kurze Zeit;

Ich scheute mich, gleich mit den ersten Worten

Und dringend ihm den Jüngling zu empfehlen,

Verließ auf Sitte mich und Höflichkeit,

Auf den Gebrauch der Welt, der sich so glatt

Selbst zwischen Feinde legt; befürchtete

Von dem geprüften Manne diese Jähe

Der raschen Jugend nicht. Es ist geschehn.

Das Übel stand mir fern, nun ist es da.

O gib mir einen Rath! was ist zu thun?

Leonore.

Wie schwer zu rathen sey, das fühlst du selbst

Nach dem was du gesagt. Es ist nicht hier

Ein Mißverständniß zwischen Gleichgestimmten;

Das stellen Worte, ja im Nothfall stellen

Es Waffen leicht und glücklich wieder her.

Zwey Männer sind's, ich hab' es lang gefühlt,

Die darum Feinde sind, weil die Natur

Nicht Einen Mann aus ihnen beyden formte.

Und wären sie zu ihrem Vortheil klug,

So würden sie als Freunde sich verbinden;

Dann stünden sie für Einen Mann, und gingen

Mit Macht und Glück und Lust durch's Leben hin.