»Oder sie kommen mit Höchstgeschwindigkeit hierher, um uns zu erklären, wie ungehalten sie über das sind, was wir mit ihrem Sternentor gemacht haben«, sagte Charity zornig.
»Wir wissen, daß die Moroni nicht über die Technik überlichtschneller Raumfahrt verfügen«, sagte Seybert. »Selbst wenn sie eine Basis im nächsten benachbarten Sonnensystem besäßen, und selbst wenn sie unmittelbar nach der Zerstörung des Sternentransmitters ein weiteres Trägerschiff losgeschickt hätten, könnte es die Erde in frühestens zwanzig Jahren erreichen.«
»Das sind eine Menge selbst und wenns«, fügte Drasko hinzu. »Sehen Sie, Captain Laird, wir verstehen Sie durchaus. Wir alle, jeder einzelne Mensch auf diesem Planeten weiß, was Sie für uns alle getan haben. Natürlich haben Sie die besten Absichten, und natürlich ist Ihre Sorge echt und aufrichtig. Aber vielleicht sehen Sie die Dinge... anders als wir.«
»Anders? Was soll das heißen?«
Drasko tauschte einen raschen Blick mit Seybert, ehe er fortfuhr: »Sie haben Großartiges geleistet, Captain Laird. Unter Ihrer Führung ist aus einem verwüsteten Planeten innerhalb von nur acht Jahren eine Welt geworden, die wieder eine Zukunft hat. Aber Tatsache ist nun einmal, daß wir uns die Militäraufgaben, die Sie verlangen, einfach nicht mehr leisten können.«
»Sie werden kein Geld mehr brauchen, wenn Moron zurückkommt«, sagte Charity düster.
Drasko seufzte. »Ich habe gehört, was Sie heute morgen erlebt haben, Captain Laird«, sagte er. »Sollte Ihnen das nicht zu denken geben?«
Charity starrte ihn an. »Was? Daß ich um ein Haar aufgefressen worden wäre?«
»Daß Sie diese Menschen entdeckt haben. Dieses Land ist seit acht Jahren wieder frei, und wir haben es nicht einmal gemerkt!« Er warf einen raschen Blick in Hartmanns Richtung. »Das geht nicht gegen Sie, General. Wir wissen, daß Sie und Ihre Leute mehr leisten, als man von Ihnen erwarten kann. Aber was heute morgen passiert ist, das ist symptomatisch für unsere ganze Situation. Diese Leute haben acht Jahre lang praktisch unter unseren Füßen gelebt und nicht einmal gewußt, daß der Krieg vorbei ist! Wie viele von ihnen gibt es wohl noch?«
»Meine Leute suchen bereits nach ihnen«, sagte Hartmann. »Sie werden sie finden.«
»Daran zweifle ich nicht«, sagte Drasko. »Diese Leute werden sie finden. Aber was ist mit all den anderen? Es muß Millionen Menschen wie Sie dort draußen geben. Mein Gott, General, wir müssen eine ganze Welt wieder aufbauen, praktisch aus dem Nichts! Wir können uns diese Militäraufgaben einfach nicht mehr leisten!«
»Und was schlagen Sie vor?« fragte Hartmann. »Die Space-Force abschaffen und alle unsere Waffen einzuschmelzen, um Eggen und Dreschflegel daraus zu machen?«
»Reden Sie kein Unsinn, General,« sagte Seybert kühl. »Wir brauchen Sie und Ihre Soldaten, und das wissen Sie verdammt genau. Wir wollen die Space-Force nicht abschaffen. Wir wollen Sie nicht einmal reduzieren. Wir wollen nur nicht in jedem Jahr mehr Mittel für militärische Forschung und Waffen ausgeben, das ist alles.« Und endlich machte es hinter Charitys Stirn hörbar Klick. Es hatte ziemlich lange gedauert, aber mit einem Mal wußte sie, worauf Seybert und Drasko hinauswollten.
»Warum sprechen Sie es nicht ganz offen aus?« fragte sie. »Sie reden von der EXCALIBUR.«
Der Ausdruck in Hartmanns Augen wandelte sich von Verblüffung zu Schrecken, dann zu purem Zorn. »Wie bitte?« ächzte er.
»Richtig, die EXCALIBUR.« Drasko wiederholte seine deutende Geste rundum. »Und wir sind da alle einer Meinung. Wir geben Ihnen recht, Captain Laird. Die Vergangenheit hat uns allen auf grauenhafte Weise gezeigt, daß man selbst auf das vermeintlich Unmögliche vorbereitet sein sollte. Wir werden diesen Fehler nicht wiederholen. Aber dazu brauchen wir weder die EXCALIBUR, noch neue und schnellere Raumjäger.«
»Ach?« fragte Charity. »Und womit wollen wir uns wehren, wenn sie kommen? Sollen wir mit Steinen werfen?«
»Wir haben mehr als genug Waffen auf diesem Planeten«, sagte Seybert. »Allein das Arsenal, das uns die Moroni zurückgelassen haben, dürfte reichen, um einen interplanetaren Krieg vom Zaun zu brechen -«
»Und zu verlieren!« fiel Charity ihr ins Wort. In ihren Zorn mischte sich wilde Empörung. »Bei allem Respekt, Gouverneur, aber haben Sie eigentlich irgendeinen der Berichte gelesen, die ich Ihnen in den letzten Jahren habe zukommen lassen?«
Seyberts Gesicht verhärtete sich. »Es gibt keinen Grund, persönlich zu werden.«
Charity schlug mit der flachen Hand auf den Tisch, daß es knallte. »Es gibt jeden Grund! Sie haben Recht, Gouverneur - wir haben Tausende von diesen Jets! Vielleicht sogar Zehntausende, wenn wir sämtliche Depots erst einmal gefunden haben! Und die Kampfkraft dieser Jets übersteigt alles, was wir selbst in hundert Jahren konstruieren könnten!«
»Wo ist denn das Problem?« fragte Seybert unsicher.
»Das Problem ist, daß das ganze Zeug allenfalls noch Schrottwert besitzt, sobald es sich nennenswert von der Erde entfernt«, sagte Charity.
»Was Captain Laird meint, ist die Gravitationsgrenze«, sagte Hartmann.
Seybert warf ihm einen bösen Blick zu. »Ich weiß, was Captain Laird meint, General«, sagte sie scharf. »Ich kann lesen.«
»Dann sollten Sie eigentlich wissen, daß praktisch die gesamte Technologie der Moroni darauf beruht, das Gravitationsfeld eines Planeten oder eines anderen großen Himmelskörpers anzuzapfen«, sagte Charity. »Sie haben völlig recht - wenn sie hierher kommen, können wir ihnen einen heißen Empfang bereiten. Sobald sie sich der Erde auf weniger als dreihunderttausend Meilen nähern, können sie sich mit ihren eigenen Waffen schlagen. Möchten Sie das?«
»Was soll diese Frage?« empörte sich Seybert.
»Ich jedenfalls habe kein Interesse daran, die Erde ein zweites Mal in ein Schlachtfeld zu verwandeln. Fast fünf Milliarden Tote sind genug.«
»Das führt doch zu nichts«, sagte Drasko kopfschüttelnd.
Seybert wollte auffahren, doch Drasko brachte sie mit einer Geste zum Schweigen. »Ihre zugegeben überzeugende Rhetorik mag ja beeindruckend sein, Captain Laird. Vielleicht haben Sie sogar recht - aber es ist nun einmal leider so, daß wir uns die EXCALIBUR einfach nicht leisten können! Jeder zusätzliche Credit, den wir in den Bau dieses Schiffes stecken, kostet Menschenleben!« Er wies mit einer plötzlich zornig wirkenden Geste auf den Hefter, den Seybert auf den Tisch geworfen hatte. »Sehen Sie sich die Unterlagen an. Die Zahlen sprechen eine klare Sprache.«
»Sie haben mir gar nicht zugehört, wie?« fragte Charity. Ihre Stimme begann zu zittern. »Wenn die Moroni wieder kommen, dann müssen wir sie draußen im Weltall schlagen. Sehr weit draußen im All. Und um das zu schaffen, brauchen wir nun einmal Schiffe, auf denen nicht das Licht ausgeht, sobald sie den Asteroidenring hinter sich lassen!«
»Ich gebe zu, das ist ein Problem«, sagte Seybert. »Aber warum verwenden wir dann nicht Mittel und Energie darauf, es zu lösen, statt ein Schiff zu bauen, von dem Sie selbst zugeben, daß es einem Kriegsschiff der Aliens nicht gewachsen wäre.«
»Das habe ich nie gesagt«, erwiderte Charity heftig.
»Außerdem können wir es nicht«, fügte Hartmann hinzu, hastig, mit einem beschwörenden Blick in Charitys Richtung, und trotzdem in versöhnlichem Tonfall. Er versuchte offenbar, den ausbrechenden Streit zu schlichten - aber in dieser Disziplin war er noch nie besonders gut gewesen. »Glauben Sie mir, Gouverneur - unsere besten Leute arbeiten seit acht Jahren an dem Problem. Wir wissen nicht einmal genau, wie die Technik der Moroni funktioniert. Wie könnten wir sie da verbessern?«
»Es gibt für jedes Problem eine Lösung«, beharrte Seybert.
»Vielleicht in zwanzig Jahren, oder dreißig«, sagte Hartmann. »Ich stimme Captain Laird in diesem Falle zu. Wir brauchen die EXCALIBUR.«