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Du hast es untersuchen lassen, untersucht,

Und hast du was gefunden? Kaum den Schein.

Der Schutz von keinem Fürsten macht ihn sicher,

Der Busen keines Freundes kann ihn laben.

Und willst du einem solchen Ruh' und Glück,

Willst du von ihm wohl Freude dir versprechen?

Alphons.

Du hättest Recht, Antonio, wenn in ihm

Ich meinen nächsten Vortheil suchen wollte!

Zwar ist es schon mein Vortheil, daß ich nicht

Den Nutzen g'rad' und unbedingt erwarte.

Nicht alles dienet uns auf gleiche Weise;

Wer vieles brauchen will, gebrauche jedes

In seiner Art, so ist er wohl bedient.

Das haben uns die Medicis gelehrt,

Das haben uns die Päbste selbst gewiesen.

Mit welcher Nachsicht, welcher fürstlichen

Geduld und Langmuth trugen diese Männer

Manch groß Talent, das ihrer reichen Gnade

Nicht zu bedürfen schien und doch bedurfte!

Antonio.

Wer weiß es nicht, mein Fürst? Des Lebens Mühe

Lehrt uns allein des Lebens Güter schätzen.

So jung hat er zu vieles schon erreicht,

Als daß genügsam er genießen könnte.

O sollt' er erst erwerben, was ihm nun

Mit offnen Händen angebothen wird;

Er strengte seine Kräfte männlich an,

Und fühlte sich von Schritt zu Schritt begnügt.

Ein armer Edelmann hat schon das Ziel

Von seinem besten Wunsch erreicht, wenn ihn

Ein edler Fürst zu seinem Hofgenossen

Erwählen will, und ihn der Dürftigkeit

Mit milder Hand entzieht. Schenkt er ihm noch

Vertraun und Gunst', und will an seine Seite

Vor andern ihn erheben, sey's im Krieg,

Sey's in Geschäften oder im Gespräch;

So dächt' ich, könnte der bescheidne Mann

Sein Glück mit stiller Dankbarkeit verehren.

Und Tasso hat zu allem diesem noch

Das schönste Glück des Jünglings: daß ihn schon

Sein Vaterland erkennt und auf ihn hofft.

O glaube mir, sein launisch Mißbehagen

Ruht auf dem breiten Polster seines Glücks.

Er kommt, entlaß ihn gnädig, gib ihm Zeit,

In Rom und in Neapel, wo er will,

Das aufzusuchen, was er hier vermißt,

Und was er hier nur wiederfinden kann.

Alphons.

Will er zurück erst nach Ferrara gehn?

Antonio.

Er wünscht in Belriguardo zu verweilen.

Das nöthigste, was er zur Reise braucht,

Will er durch einen Freund sich senden lassen.

Alphons.

Ich bin's zufrieden. Meine Schwester geht

Mit ihrer Freundinn gleich zurück, und reitend

Werd' ich vor ihnen noch zu Hause seyn.

Du folgst uns bald, wenn du für ihn gesorgt.

Dem Castellan befiehl das Nöthige,

Daß er hier auf dem Schlosse bleiben kann,

So lang' er will, so lang' bis seine Freunde

Ihm das Gepäck gesendet, bis wir ihm

Die Briefe schicken, die ich ihm nach Rom

Zu geben Willens bin. Er kommt! Leb' wohl!

Zweiter Auftritt

Alphons. Tasso.

Tasso mit Zurückhaltung.

Die Gnade, die du mir so oft bewiesen,

Erscheinet heute mir in vollem Licht.

Du hast verziehen, was in deiner Nähe

Ich unbedacht und frevelhaft beging,

Du hast den Widersacher mir versöhnt,

Du willst erlauben, daß ich eine Zeit

Von deiner Seite mich entferne, willst

Mir deine Gunst großmüthig vorbehalten.

Ich scheide nun mit völligem Vertraun,

Und hoffe still, mich soll die kleine Frist

Von allem heilen, was mich jetzt beklemmt.

Es soll mein Geist auf's neue sich erheben,

Und auf dem Wege, den ich froh und kühn,

Durch deinen Blick ermuntert, erst betrat,

Sich deiner Gunst auf's neue würdig machen.

Alphons.

Ich wünsche dir zu deiner Reise Glück,

Und hoffe, daß du froh und ganz geheilt

Uns wieder kommen wirst. Du bringst uns dann

Den doppelten Gewinst für jede Stunde,

Die du uns nun entziehst, vergnügt zurück.

Ich gebe Briefe dir an meine Leute,

An Freunde dir nach Rom, und wünsche sehr,

Daß du dich zu den Meinen überall

Zutraulich halten mögest, wie ich dich

Als mein, obgleich entfernt, gewiß betrachte.

Tasso.

Du überhäufst, o Fürst, mit Gnade den,

Der sich unwürdig fühlt, und selbst zu danken

In diesem Augenblicke nicht vermag.

Anstatt des Danks eröffn' ich eine Bitte!

Am meisten liegt mir mein Gedicht am Herzen.

Ich habe viel gethan und keine Mühe

Und keinen Fleiß gespart, allein es bleibt

Zu viel mir noch zurück. Ich möchte dort,

Wo noch der Geist der großen Männer schwebt,

Und wirksam schwebt, dort möcht' ich in die Schule

Auf's neue mich begeben; würdiger

Erfreute deines Beyfalls sich mein Lied.

O gib die Blätter mir zurück, die ich

Jetzt nur beschämt in deinen Händen weiß.

Alphons.

Du wirst mir nicht an diesem Tage nehmen,

Was du mir kaum an diesem Tag gebracht?

Laß zwischen dich und zwischen dein Gedicht

Mich als Vermittler treten; hüte dich

Durch strengen Fleiß die liebliche Natur

Zu kränken, die in deinen Reimen lebt,

Und höre nicht auf Rath von allen Seiten!

Die tausendfältigen Gedanken vieler

Verschiedner Menschen, die im Leben sich

Und in der Meinung widersprechen, faßt

Der Dichter klug in Eins, und scheut sich nicht

Gar manchem zu mißfallen, daß er manchem

Um desto mehr gefallen möge. Doch

Ich sage nicht, daß du nicht hie und da

Bescheiden deine Feile brauchen solltest;

Verspreche dir zugleich, in kurzer Zeit

Erhältst du abgeschrieben dein Gedicht.

Es bleibt von deiner Hand in meinen Händen,

Damit ich seiner erst mit meinen Schwestern

Mich recht erfreuen möge. Bringst du es

Vollkommner dann zurück; wir werden uns

Des höheren Genusses freun, und dich

Bey mancher Stelle nur als Freunde warnen.

Tasso.

Ich wiederhohle nur beschämt die Bitte:

Laß mich die Abschrift eilig haben, ganz

Ruht mein Gemüth auf diesem Werke nun.

Nun muß es werden was es werden kann.

Alphons.

Ich billige den Trieb der dich beseelt!

Doch, guter Tasso, wenn es möglich wäre,

So solltest du erst eine kurze Zeit

Der freyen Welt genießen, dich zerstreuen,

Dein Blut durch eine Cur verbessern. Dir

Gewährte dann die schöne Harmonie

Der hergestellten Sinne, was du nun

Im trüben Eifer nur vergebens suchst.

Tasso.

Mein Fürst, so scheint es; doch, ich bin gesund,

Wenn ich mich meinem Fleiß ergeben kann,

Und so macht wieder mich der Fleiß gesund.

Du hast mich lang' gesehn, mir ist nicht wohl

In freyer Üppigkeit. Mir läßt die Ruh'

Am mind'sten Ruhe. Dieß Gemüth ist nicht

Von der Natur bestimmt, ich fühl' es leider,

Auf weichem Element der Tage froh

In's weite Meer der Zeiten hinzuschwimmen.

Alphons.

Dich führet alles, was du sinnst und treibst,

Tief in dich selbst. Es liegt um uns herum

Gar mancher Abgrund, den das Schicksal grub;

Doch hier in unserm Herzen ist der tiefste,

Und reitzend ist es sich hinab zu stürzen.

Ich bitte dich, entreiße dich dir selbst!

Der Mensch gewinnt, was der Poet verliert.

Tasso.

Ich halte diesen Drang vergebens auf,

Der Tag und Nacht in meinem Busen wechselt.

Wenn ich nicht sinnen oder dichten soll,

So ist das Leben mir kein Leben mehr.

Verbiethe du dem Seidenwurm zu spinnen,

Wenn er sich schon dem Tode näher spinnt.

Das köstliche Geweb' entwickelt er

Aus seinem Innersten, und läßt nicht ab,

Bis er in seinen Sarg sich eingeschlossen.

O geb' ein guter Gott uns auch dereinst

Das Schicksal des beneidenswerthen Wurms,

Im neuen Sonnenthal die Flügel rasch

Und freudig zu entfalten!

Alphons. Höre mich!

Du gibst so vielen doppelten Genuß

Des Lebens, lern', ich bitte dich,

Den Werth des Lebens kennen, das du noch

Und zehnfach reich besitzest. Lebe wohl!

Je eher du zu uns zurücke kehrst,

Je schöner wirst du uns willkommen seyn.

Dritter Auftritt

Tasso allein.

So halte fest, mein Herz, so war es recht!

Es wird dir schwer, es ist das erstemal,

Daß du dich so verstellen magst und kannst.

Du hörtest wohl, das war nicht sein Gemüth,

Das waren seine Worte nicht; mir schien,

Als klänge nur Antonio's Stimme wieder.

O gib nur Acht! Du wirst sie nun so fort

Von allen Seiten hören. Fest, nur fest!

Um einen Augenblick ist's noch zu thun.

Wer spät im Leben sich verstellen lernt,