Die um die reiche Kaisertochter freiten;
Denn auch der Schlechtste duenkt sich gut genug,
Die Haende nach der Schoensten auszustrecken.
Es war wie eine Freikomoedie,
Wo Alles kommt, bis meine Koenigin
Auf den scharmanten Einfall kam, das Haus
In vier und zwanzig Stunden rein zu machen.
-Eine andre haette ihre Liebeswerber
Auf blutig schwere Abenteuer aus-
Gesendet, sich mit Riesen 'rum zu schlagen,
Dem Schach zu Babel, wenn er Tafel haelt,
Drei Backenzaehne hoeflich auszuziehen,
Das tanzende Wasser und den singenden Baum
Zu holen und den Vogel, welcher redet-
Nichts von dem allem! Raethsel haben ihr
Beliebt! Drei zierlich wohlgesetzte Fragen!
Man kann dabei bequem und saeuberlich
In warmer Stube sitzen, und kein Schuh
Wird nass! Der Degen kommt nicht aus der Scheide,
Der Witz, der Scharfsinn aber muss heraus.
-Brigella, die versteht's! Die hat's gefunden,
Wie man die Narren sich vom Leibe haelt!
Brigella. 's kann Einer ein rechtschaffner Kavalier
Und Ehmann sein und doch die spitz'gen Dinger,
Die Raethsel, just nicht handzuhaben wissen.
Truffaldin. Da siehst du, Kamerad, wie gut und ehrlich
Es die Prinzess mit ihrem Freier meint,
Dass sie die Raethsel vor der Hochzeit aufgibt.
Nachher war's noch viel schlimmer. Loest er sie
Jetzt nicht, ei nun, so kommt er schnell und kurz
Mit einem frischen Gnadenhieb davon.
Doch, wer die stachelichten Raethsel nicht
Aufloest, die seine Frau ihm in der Eh'
Aufgibt, der ist verlesen und verloren!
Brigella. Ihr seid ein Narr, mit Euch ist nicht zu reden.
-So moegen's denn meintwegen Raethsel sein,
Wenn sie einmal die Wuth hat, ihren Witz
Zu zeigen-Aber muss sie denn die Prinzen
Just koepfen lassen, die nicht sinnreich gnug
Fuer ihre Raethsel sind-Das ist ja ganz
Barbarisch, rasend toll und unvernuenftig.
Wo hat man je gehoert, dass man den Leuten
Den Hals abschneidet, weil sie schwer begreifen?
Truffaldin. Und wie, du Schafskopf, will sie sich der Narren
Erwehren, die sich klug zu sein beduenken,
Wenn weiter nichts dabei zu wagen ist,
Als einmal sich im Divan zu beschimpfen?
Auf die Gefahr hin, sich zu prostituieren
Mit heiler Haut, laeuft Jeder auf dem Eis.
Wer fuerchtet sich vor Raethseln? Raethsel sind's
Gerad, was man fuers Leben gern mag hoeren.
Das hiess' den Koeder statt des Popanz's brauchen.
Und waere man auch wegen der Prinzessin
Und ihres vielen Gelds daheim geblieben,
So wuerde man der Raethsel wegen kommen.
Denn Jedem ist sein Scharfsinn und sein Witz
Am Ende lieber, als die schoenste Frau!
Brigella. Was aber kommt bei diesem ganzen Spiel
Heraus, als dass sie sitzen bleibt? Kein Mann,
Der seine Ruh liebt und bei Sinnen ist,
Wird so ein spitz'ges Nadelkissen nehmen.
Truffaldin. Das grosse Unglueck, keinen Mann zu kriegen!
(Man hoert einen Marsch in der Ferne.)
Brigella. Der Kaiser kommt.
Truffaldin. Marsch ihr in eure Kueche!
Ich gehe, meine Hoheit herzuholen. (Gehen ab zu verschiedenen Seiten.)
Zweiter Auftritt.
Ein Zug von Soldaten und Spielleuten. Darauf acht Doctoren,
pedantisch herausstaffiert; alsdann Pantalon und Tartaglia,
beide in Charaktermasken. Zuletzt der Grosskhan Altoum in
chinesischem Geschmack mit einiger Uebertreibung gekleidet.
Pantalon und Tartaglia stellen sich dem kaiserlichen Thron
gegenueber, die acht Doctoren in den Hintergrund, das uebrige
Gefolge auf die Seite, wo der kaiserliche Thron ist. Beim
Eintritt des Kaisers werfen sich alle mit ihren Stirnen auf
die Erde und verharren in dieser Stellung bis er den Thron
bestiegen hat. Die Doktoren nehmen auf ihren Stuehlen Platz.
Auf einen Wink, den Pantalon gibt, schweigt der Marsch.
Altoum. Wann, treue Diener, wird mein Jammer enden?
Kaum ist der edle Prinz von Samarcand
Begraben, unsre Thraenen fliessen noch,
Und schon ein neues Todesopfer naht,
Mein blutend Herz von neuem zu verwunden.
Grausame Tochter! Mir zur Qual geboren!
Was hilft's, dass ich den Augenblick verfluche,
Da ich auf das barbarische Gesetz
Dem furchtbaren Fohi den Schwur gethan.
Nicht brechen darf ich meinen Schwur, nicht ruehren
Laesst sich die Tochter, nicht zu schrecken sind
Die Freier! Nirgends Rath in meinem Unglueck!
Pantalon. Rath, Majestaet? Hat sich da was zu rathen!
Bei mir zu Hause, in der Christen Land,
In meiner lieben Vaterstadt Venedig,
Schwoert man auf solche Mordgesetze nicht,
Man weiss nichts von so naerrischen Mandaten.
Da hat man gar kein Beispiel und Exempel,
Dass sich die Herrn in Bilderchen vergafft
Und ihren Hals gewagt fuer ihre Maedchen.
Kein Frauensmensch bei uns geboren wird,
Wie Dame Kieselstein, die alle Maenner
Verschworen haette-Gott soll uns bewahren!
Das fiel uns auch im Traum nicht ein. Als ich
Daheim noch war, in meinen jungen Jahren,
Eh mich die Ehrensache, wie Ihr wisst,
Von Hause trieb und meine guten Sterne
An meines Kaisers Hof hieher gefuehrt,
Wo ich als Kanzler mich jetzt wohl befinde,
Da wusst' ich nichts von China, als es sei
Ein trefflichs Pulver gegen's kalte Fieber.
Und jetzt erstaun' ich ueber alle Massen,
Dass ich so curioese Braeuche hier
Vorfinde, so curjose Schwuere und Gesetze
Und so curjose Fraun und Herrn.
Erzaehlt' ich in Europa diese Sachen,
Sie wuerden mir unter die Nase lachen.
Altoum. Tartaglia, habt Ihr den neuen Wagehals
Besucht?
Tartaglia. Ja, Majestaet. Er hat den Fluegel
Des Kaiserschlosses inn', den man gewoehnlich
Den fremden Prinzen anzuweisen pflegt.
Ich bin entzueckt von seiner angenehmen
Gestalt und seinen prinzlichen Manieren.
's ist Jammerschade um das junge Blut,
Dass man es auf die Schlachtbank fuehren soll.
's Herz bricht mir! Ein so angenehmes Prinzchen!
Ich bin verliebt in ihn. Weiss Gott! Ich sah
In meinem Leben keinen huebschern Buben!
Altoum. Unseliges Gesetz! Verhasster Schwur!
-Die Opfer sind dem Fohi doch gebracht,
Dass er dem Unglueckseligen sein Licht
Verleihe, diese Raethsel zu ergruenden!
Ach, nimmer geb' ich dieser Hoffnung Raum!
Pantalon. An Opfern, Majestaet, ward nichts gespart.
Dreihundert fette Ochsen haben wir
Dem Tien dargebracht, dreihundert Pferde
Der Sonne und dem Mond dreihundert Schweine.
Altoum. So ruft ihn denn vor unser Angesicht!
(Ein Theil des Gefolges entfernt sich.)
-Man such' ihm seinen Vorsatz auszureden.
Und ihr, gelehrte Lichter meines Divans,
Kommt mir zu Hilfe-nehmt das Wort fuer mich,
Lasst' s nicht an Gruenden fehlen, wenn mir selbst
Der Schmerz die Zunge bindet.
Pantalon. Majestaet!
Wir werden unsern alten Witz nicht sparen,
Den wir in langen Jahren eingebracht.
Was hilft's? Wir predigen und sprechen uns
Die Lungen heiser, und er laesst sich eben
Den Hals abstechen, wie ein waelsches Huhn.