-Verzeiht, Gebieter, meiner blinden Wuth!
Die Liebe ist's zu Eurem Sohn, die Angst,
Die treue Sorge, die mich hingerissen.
So lieb Euch Eures Sohnes Heil, so komme
Der Name Kalaf nie aus Eurem Munde!
-Ich nenne mich hier Hassan. nicht mehr Barak-
-Ach, weh mir! Wenn uns Jemand hier behorchte!-
Sagt, ob Elmaze, meine Koenigin,
Sich auch mit Euch in dieser Stadt befindet?
Timur. Still, Barak-still! O, sprich mir nicht von ihr!
In unserm traur'gen Aufenthalt zu Berlas
Verzehrte sie der Gram um unsern Sohn,
-Sie starb in diesen lebensmueden Armen.
Barak. O die Bejammernswuerdige!
Timur. Ich floh!
Ich konnt' es, einsam, dort nicht mehr ertragen.
Des Sohnes Spuren folgend, frag' ich mich
Von Land zu Land, von einer Stadt zur andern.
Und jetzt, da mich nach langem Irren endlich
Der Goetter Hand hieher geleitet, ist
Mein erster Anblick der gefangne Sohn,
Den man zum Tode fuehrt.
Barak. Kommt, kommt, mein Koenig!
Befuerchtet nichts fuer Euren Sohn! Vielleicht
Dass ihn, eh noch der naechste Tag verlaufen,
Das hoechste Glueck belohnt und Euch mit ihm!
Nur, dass sein Name nicht, noch auch der Eure
Von Euern Lippen komme-Merkt Euch das!
Ich nenne mich hier Hassan, nicht mehr Barak.
Timur. Was fuer Geheimnisse-Erklaer' mir doch!
Barak. Kommt! Hier ist nicht der Ort, davon zu reden!
Folgt mir nach meiner Wohnung-Doch, was seh' ich?
(Skirina tritt aus dem Palast.)
Mein Weib aus dem Serail! O wehe mir!
Wir sind entdeckt! (Zu Skirina heftig.) Was hast du hier zu suchen?
Unglueckliche! Wo kommst du her?
Sechster Auftritt.
Skirina zu den Vorigen.
Skirina. Nun! Nun!
Aus dem Serail komm' ich, von meiner Tochter.
Die Freude trieb mich hin, dass unser Gast,
Der fremde Prinz, den Sieg davon getragen.
Die Neugier auch-Nun ja-Ich wollte sehn,
Wie dieser maennerscheuen Unholdin
Der Brautstand laesst-und freute mich darueber
Mit meiner Tochter Zelima.
Barak. Dacht' ich's doch!
Weib! Weib! Du weisst nicht Alles, und geschwaetzig
Wie eine Elster laeufst du ins Serail;
Ich suchte dich, es dir zu untersagen.
Umsonst! Zu spaet! Des Weibes Unverstand
Rennt immer vor des Mannes weisem Rath
Voraus-Was ist nicht alles dort getratscht,
Geplaudert worden! Nur heraus! Mir ist,
Ich hoere dich in deiner albernen
Entzueckung sagen: Dieser Unbekannte
Ist unser Gast; er wohnt bei uns; mein Mann
Kennt ihn und haelt ihn hoch in Ehren-Sprich,
Hast du's gesagt?
Skirina. Und wenn ich nun? Was waer's?
Barak. Nein, nein, gesteh es nur! Hast du's gesagt?
Skirina. Ich hab's gesagt. Warum sollt' ich's verbergen?
Sie wollten auch den Namen von mir wissen,
Und-dass ich's nur gestehe, ich versprach's.
Barak. Weh mir! Wir sind verloren!-Rasende!-
(Zu Timur sich wendend.)
Wir muessen fort! Wir muessen fliehn!
Timur. So sag' mir doch, was fuer Geheimnisse-
Barak. Fort! Fort aus Peckin! Keine Zeit verloren!
(Truffaldin zeigt sich im Hintergrund mit seinen Schwarzen.)
-Weh uns! Es ist zu spaet. Sie kommen schon!
Sie suchen mich, die Schwarzen, die Verschnittnen
Der fuerchterlichen Turandot-Sinnlose!
In welchen Jammer stuerzt uns deine Zunge!
(Truffaldin hat ihn bemerkt und bedeutet den Verschnittenen
durch Geberden, dass sie sich seiner bemaechtigen sollen.)
Ich kann nicht mehr entfliehen-Fliehe du,
Verbirg dich, rette dich und diesen Alten!
Timur. So sag' mir doch!
Barak. Fort! Keine Widerrede!
Ich bin entdeckt!-Verschlossen wie das Grab
Sei Euer Mund! Nie komme Euer Name,
Nie, nie der seine ueber Eure Lippen!
-Und du, Unglueckliche, wenn du das Uebel,
Das deine Zunge ueber uns gebracht,
Gut machen willst, verbirg dich, nicht in deiner,
In einer fremden Wohnung! Halte diesen
Verborgen, bis der naechste Tag zur Haelfte
Verstrichen ist-
Skirina. Willst du mir denn nicht sagen?
Timur. Willst du nicht mit uns fliehn?
Barak. Thut, was ich sage!
Werde mit mir, was will, wenn Ihr Euch rettet.
Skirina. Sprich, Hassan! Worin hab' ich denn gefehlt?
Timur. Erklaer' mir diese Raethsel.
Barak (heftig). Welche Marter!
Um aller Goetter willen, fort, und fragt
Nicht weiter! Sie umringen uns; es ist
Zu spaet, und alle Flucht ist jetzt vergebens.
-Die Namen, alter Mann, die Namen nur
Verschweigt, und Alles kann noch gluecklich enden!
Siebenter Auftritt.
Vorige. Truffaldin mit den Verschnittenen.
Truffaldin (ist nach und nach naeher gekommen, hat die Ausgaenge
besetzt und tritt nun hervor, mit uebertriebenen Geberden dem
Barak den Degen auf die Brust haltend).
Halt an und steht! Nicht von der Stelle! Nicht
Gemuckst! Der ist des Todes, der sich ruehrt.
Skirina. O wehe mir!
Barak. Ich weiss, Ihr sucht den Hassan.
Hier bin ich, fuehrt mich fort.
Truffaldin. Bst! Keinen Laermen!
's ist gut gemeint. Es soll Euch eine ganz
Absonderliche Gnad' und Ehr' geschehn.
Barak. Ja, ins Serail wollt Ihr mich fuehren, kommt!
Truffaldin. Gemach! Gemach! Ei, seht doch, welche Gunst
Euch widerfaehrt! Ins Harem! ins Serail
Der Koenigin-Ihr glueckliche Person!
's kommt keine Fliege ins Serail, sie wird
Erst wohl besichtigt und beschaut, ob sie
Ein Maennchen oder Weib, und ist's ein Maennchen,
Wird's ohne Gnad' gekreuzigt und gepfaehlt.
-Wer ist der Alte da?
Barak. Ein armer Bettler,
Den ich nicht kenne-Kommt und lasst uns gehn.
Truffaldin (betrachtet den Timur mit laecherlicher Genauigkeit).
Gemach! Gemach! Ein armer Bettler! Ei!
-Wir haben uns grossmuethig vorgesetzt,
Auch dieses armen Bettlers Glueck zu machen.
(Bemerkt und betrachtet die Skirina.)
-Wer ist die Weibsperson?
Barak. Was zoegerst du?
Ich weiss, dass deine Koenigin mich erwartet.
Lass diesen Greis! Das Weibsbild kenn' ich nicht,
Hab's nie gesehn und weiss nicht, wer sie ist.
Truffaldin (zornig). Du kennst sie nicht? Du hast sie nie gesehn?
Verdammte Luege! Was! Kenn' ich sie nicht