Entwaffnen kann, lasst Euch die Scham besiegen.
Ehrt Eures eignen greisen Vaters Haupt
In diesem Greis-O, schaendet Euch nicht selbst
Durch eine That, die Euer Blut entehrte!
Genug dass Ihr die Juenglinge gemordet,
Schonet das Alter, das ohnmaechtige,
Das auch die Goetter zum Erbarmen zwingt!
Zelima (wirft sich zu ihren Fuessen).
Ihr seid bewegt, Ihr koennt nicht widerstehn.
O, gebt dem Mitleid und der Gnade Raum,
Lasst Euch die Groesse dieses Jammers ruehren!
Zweiter Auftritt.
Adelma zu den Vorigen.
Turandot (ihr entgegen).
Kommst du, Adelma? Hilf mir! O, schaff' Rath!
Ich bin entwaffnet-Ich bin ausser mir!
Dies ist sein Vater, ein Monarch und Koenig!
Adelma. Ich hoerte Alles. Fort mit diesen Beiden,
Schafft dieses Gold hinweg, der Kaiser naht!
Turandot. Mein Vater? Wie?
Adelma. Ist auf dem Weg hieher. (Zu den Schwarzen)
Fort, eh wir ueberfallen werden! Sklaven,
Fuehrt diese Beiden in die untersten
Gewoelbe des Serails, dort haltet sie
Verborgen bis auf weitere Befehle! (Zu Turandot)
Es ist umsonst. Wir muessen der Gewalt
Entsagen. Nichts kann retten, als die List.
-Ich habe einen Anschlag-Skirina,
Ihr bleibt zurueck. Auch Zelima soll bleiben.
Barak (zu Timur). Weh uns, mein Fuerst! Die Goetter moegen wissen,
Welch neues Schreckniss ansgebruetet wird!
-Weib! Tochter! Seid getreu, o, haltet fest,
Lasst euch von diesen Schlangen nicht verfuehren!
Turandot (zu den Schwarzen).
Ihr wisset den Befehl. Fort, fort mit ihnen
In des Serails verborgenste Gewoelbe!
Timur. Fall' Eure ganze Rache auf mein Haupt!
Nur ihm, nur meinem Sohn erzeiget Mitleid!
Barak. Mitleid in dieser Furie! Verrathen
Ist Euer Sohn, und uns, ich seh' es klar,
Wird ew'ge Nacht dem Aug der Welt verbergen.
Man fuehrt uns aus dem Angesicht der Menschen,
Wohin kein Lichtstrahl und kein Auge dringt,
Und unser Schmerz kein fuehlend Ohr erreicht! (Zur Prinzessin.)
Die Welt kannst du, der Menschen Auge blenden,
Doch zittre vor der Goetter Rachgericht!
Magst du im Schlund der Erde sie verstecken,
Lass tausend Todtengruefte sie bedecken,
Sie bringen deine Uebelthat ans Licht.
(Er folgt mit Timur den Verschnittenen, welche zugleich die
Tafel und das Becken mit den Goldstuecken hinwegtragen.)
Dritter Auftritt.
Turandot. Adelma. Zelima und Skirina.
Turandot (zu Adelma). Auf dich verlass' ich mich, du einz'ge Freundin!
O, sage, sprich, wie du mich retten willst.
Adelma. Die Wachen, die auf Altoums Befehl
Des Prinzen Zimmer hueten, sind gewonnen.
Man kann zu ihm hineingehn, mit ihm sprechen-
Und was ist dann nicht moeglich, wenn wir klug
Die Furcht, die Ueberredung spielen lassen.
Denn arglos ist sein Herz und gibt sich leicht
Der Schmeichelstimme des Verraethers hin.
Wenn Skirina, wenn Zelima mir nur
Behilflich sind und ihre Rolle spielen,
So zweifelt nicht, mein Anschlag soll gelingen.
Turandot (zu Skirina). So lieb dir Hassans Leben, Skirina!
Er ist in meiner Macht, ich kann ihn toedten.
Skirina. Was Ihr befehlt, ich bin bereit zu Allem,
Wenn ich nur meines Hassans Leben rette.
Turandot (zu Zelima). So werth dir meine Gunst ist, Zelima.-
Zelima. Auf meinen Eifer zaehlt und meine Treue!
Adelma. So kommt. Kein Augenblick ist zu verlieren (Sie gehen ab.)
Turandot. Geht, geht! Thut, was sie sagt.
Vierter Auftritt.
Turandot allein.
Was sinnt Adelma?
Wird sie mich retten? Goetter, steht ihr bei!
Kann ich mich noch mit diesem Siege kroenen,
Wess Name wird dann groesser sein, als meiner?
Wer wird es wagen, sich in Geisteskraft
Mit Turandot zu messen?-Welche Lust,
Im Divan, vor der wartenden Versammlung,
Die Namen ihm ins Angesicht zu werfen
Und ihn beschaemt von meinem Thron zu weisen!
-Und doch ist mir's, als wuerd' es mich betrueben!
Mir ist, als saeh' ich ihn, verzweiflungsvoll,
Zu meinen Fuessen seinen Geist verhauchen,
Und dieser Anblick dringt mir in das Herz.
-Wie, Turandot? Wo ist der edle Stolz
Der grossen Seele? Hat's ihn auch gekraenkt,
Im Divan ueber dich zu triumphieren?
Was wird dein Antheil sein, wenn er auch hier
Den Sieg dir abgewinnt?-Recht hat Adelma!
Zu weit ist es gekommen! Umkehr ist
Nicht moeglich!-Du musst siegen oder fallen!
Besiegt von einem, ist besiegt von allen!
Fuenfter Auftritt.
Turandot. Altoum. Pantalon und Tartaglia folgen ihm in einiger
Entfernung nach.
Altoum (in einem Briefe lesend und in tiefen Gedanken, fuer sich).
So musste dieser blutige Tyrann
Von Tefflis enden! Kalaf, Timurs Sohn,
Aus seiner Vaeter Reich vertrieben, fluechtig
Von Land zu Lande schweifend, muss hieher
Nach Peckin kommen und durch seltsame
Verkettung der Geschicke gluecklich werden!
So fuehrt das Schicksal an verborgnem Band
Den Menschen auf geheimnissvollen Pfaden!
Doch ueber ihm wacht eine Goetterhand,
Und wunderbar entwirret sich der Faden.
Pantalon (leise zu Tartaglia).
Rappelt's der Majestaet? Was koemmt sie an,
Dass sie in Versen mit sich selber spricht?
Tartaglia (leise zu Pantalon).
Still, still! Es ist ein Bote angelangt
Aus fernen Landen-Was er brachte, mag
Der Teufel wissen!
Altoum (steckt den Brief in den Busen und wendet sich zu
seiner Tochter).
Turandot! Die Stunden
Entfliehen, die Entscheidung rueckt heran,
Und schlaflos irrst du im Serail umher,
Zerquaelst dich, das Unmoegliche zu wissen.
-Vergebens quaelst du dich. Es ist umsonst,
Ich aber hab' es ohne Mueh' erfahren.
-Sieh diesen Brief. Hier stehen beide Namen
Und Alles, was sie kenntlich macht. So eben
Bringt ihn ein Bote mir aus fernen Landen.
Ich halt' ihn wohl verschlossen und bewacht,
Bis dieser naechste Tag vorueber ist.
Der unbekannte Prinz ist wirklich Koenig
Und eines Koenigs Sohn-Es ist unmoeglich,
Dass du errathest, wer sie beide seien.
Ihr Reich liegt allzufern von hier, der Name
Ist kaum zu Peckin ausgesprochen worden.
-Doch sieh, weil ich's als Vater mit dir meine,
Komm' ich in spaeter Nacht noch her-Kann es
Dir Freude machen, dich zum zweitenmal
Im Divan dem Gelaechter blosszustellen,
Dem Hohn des Poebels, der mit Ungeduld