Die Logik ist eine der ältesten philosophischen Disziplinen. Ihre Grundlagen entstanden im alten Griechenland (erstes Lehrbuch von Aristoteles) und in Indien. Die griechische oder traditionelle formale Logik fand in fast allen Ländern der Erde Verbreitung und wurde, bereichert durch gewisse Leistungen der Scholastik, bis ins 19. Jh. gelehrt. Die indische Logik blieb ohne Einfluß. Im 19. Jh. entstanden zwei weitere Richtungen der Wissenschaft der Logik – die moderne formale oder mathematische Logik, auch symbolische Logik oder Logistik genannt, die auf der Grundlage strenger Symbolisierung und Formalisierung (d.h. durch Symbole oder Zeichen) eine bedeutende Weiterentwicklung der traditionellen Logik darstellt.
Die formale Logik beschreibt Aussagen, Begriffe und Schlußfolgerungen von der Seite ihrer Form, ihrer Struktur her. Dabei geht sie von bestimmten Gesetzen aus: vom Gesetz des ausgeschlossenen Dritten und vom Gesetz des zureichenden Grundes, in denen die Voraussetzungen für Bestimmtheit und Beweiskraft des Denkens formuliert sind.
Die Gesetze der formalen Logik widerspiegeln eine bestimmte Seite der Gegenstände, nämlich das Moment ihrer relativen Beständigkeit. Da diese Gesetze eine bestimmte Seite von Erscheinungen der Wirklichkeit widerspiegeln, können sie eine, wenn auch beschränkte, Methode zur Gewinnung neuen Wissens sein.
Wollte man aber die formale Logik zur einzigen Wissenschaft vom Denken und ihre Gesetze zur einzigen und umfassenden Methode der Erkenntnis der Erscheinungen der Wirklichkeit machen, so würde dies zur Metaphysik, zur Ablehnung der Entwicklung und der Widersprüche in der objektiven Wirklichkeit und in unserer Erkenntnis der Wirklichkeit führen.
Es gibt eine andere Wissenschaft vom Denken, die in dieser Hinsicht breiter ist, – die dialektische Logik. Sie negiert die Bedeutung der formalen Logik nicht, sondern weist ihr ihren Platz bei der Erforschung der Gesetze und Formen des Denkens zu und wendet sich nur gegen die Verwandlung der formalen Logik in die einzige Wissenschaft von den Gesetzen und Formen des Denkens.
Die dialektische Logik erforscht die Beziehungen zwischen den Begriffen, die Übergänge von einem zum anderen und ihre Widersprüche. Die Hauptfrage der dialektischen Logik ist die Frage der Wahrheit. Sie untersucht die Denkformen auf ihren Inhalt hin und zeigt, inwiefern die Denkformen wahres Wissen von der Welt aufweisen.
Die dialektische Logik hat keine besonderen Gesetze, die sich von den Gesetzen der Dialektik unterscheiden. Alle Gesetze der Dialektik sind die Gesetze der dialektischen Logik. Während die Gesetze der formalen Logik die einfachsten Beziehungen zwischen den Dingen, einzelne Seiten der materiellen Welt, wie das Moment der Ruhe, der Beständigkeit widerspiegeln, bringen[100] die Gesetze der dialektischen Logik wesentliche Gesetzmäßigkeiten der Erscheinungen der Wirklichkeit zum Ausdruck, die in ihrer Entwicklung untersucht werden.
Das Wesen der dialektischen Logik, die grundlegenden methodologischen Forderungen bei der Erforschung ihres Gegenstandes wurden von W.I. Lenin folgendermaßen formuliert: «Um einen Gegenstand wirklich zu kennen, muß man alle seine Seiten, alle Zusammenhänge und Vermittlungen[101] erfassen und erforschen. Wir werden das niemals vollständig erreichen, die Forderung der Allseitigkeit wird uns aber von Fehlern und vor Erstarrung bewahren»[102].
Die dialektische Logik zeigt uns die Dialektik der Erkenntnis in allen ihren Aspekten. Das bedeutet aber, daß sie die allseitige und tiefste Lehre von der Entwicklung des menschlichen Wissens als Widerspiegelung der Entwicklung der materiellen Welt ist.
Übungen
XVI. Schreiben Sie in Deutsch eine kurze Zusammenfassung (ein Resümée) des Textes В (etwa 7 – 9 Zeilen).
XVII. Wiederholen Sie die Lexik von § 3 – 4. Bereiten Sie ein mündliches Referat zum Thema: «Dialektik und der Aufbau einer neuen Gesellschaft» vor. Benützen Sie dabei die Wörter der Paragraphen 3 und 4.
Fragen für Fortgeschrittene
I. Wem gehören diese berühmten Worte:
1. «Die Sprache ist dem Menschen gegeben, um seine Gedanken zu verbergen»[103].
2. «Denn eben wo Begriffe fehlen,
Da stellt ein Wort zur rechten Zeit sich ein».
II. Beantworten Sie folgende Fragen.
1. Was ist eine Antinomie?
Ein berühmter Gelehrter, der erste Vertreter der deutschen klassischen Philosophie, hat vier Antinomien aufgedeckt, die bei der Entwicklung der Dialektik von Einfluß waren. Seine erste Antinomie war so:
Behauptung A: «Die Welt hat zeitlich und räumlich ihren Anfang (Grenze)».
Die entgegengesetzte Behauptung B: «Die Welt ist zeitlich und räumlich unendlich».
Wer ist dieser Philosoph und wie hat er die genannte Antinomie gelöst?
2. Geben sie die Übersetzung und den Namen eines der berühmtesten Sätze in der Geschichte der Philosophie an: «Cogito, ergo sum». Der Autor dieses Satzes bekämpfte die mittelalterliche Scholastik und Metaphysik und förderte durch sein mechanisch-materialistisches Weltbild die Herausbildung der klassischen Physik. Er führte als erster die mathematische Methode in die Philosophie ein mit dem Ziel, «klare und deutliche» Erkenntnisse nach dem Vorbild der Mathematik zu gewinnen.
3. In den letzten Jahren entstand eine Wissenschaft, die nach der Meinung vieler Fachleute wesentliche Bedeutung für die Entwicklung der Philosophie hat. Als Begründer dieser Wissenschaft gilt Norbert Wiener. Wie heißt sie?
Die Macht der Logik
Der berühmte Philosoph Arthur Schopenhauer (1788 – 1860) unterhielt sich nach der Premiere, die in einem halbleeren Saal stattgefunden hatte, mit den Theaterfachleuten. Die Meinungen über den Wert des Stückes waren geteilt.
Da mischte sich der Autor in die Diskussion ein und erklärte:
«Schließlich ist ein Glas, das halbleer ist, auch halbvoll. Ein halber Reinfall[104] ist also ein halber Erfolg!»
Und als niemand widersprach, entgegnete Schopenhauer:
«Sehr recht! Aber haben Sie schon beobachtet, daß eine halbe Lüge niemals eine halbe Wahrheit ist?»
Lehrer: Wie heißt die Zukunft vom Zeitwort: stehlen?
Schüler: Eingesperrt[105] werden.
Ein Statistiker der Sprachforschung traf einen Bekannten.
«Nach meinen letzten Resultaten gehören die Wörter: na, schon, und, wenn – zu den am meisten gebrauchten».
Der Bekannte zuckte die Achseln und meinte:
«Na und wenn schon!?»
Ein Berliner Professor der Mathematik versuchte, seinem kleinen Sohn die Prinzipien des klaren Denkens und die Notwendigkeit genauester Definitionen beizubringen. Er führte ihn also in sein Arbeitszimmer und wies auf die große Standuhr[106]:
«Eben hat diese Uhr die Stunde geschlagen», – sagte er. «Nehmen wir nun an, ich ergriffe[107] einen Hammer und zerschlüge die Uhr. Könnte ich da vor Gericht gestellt und angeklagt werden, ich hätte die Zeit totgeschlagen?»
«Nein», erwiderte prompt[108] der Junge, «denn du hättest ja in Notwehr gehandelt»[109]. Erstaunt fragte der Professor: «Aber wie willst du das begründen, mein Kind?» «Sehr einfach», meinte der zu Logik erzogene Sohn. «Die Uhr hat zuerst geschlagen».