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Vielleicht wirst du erkennen, welche Liebe

Dich überall umgab, und welchen Werth

Die Treue wahrer Freunde hat, und wie

Die weite Welt die Nächsten nicht ersetzt.

Tasso.

Das werden wir erfahren! Kenn' ich doch

Die Welt von Jugend auf, wie sie so leicht

Uns hülflos, einsam läßt, und ihren Weg

Wie Sonn' und Mond und andre Götter geht.

Leonore.

Vernimmst du mich, mein Freund, so sollst du nie

Die traurige Erfahrung wiederhohlen.

Soll ich dir rathen, so begibst du dich

Erst nach Florenz, und eine Freundinn wird

Gar freundlich für dich sorgen. Sey getrost,

Ich bin es selbst. Ich reise, den Gemahl

Die nächsten Tage dort zu finden, kann

Nichts freudiger für ihn und mich bereiten,

Als wenn ich dich in unsre Mitte bringe.

Ich sage dir kein Wort, du weißt es selbst,

Welch einem Fürsten du dich nahen wirst,

Und welche Männer diese schöne Stadt

In ihrem Busen hegt, und welche Frauen.

Du schweigst? Bedenk' es wohl! Entschließe dich.

Tasso.

Gar reitzend ist, was du mir sagst, so ganz

Dem Wunsch gemäß, den ich im Stillen nähre;

Allein es ist zu neu: ich bitte dich

Laß mich bedenken, ich beschließe bald.

Leonore.

Ich gehe mit der schönsten Hoffnung weg

Für dich und uns und auch für dieses Haus.

Bedenke nur, und wenn du recht bedenkst,

So wirst du schwerlich etwas bessers denken.

Tasso.

Noch eins, geliebte Freundinn! sage mir,

Wie ist die Fürstinn gegen mich gesinnt?

War sie erzürnt auf mich? Was sagte sie? -

Sie hat mich sehr getadelt? Rede frey.

Leonore.

Da sie dich kennt, hat sie dich leicht entschuldigt.

Tasso.

Hab' ich bey ihr verloren? schmeichle nicht.

Leonore.

Der Frauen Gunst wird nicht so leicht verscherzt.

Tasso.

Wird sie mich gern entlassen, wenn ich gehe?

Leonore.

Wenn es zu deinem Wohl gereicht, gewiß.

Tasso.

Werd' ich des Fürsten Gnade nicht verlieren?

Leonore.

In seiner Großmuth kannst du sicher ruhn.

Tasso.

Und lassen wir die Fürstinn ganz allein?

Du gehst hinweg; und wenn ich wenig bin,

So weiß ich doch, daß ich ihr etwas war.

Leonore.

Gar freundliche Gesellschaft leistet uns

Ein ferner Freund, wenn wir ihn glücklich wissen.

Und es gelingt, ich sehe dich beglückt,

Du wirst von hier nicht unzufrieden gehn.

Der Fürst befahl's, Antonio sucht dich auf.

Er tadelt selbst an sich die Bitterkeit,

Womit er dich verletzt. Ich bitte dich,

Nimm ihn gelassen auf, so wie er kommt.

Tasso.

Ich darf in jedem Sinne vor ihm stehn.

Leonore.

Und schenke mir der Himmel, lieber Freund,

Noch eh' du scheidest, dir das Aug' zu öffnen:

Daß niemand dich im ganzen Vaterlande

Verfolgt und haßt, und heimlich druckt und neckt!

Du irrst gewiß, und wie du sonst zur Freude

Von andern dichtest, leider dichtest du

In diesem Fall ein seltenes Gewebe,

Dich selbst zu kränken. Alles will ich thun,

Um es entzwey zu reißen, daß du frey

Den schönen Weg des Lebens wandeln mögest.

Leb' wohl! Ich hoffe bald ein glücklich Wort.

Dritter Auftritt

Tasso allein.

Ich soll erkennen, daß mich niemand haßt.

Daß niemand mich verfolgt, daß alle List

Und alles heimliche Gewebe sich

Allein in meinem Kopfe spinnt und webt!

Bekennen soll ich, daß ich unrecht habe,

Und manchem unrecht thue, der es nicht

Um mich verdient! Und das in einer Stunde,

Da vor dem Angesicht der Sonne klar

Mein volles Recht, wie ihre Tücke, liegt!

Ich soll es tief empfinden, wie der Fürst

Mit offner Brust mir seine Gunst gewährt,

Mit reichem Maß die Gaben mir ertheilt,

Im Augenblicke, da er, schwach genug,

Von meinen Feinden sich das Auge trüben

Und seine Hand gewiß auch fesseln läßt!

Daß er betrogen ist, kann er nicht sehen,

Daß sie Betrüger sind, kann ich nicht zeigen,

Und nur damit er ruhig sich betrüge,

Daß sie gemächlich ihn betrügen können,

Soll ich mich stille halten, weichen gar!

Und wer gibt mir den Rath? Wer dringt so klug

Mit treuer, lieber Meinung auf mich ein?

Lenore selbst, Lenore Sanvitale,

Die zarte Freundinn! Ha, dich kenn' ich nun!

O warum traut' ich ihrer Lippe je!

Sie war nicht redlich, wenn sie noch so sehr

Mir ihre Gunst, mir ihre Zärtlichkeit

Mit süßen Worten zeigte! Nein, sie war

Und bleibt ein listig Herz, sie wendet sich

Mit leisen klugen Tritten nach der Gunst.

Wie oft hab' ich mich willig selbst betrogen,

Auch über sie; und doch im Grunde hat

Mich nur — die Eitelkeit betrogen. Wohl!

Ich kannte sie, und schmeichelte mir selbst.

So ist sie gegen andre, sagt' ich mir,

Doch gegen dich ist's offne treue Meinung.

Nun seh' ich's wohl, und seh' es nur zu spät:

Ich war begünstigt, und sie schmiegte sich

So zart — an den Beglückten. Nun ich falle,

Sie wendet mir den Rücken wie das Glück.

Nun kommt sie als ein Werkzeug meines Feindes,

Sie schleicht heran und zischt mit glatter Zunge,

Die kleine Schlange, zauberische Töne.

Wie lieblich schien sie! Lieblicher als je!

Wie wohl that von der Lippe jedes Wort!

Doch konnte mir die Schmeicheley nicht lang'

Den falschen Sinn verbergen; an der Stirne

Schien ihr das Gegentheil zu klar geschrieben

Von allem was sie sprach. Ich fühl' es leicht,

Wenn man den Weg zu meinem Herzen sucht

Und es nicht herzlich meint. Ich soll hinweg?

Soll nach Florenz, sobald ich immer kann?

Und warum nach Florenz? Ich seh' es wohl.

Dort herrscht der Mediceer neues Haus,

Zwar nicht in offner Feindschaft mit Ferrara,

Doch hält der stille Neid mit kalter Hand,

Die edelsten Gemüther aus einander.

Empfang' ich dort von jenen edlen Fürsten

Erhabne Zeichen ihrer Gunst, wie ich

Gewiß erwarten dürfte, würde bald

Der Höfling meine Treu' und Dankbarkeit

Verdächtig machen. Leicht geläng' es ihm.

Ja, ich will weg, allein nicht wie ihr wollt;

Ich will hinweg, und weiter als ihr denkt.

Was soll ich hier? Wer hält mich hier zurück?

O ich verstund ein jedes Wort zu gut,

Das ich Lenoren von den Lippen lockte!

Von Sylb' zu Sylbe nur erhascht' ich's kaum,

Und weiß nun ganz wie die Prinzessinn denkt -

Ja, ja, auch das ist wahr, verzweifle nicht!

«Sie wird mich gern entlassen, wenn ich gehe,

Da es zu meinem Wohl gereicht. «O! fühlte

Sie eine Leidenschaft im Herzen, die mein Wohl

Und mich zu Grunde richtete! Willkommner

Ergriffe mich der Tod, als diese Hand,

Die kalt und starr mich von sich läßt. — Ich gehe! -

Nun hüte dich, und laß dich keinen Schein

Von Freundschaft oder Güte täuschen! Niemand

Betrügt dich nun, wenn du dich nicht betrügst.

Vierter Auftritt

Antonio. Tasso.

Antonio.

Hier bin ich, Tasso, dir ein Wort zu sagen,

Wenn du mich ruhig hören magst und kannst.

Tasso.

Das Handeln, weißt du, bleibt mir untersagt,

Es ziemt mir wohl zu warten und zu hören.

Antonio.

Ich treffe dich gelassen, wie ich wünschte,

Und spreche gern zu dir aus freyer Brust.

Zuvörderst lös' ich in des Fürsten Namen

Das schwache Band, das dich zu fesseln schien.

Tasso.

Die Willkür macht mich frey, wie sie mich band;

Ich nehm' es an und fordre kein Gericht.

Antonio.

Dann sag' ich dir von mir: Ich habe dich

Mit Worten, scheint es, tief und mehr gekränkt,

Als ich, von mancher Leidenschaft bewegt,

Es selbst empfand. Allein kein schimpflich Wort

Ist meinen Lippen unbedacht entflohen;

Zu rächen hast du nichts als Edelmann,

Und wirst als Mensch Vergebung nicht versagen.

Tasso.

Was härter treffe, Kränkung oder Schimpf,

Will ich nicht untersuchen; jene dringt

In's tiefe Mark, und dieser reitzt die Haut.

Der Pfeil des Schimpfs kehrt auf den Mann zurück,

Der zu verwunden glaubt, die Meinung andrer

Befriedigt leicht das wohl geführte Schwert -

Doch ein gekränktes Herz erhohlt sich schwer.

Antonio.

Jetzt ist's an mir, daß ich dir dringend sage:

Tritt nicht zurück, erfülle meinen Wunsch,

Den Wunsch des Fürsten, der mich zu dir sendet.

Tasso.