Neunter Auftritt.
Kalaf. Zelima.
Zelima. Prinz, ich bin eine Sklavin der Prinzessin
Und bringe gute Botschaft.
Kalaf. Gaeb's der Himmel!
Wohl waer' es Zeit, dass auch das Gute kaeme!
Ich hoffe nichts, ich schmeichle mir mit nichts;
Zu fuehllos ist das Herz der Turandot.
Zelima. Wohl wahr, ich leugn' es nicht-und dennoch, Prinz,
Gelang es Euch, dies stolze Herz zu ruehren.
Euch ganz allein; Ihr seid der Erste-Zwar
Sie selbst besteht darauf, dass sie Euch hasse;
Doch ich bin ganz gewiss, dass sie Euch liebt.
Die Erde thu' sich auf und reisse mich
In ihren Schlund hinab, wenn ich das luege!
Kalaf. Gut, gut, ich glaube dir. Die Botschaft ist
Nicht schlimm. Hast du noch Mehreres zu sagen?
Zelima (naehertretend). Ich muss Euch im Vertrauen sagen, Prinz,
Der Stolz, der Ehrgeiz treibt sie zur Verzweiflung.
Sie sieht nun ein, dass sie Unmoegliches
Sich aufgebuerdet, und vergeht vor Scham,
Dass sie im Divan nach so vielen Siegen
Vor aller Welt zu Schanden werden soll.
Der Abgrund oeffne sich und schlinge mich
Hinab, wenn ich mit Luegen Euch berichte!
Kalaf. Ruf nicht so grosses Unglueck auf dich her!
Ich glaube dir. Geh, sage der Prinzessin,
Leicht sei es ihr, in diesem Streit zu siegen;
Mehr als durch ihren glaenzenden Verstand
Wird sich ihr Ruhm erheben, wenn ihr Herz
Empfinden lernt, wenn sie der Welt beweist,
Sie koenne Mitleid fuehlen, koenne sich
Entschliessen, einen Liebenden zu troesten
Und einen greisen Vater zu erfreun.
Ist dies etwa die gute Botschaft, sprich,
Die ich zu hoeren habe?
Zelima. Nein, mein Prinz!
Wir geben uns so leichten Kaufes nicht;
Man muss Geduld mit unsrer Schwachheit haben.
-Hoert an!
Kalaf. Ich hoere.
Zelima. Die Prinzessin schickt mich.
-Sie bittet Euch um einen Dienst-Lasst sie
Die Namen wissen, und im Uebrigen
Vertraut Euch kuehnlich ihrer Grossmuth an.
Sie will nur ihre Eigenliebe retten,
Nur ihre Ehre vor dem Divan loesen.
Voll Guete steigt sie dann von ihrem Thron
Und reicht freiwillig Euch die schoene Rechte.
-Entschliesst Euch, Prinz. Ihr waget nichts dabei.
Gewinnt mit Guete dieses stolze Herz,
So wird nicht Zwang, so wird die Liebe sie,
Die zaertlichste, in Eure Arme fuehren.
Kalaf (sieht ihr scharf ins Gesicht, mit einem bittern Laecheln).
Hier, Sklavin, hast du den gewohnten Schluss
Der Rede weggelassen.
Zelima. Welchen Schluss?
Kalaf. Die Erde oeffne sich und schlinge mich
Hinab, wenn ich Unwahres Euch berichte.
Zelima. So glaubt Ihr, Prinz, dass ich Euch Luegen sage?
Kalaf. Ich glaub' es fast-und glaub' es so gewiss,
Dass ich in dein Begehren nimmermehr
Kann willigen. Kehr' um zu der Prinzessin!
Sag' ihr, mein einz'ger Ehrgeiz sei ihr Herz,
Und meiner gluehnden Liebe moege sie
Verzeihn, dass ich die Bitte muss versagen.
Zelima. Bedachtet Ihr, was dieser Eigensinn
Euch kosten kann?
Kalaf. Mag er mein Leben kosten!
Zelima. Es bleibt dabei, er wird's Euch kosten, Prinz!
-Beharrt Ihr drauf, mir nichts zu offenbaren?
Kalaf. Nichts!
Zelima. Lebet wohl! (Im Abgehen.) Die Muehe konnt' ich sparen!
Kalaf (allein). Geht, wesenlose Larven! Meinen Sinn
Macht Ihr nicht wankend. Andre Sorgen sind's,
Die mir das Herz beklemmen-Skirinas
Bericht ist's, was mich aengstiget-Mein Vater
In Peckin! Meine Mutter todt! Muth, Muth, mein Herz!
In wenig Stunden ist das Loos geworfen.
Koennt' ich den kurzen Zwischenraum im Arm
Des Schlafs vertraeumen! Der gequaelte Geist
Sucht Ruhe, und mich daeucht, ich fuehle schon
Den Gott die sanften Fluegel um mich breiten.
(Er legt sich auf das Ruhebette und schlaeft ein.)
Zehnter Auftritt.
Adelma tritt auf, das Gesicht verschleiert, eine Wachskerze in
der Hand. Kalaf schlafend.
Adelma. Nicht Alles soll misslingen-Hab' ich gleich
Vergebens alle Kuenste des Betrugs
Verschwendet, ihm die Namen zu entlocken,
So werd' ich doch nicht eben so umsonst
Versuchen, ihn aus Peckin wegzufuehren
Und mit dem schoenen Raube zu entfliehn.
-O heisserflehter Augenblick! Jetzt, Liebe!
Die mir bis jetzt den kuehnen Muth verliehn,
So manche Schranke mir schon ueberstiegen,
Dein Feuer lass auf meinen Lippen gluehn!
Hilf mir in diesem schwersten Kampfe siegen!
(Sie betrachtet den Schlafenden.)
Der Liebste schlaeft. Sei ruhig, pochend Herz,
Erzittre nicht! Nicht gern, ihr holden Augen,
Scheuch' ich den goldnen Schlummer von euch weg;
Doch schon ergraut der Tag, ich darf nicht saeumen.
(Sie naehert sich ihm und beruehrt ihn sanft.)
Prinz, wachet auf!
Kalaf (erwachend). Wer stoeret meinen Schlummer?
Ein neues Trugbild? Nachtgespenst, verschwinde!
Wird mir kein Augenblick der Ruh vergoennt?
Adelma. Warum so heftig, Prinz? Was fuerchtet Ihr?
Nicht eine Feindin ist's, die vor Euch steht;
Nicht Euern Namen will ich Euch entlocken.
Kalaf. Ist dies dein Zweck, so spare deine Mueh.
Ich sag' es dir voraus, du wirst mich nicht betruegen.
Adelma. Betruegen? Ich? Verdien' ich den Verdacht?
Sagt an! War hier nicht Skirina bei Euch,
Mit einem Brief Euch listig zu versuchen?
Kalaf. Wohl war sie hier.
Adelma. Doch hat sie nichts erlangt?
Kalaf. Dass ich ein solcher Thor gewesen waere!
Adelma. Gott sei's gedankt!-War eine Sklavin hier,
Mit trueglicher Vorspieglung Euch zu blenden?
Kalaf. Solch eine Sklavin war in Wahrheit hier,
Doch zog sie leer ab-wie auch du wirst gehn.
Adelma. Der Argwohn schmerzt, doch leicht verzeih' ich ihn.
Lernt mich erst kennen! Setzt Euch! Hoert mich an,
Und dann verdammt mich als Betruegerin! (Sie setzt sich, er folgt.)
Kalaf. So redet denn und sagt, was ich Euch soll.
Adelma. Erst seht mich naeher an-Beschaut mich wohl!
Wer denkt Ihr, dass ich sei?
Kalaf. Dies hohe Wesen,
Der edle Anstand zwingt mir Ehrfurcht ab.
Das Kleid bezeichnet eine niedre Sklavin,
Die ich, wo ich nicht irre, schon im Divan
Gesehen und ihr Los beklagt.
Adelma. Auch ich
Hab' Euch-die Goetter wissen es, wie innig-