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Drauf wartet, deinen Stolz gebeugt zu sehn?

Denn abgesinnt, du weisst's, ist dir das Volk,

Kaum werd' ich seiner Wuth gebieten koennen,

Wenn du im Divan nun verstummen musst.

-Sieh liebes Kind, dies fuehrte mich hieher.

(Zu Pantalon und Tartaglia.)

Lasst uns allein! (Jene entfernen sich ungern und zaudernd.)

Sechster Auftritt.

Turandot und Altoum.

Altoum (nachdem jene weg sind, naehert sich ihr und fasst sie

vertraulich bei der Hand).

Ich komme, deine Ehre

Zu retten.

Turandot. Meine Ehre, Sire? Spart Euch

Die Mueh! Nicht Rettung brauch' ich meiner Ehre-

Ich werde mir im Divan morgen selbst

Zu helfen wissen.

Altoum. Ach, du schmeichelst dir

Mit eitler Hoffnung. Glaube mir's, mein Kind,

Unmoeglich ist's, zu wissen, was du hoffst.

Ich les' in deinen Angen, deinen wild

Verwirrten Zuegen deine Qual und Angst.

Ich bin dein Vater; sieh, ich hab' dich lieb.

-Wir sind allein-Sei offen gegen mich!

Bekenn' es frei-weisst du die beiden Namen?

Turandot. Ob ich sie weiss, wird man im Divan hoeren.

Altoum. Nein, Kind, du weisst sie nicht, kannst sie nicht wissen.

Wenn du sie weisst, so sag' mir's im Vertrauen.

Ich lasse dann den Ungluecksel'gen wissen,

Dass er verrathen ist, und lass' ihn still

Aus meinen Staaten ziehn. So meidest du

Den Hass des Volks-und mit dem Sieg zugleich

Traegst du den Ruhm der Grossmuth noch davon,

Dass du dem Ueberwundenen die Schmach

Der oeffentlichen Niederlage spartest.

-Um dieses Einz'ge bitt' ich dich, mein Kind!

Wirst du's dem Vater, der dich liebt, versagen?

Turandot. Ich weiss die Namen oder weiss sie nicht,

Genug! Hat er im Divan meiner nicht

Geschont, brauch' ich auch seiner nicht zu schonen.

Gerechtigkeit geschehe! Oeffentlich,

Wenn ich sie weiss, soll man die Namen hoeren.

Altoum (will ungeduldig werden, zwingt sich aber und faehrt mit

Maessigung und Milde fort).

Durft' er dich schonen? Galt es nicht sein Leben?

Galt es nicht, was ihm mehr war, deine Hand?

Dich zu gewinnen und sich selbst zu retten,

Musst' er den Sieg im Divan dir entreissen.

-Nur einen Augenblick leg' deinen Zorn

Bei Seite, Kind-Gib Raum der Ueberlegung!

Sieh, dieses Haupt setz' ich zum Pfand, du weisst

Die Namen nicht-Ich aber weiss sie-hier (auf den Brief zeigend)

Stehn sie geschrieben, und ich sag' sie dir.

-Der Divan soll sich in der Frueh' versammeln,

Der Unbekannte oeffentlich erscheinen;

Mit seinem Namen redest du ihn an;

Er soll beschaemt, vom Blitz getroffen, stehen,

Verzweifelnd jammern und vor Schmerz vergehen;

Vollkommen sei sein Fall und dein Triumph.

Doch nun, wenn du so tief ihn hast gebeugt

Erheb' ihn wieder! Frei, aus eigner Wahl

Reich' ihm die Hand und endige sein Leiden.

-Komm, meine Tochter, schwoere mir, dass du

Das thun willst, und sogleich-wir sind allein-

Sollst du die Namen wissen. Das Geheimniss,

Ich schwoere dir, soll mit uns beiden sterben.

So loest der Knote sich erfreulich auf;

Du kroenest dich mit neuem Siegesruhm,

Versoehnest dir durch schoene Edelthat

Die Herzen meines Volks, gewinnst dir selbst

Den Wuerdigsten der Erde zum Gemahl,

Erfreuest, troestest nach so langem Gram

In seinem hohen Alter deinen Vater.

Turandot (ist waehrend dieser Rede in eine immer zunehmende

Bewegung gerathen).

Ach, wie viel arge List gebraucht mein Vater!

-Was soll ich thun? Mich auf Adelmas Wort

Verlassen und dem ungewissen Glueck

Vertraun? Soll ich vom Vater mir die Namen

Entdecken lassen und den Nacken beugen

In das verhasste Joch?-Furchtbare Wahl!

(Sie steht unentschlossen in heftigem Kampf mit sich selbst.)

Herunter, stolzes Herz! Bequeme dich!

Dem Vater nachzugeben ist nicht Schande!

(Indem sie einige Schritte gegen Altoum macht, steht sie

ploetzlich wieder still.)

Doch wenn Adelma-sie versprach so kuehn,

So zuversichtlich-wenn sie's nun erforschte,

Und uebereilt haett' ich den Schwur gethan?

Altoum. Was sinnest du und schwankest, meine Tochter,

In zweifelnden Gedanken hin und her?

Soll etwa diese Angst mich ueberreden,

Dass du des Sieges dich versichert haltest?

O Kind, gib deines Vaters Bitte nach-

Turandot. Es sei! Ich wag es drauf. Ich will Adelma

Erwarten-So gar dringend ist mein Vater?

Ein sichres Zeichen, dass es moeglich ist,

Ich koenne, was er fuerchtet, durch mich selbst

Erfahren-Er versteht sich mit dem Prinzen!

Nicht anders! Von ihm selbst hat er die Namen;

Es ist ein abgeredet Spiel; ich bin

Verrathen, und man spottet meiner!

Altoum. Nun?

Was zauderst du? Hoer auf, dich selbst zu quaelen,

Entschliesse dich!

Turandot. Ich bin entschlossen-Morgen

In aller Frueh' versammle sich der Divan.

Altoum. Du bist entschlossen, es aufs Aeusserste,

Auf oeffentliche Schande hin zu wagen?

Turandot. Entschlossen, Sire, die Probe zu bestehen.

Altoum (in heftigem Zorn).

Unsinnige! Verstockte! Blindes Herz!

Noch blinder als die Albernste des Poebels!

Ich bin gewiss, wie meines eignen Haupts,

Dass du dich oeffentlich beschimpfst, dass dir's

Unmoeglich ist, das Raethsel aufzuloesen.

Wohlan! Der Divan soll versammelt werden,

Und in der Naehe gleich sei der Altar!

Der Priester halte sich bereit, im Augenblick,

Da du verstummst, beim lauten Hohngelaechter

Des Volks die Trauung zu vollziehn. Du hast

Den Vater nicht gehoert, da er dich flehte.

Leb' oder stirb! Er wird dich auch nicht hoeren! (Er geht ab.)

Turandot. Adelma! Freundin! Retterin! Wo bist du?

Verlassen bin ich von der ganzen Welt.

Mein Vater hat im Zorn mich aufgegeben,

Von dir allein erwart' ich Heil und Leben. (Entfernt sich von der

andere Seite.)

Siebenter Auftritt.

Die Scene verwandelt sich in ein praechtiges Gemach mit mehreren

Ausgaengen. Im Hintergrund steht ein orientalisches Ruhebett fuer

Kalaf. Es ist finstere Nacht.

Kalaf. Brigella mit einer Fackel.

(Kalaf geht in tiefen Gedanken auf und ab, Brigella betrachtet

ihn mit Kopfschuetteln.)

Brigella. 's hat eben Drei geschlagen, Prinz, und Ihr

Seid nun genau dreihundert sechzigmal

In diesem Zimmer auf und ab spaziert.

Verzeiht! Mir liegt der Schlaf in allen Gliedern,

Und wenn Ihr selbst ein wenig ruhen wolltet,

Es koennt' nicht schaden.

Kalaf. Du hast Recht, Brigella.

Mein sorgenvoller Geist treibt mich umher;

Doch du magst gehen und dich schlafen legen.