JO
(hingerissen)
Ja! Ein Karussell!
Bill
Wir fahren raus.
Dichter Staubflug überall. Nur ein paar Meter vor ihnen FLIEGT EINE KUH SEITWÄRTS vorüber Sie wird buchstäblich durch die Luft getragen, mit allen vier Beinen hängt sie über dem Boden, und der Tornado bläst sie nach links.
Dusty
(über CB-Funk)
Jo? Kommt da raus! Ihr fahrt direkt in einen gewaltigen Wirbelsog rein, den ihr nicht sehen könnt.
Melissa
O mein Gott! Wir kommen um! Bill!
Von links kommt DIE SCHWEBENDE KUH WIEDER NACH RECHTS vorbeigetrieben, in der Gegenrichtung wie zuvor. Bill muß heftig ausweichen, um nicht mit ihr zusammenzustoßen, er bremst heftig, daß es quietscht. Die Kuh wird nach rechts weggetragen ins Feld und ist im nächsten Moment verschwunden.
Direkt vor ihnen windet sich EIN DRITTER WIRBEL abwärts zum Boden, 100 m vor ihnen. Er ist seidig, fast durchsichtig.
Bill dreht sofort ab, aber der Wind bläst sie in eine halbe Umdrehung und hebt und schaukelt sie wie auf einer Achterbahn auf dem Rummelplatz. Melissa kreischt - sie verliert einfach die Beherrschung und schlägt sich die Hände vor das Gesicht. Bill kämpft, um die Gewalt über das Auto zu behalten. Aber es schüttelt und schleudert und gleitet wild herum, als rutschten sie auf Eis dahin. Sie sind völlig in eine Staubwolke eingehüllt.
Plötzlich gibt es eine Art lauten dumpfen Knall, und zwei der Tornados sausen hinauf in den Himmel und sind weg.
Dann ein gleicher Knall, und auch der dritte ist weg.
Völlig abrupt ist alles vorbei. Der Wagen fährt auf einer völlig leeren Straße dahin. Zwischen den schwarzen Wolken oben und dem Erdboden unten sind Luft und Sicht klar.
Die CB-Stimmen quäken wild durcheinander. Bill fährt inzwischen wieder ruhig und sicher. Er legt den Arm um Melissa.
Bill
Alles in Ordnung, Melissa. Geht’s dir gut?
Melissa
(völlig durcheinander und noch zitternd)
Was war das jetzt?
Bill
(küßt sie auf die Stirn)
Multiple Wirbel sind instabil. Alles ist wieder in Ordnung.
Jo sieht zu. Sie schaltet die Instrumente an ihrem Pack neben sich ab. Dann plötzlich:
Melissa Halt an!
Bill fährt rechts ran, sie reißt die Tür auf und übergibt sich.
Während sie würgt, lächelt Jo andeutungsweise. Bill sieht es und steigt aus.
Aussen/der Wagen/verlassenes Feld
Melissa entfernt sich etwas. Bill geht zu ihr, nimmt sie in den Arm. Jo sieht vom Wagen aus zu. Während Bill Melissa umarmt, blickt er zum Himmel empor.
Die Superzelle über ihm
Sie grollt und wetterleuchtet, als lache sie ihn aus. Diese Runde hat er verloren.
Aussen/Strassenrand, Raststätte/früher Abend Der Himmel verfärbt sich leicht rosa und golden, als Jos Team angefahren kommt und alle aussteigen. Melissa steigt ebenfalls auf ihrer Seite aus, Jo klettert vom Rücksitz.
MELISSA AN DER TÜR
Sie schließt die Tür und macht ein erstauntes Gesicht. An der Außenseite ihrer Tür steckt ein kleiner Zweig mit Blättern, der sich wie ein Geschoß in das Metall gebohrt hat. Jo zieht ihn heraus.
JO
Ich habe Durst.
Melissa starrt noch immer auf das Loch in der Autotür und erschaudert.
Raststätte/später
Jos Team und die geparkten Fahrzeuge im Abendsonnenschein. Hinter ihnen jedoch dunkler Himmel. Larry am Telefon. Faxe kommen bei Tim im Fahrzeug an. Am Getränkeautomaten der Raststätte stehen Melissa und]o und unterhalten sich.
Bill und Dusty tragen das Instrumentenpack aus der Limousine zum Lieferwagen und zurren es hinten auf der Ladefläche fest. Bill sieht zu den beiden Frauen hinüber.
Dusty
Geht’s Melissa wieder gut?
Bill Ja, ja.
Dusty
Über Funk hörte sie sich ziemlich aufgeregt an.
Bill
(blinzelt)
Ich glaube, sie ist wieder okay.
Jo und Melissa, noch immer in ihre Unterhaltung vertieft am Getränkeautomat. Jo reicht Melissa ein Coke. Melissas Hand zittert, als sie die Flasche nimmt.
JO
(setzt sich neben sie)
Wenn man es das erste Mal erlebt, kann es einen ganz schön mitnehmen. Ich bin ja hier aufgewachsen, da ist das etwas anderes. Ich habe schon viele gesehen.
Melissa blickt sie nur stumm an.
JO
Jedes Frühjahr geht es von vorne los. Man gewöhnt sich mit der Zeit daran.
Melissa
Das glaube ich nicht.
JO
Als ich den ersten erlebt habe, war ich in der ersten Schulklasse. Da mußten wir alle raus auf den Flur und uns hinlegen und uns an den Händen halten. Sämtliche Fenster waren eingedrückt, und unsere Lehrerin hat sich in die Hosen gepinkelt. Sie brauchen sich also überhaupt nicht zu genieren. Es ist ganz normal, daß man sich fürchtet.
Melissa
Ich geniere mich ja auch nicht.
JO
In Ordnung.
Melissa (etwas aggressiv)
Wieso sollte ich denn?
JO
Sage ich doch, kein Grund.
Melissa
Ja eben, ich geniere mich nicht.
Jo
Dafür muß man geboren sein.
Melissa
(sagt nicht alles, was sie sagen könnte)
Das ist klar ...
JO
(fährt mit ihrem Gedankengang fort)
Sie sehen ja, wie sehr Bill daran hängt, an allem. Ohne daß er bewußt daran denkt, geht das bei ihm ganz von -
Melissa
Hören Sie, Jo, damit wir uns da ein für allemal verstehen. Der einzige Grund, warum wir hier sind, sind die Papiere und Ihre Unterschriften.
JO
Sie glauben wirklich, Sie können hier einfach davonspazieren, wenn ich alles unterschrieben habe?
Melissa
Ja.
Jo
So einfach ist das nicht.
Melissa
Warum unterschreiben Sie nicht einfach, und dann werden wir ja sehen.
JO
Ich sage Ihnen mal was über Bill. Er ist gar nicht imstande, von diesem Tornado hier einfach wegzugehen. Ich kenne ihn.
Melissa
Sie haben ihn einmal gekannt.
JO
Wenn Sie ihn jetzt dazu bringen, wegzugehen, bleibt das für Ihr ganzes Leben eine unbeendete Geschichte. Weil er nämlich gar nicht weg will.
Melissa
Unterschreiben Sie doch. Dann stellt es sich schon heraus, ob er weg will oder nicht.
JO
Es geht doch gar nicht um diese Papiere.
Melissa
Aber natürlich, worum denn sonst. Sie wollen das nur nicht zugeben. Ihre Beziehung zu ihm ist aus, und Sie wollen nicht akzeptieren, daß er jetzt jemand anderen liebt. Also verweigern Sie Ihre Unterschrift. Ganz klassischer Fall.
JO
Sparen Sie sich das für Ihre Patienten.
Melissa
Sie sind ihm inzwischen egal.
Melissa trinkt aus ihrer Cokeflasche und blickt Jo mit kaum verhohlener Verachtung an, als sei sie dieses Spiels jetzt überdrüssig.
Melissa
Ich meine, wenn Sie sich Ihrer Sache so sicher sind, können Sie doch ohne Bedenken unterschreiben.
Jo starrt Melissa an. Beide Frauen versuchen einander gegenseitig mit Blicken niederzukämpfen.
JO
Vielleicht werde ich es tun.
Jo steht auf, geht weg. Sie sieht hinüber zu Bill, der noch immer an der gleichen Stelle steht und zusammen mit Dusty den Sturm