Darauf hielt er über die Nichtigkeit[169] aller irdischen Güter und über die Neigung[170] der Menschen, diesem Nichts alles aufzuopfern[171], eine so vortreffliche Predigt, daß selbst der König bewegt und gerührt war[172]. Nach kurzer Zeit erhielt der Kandidat eine sehr gute Stelle an der Luisenkirche zu Potsdam.
Der Theologie-Professor Knapp, der zu Anfang des vorigen Jahrhunderts lebte, wollte einmal einen hervorragend befähigten[173] Studenten aufs Glatteis[174] führen. Er fragte den Studenten, der eben aus der durch magere Kost[175] bekannten Mensa gekommen war: «Sagen Sie, Herr Kandidat, wäre es eine Sünde, ein Kind mit Suppe zu taufen[176], wenn kein Wasser vorhanden ist?»
Der Kandidat überlegte nur kurz und kam zu dem Schluß: «Die rein theoretische Möglichkeit ist wohl in der Praxis so gut wie[177] ausgeschlossen. Nehmen wir aber trotzdem den Fall, als gegeben an. Ob es Sünde ist, ein Kind mit Suppe zu taufen, hängt vor allem von der Art der Suppe ab. Ich kenne ja nur die Suppe, die in unserer Mensa ausgegeben wird, und diese, Herr Professor, ist meines Erachtens ganz hervorragend geeignet, anstelle von Wasser bei der Taufe verwendet zu werden, denn der Unterschied zwischen beiden ist bedeutungslos».
In der Wohnung des dänischen Physikers Niels Bohr hing ein Hufeisen[178] an der Wand. «Ist es möglich», fragte ein Besucher, «daß Sie, ein Mann der Wissenschaft, glauben, das werde Ihnen Glück bringen?»
«Selbstverständlich nicht», erwiderte Bohr, «aber man hat mir gesagt, es bringe einem Glück, ganz gleich, ob man daran glaubt oder nicht».
Wiederholungsaufgaben
I. Wiederholen Sie die §§ 6 u. 7.
II. Sprechen Sie[179] zum Thema «Psychologie und Kunst» nach dem folgenden Plan:
1) Die Rolle der Sinnesorgane im Leben des Menschen.
2) Sinne und Gefühle.
3) Kunst, Sinne und Gefühle.
4) Kunstwerk und Subjekt.
III. Wiederholen Sie den § 8.
IV. Drei von den unten angegebenen Vokabeln sind in keinem Text dieses Buches vorgekommen. Welche sind es? Was bedeuten die anderen Wörter?
die Eigenschaft, die Eignung, die Erfahrung, die Erkenntnis, eindeutig, eindringen, Einfluß, einheitlich, einseitig, die Einsicht, der Eklektiker, die Empfindung, empirisch, endlich, die Erregung, die Erstarrung, die Erziehung, evident, die Evolution, exakt, das Exil, explizieren, extensional, extramental
V. Beantworten Sie ausführlich die folgenden Fragen:
1) Wie kann man beweisen, daß jede Philosophie Klassencharakter trägt?
2) Sowohl der dialektische als auch der frühere Materialismus gehen beide vom Primat der Materie gegenüber dem Bewußtsein aus. Worin bestehen doch die wichtigsten Unterschiedsmomente zwischen den beiden?
3) Welcher Unterschied besteht zwischen der dialektischen und der metaphysischen Denkweise?
4) Warum meinten Marx und Engels, daß der Kapitalismus durch den Sozialismus unbedingt abgelöst wird?
5) Seit wann existiert das logische Denken und die Wissenschaft der Logik?
6) Was ist die sogenannte höhere Nerventätigkeit? Was ist ihre Spezifik?
7) Was bedeutet der Fortschritt in der Kunstgeschichte?
8) Was ist der Unterschied zwischen dem Glauben in der Religion und dem in der Wissenschaft?
VI. Übersetzen Sie diese Wörter ins Deutsche. Wenn Sie das genau gemacht haben, werden die Anfangsbuchstaben der deutschen Vokabeln ein Wort ergeben, welches ihre Kenntnisse wohl richtig einschätzt:
общий; причина; бытие; чувство, конечный; случайность; вечный; косвенный; характер; тормозить; препятствовать; отрицание; познавать; тирания.
Auflösungen
Übung X.
1. die Auffassung; 2. das Gebiet; 3. das Ding; 4. studieren, erkennen; 5. erklären, auffassen; 6. progressiv; 7. der Gegenstand; 8. gesamt; 9. gesellschaftlich; 10. geschichtlich; 11. gleich, ähnlich, äquivalent; 12. ökonomisch.
Fragen für Fortgeschrittene
1. Die Epoche der französischen Aufklärung (der Name selbst stammt von einem der Begründer der Aufklärung – d’Alembert 1717 – 1783). Man spricht mitunter von dem «Jahrhundert der Vernunft».
2. L. Feuerbach (1804 – 1872). Seine angeführten Worte sind ein Protest gegen die damalige deutsche Philosophie Hegelscher Art.
3. Der Wiener Kreis. Die angeführte Ansicht ist dem Artikel eines der Vertreter dieser Schule – Rudolf Carnap (geb. 1891) entnommen.
4. Konfuzius (oder Kongzi) lebte 551 – 478 v.u.Z.
5. Gandhi (1869 – 1948). Die nach ihm benannte philosophische Anschauung heißt der Gandhismus.
6. Das ist der Anfang von Goethes «Faust» 1. Teil. Diese Worte spricht Doktor Faust.
Übung XVI. (Test). Die richtigen Übersetzungen sind:
1. berechtigt – д) законный (закономерный, правомерный)
2. das Dasein – б) бытие (существование)
3. entstellen vt – д) исказить
4. konsequent – б) последовательный
5. die Quelle – а) источник
6. die Umwelt – с) окружающая среда (окружающий нас мир)
7. unversöhnlich – д) непримиримый
8. vermögen vt – б) мочь (быть в состоянии)
9. verkörpern vt – а) воплощать
10. die Vermutung – д) предположение
11. vervollkommnen vt – а) усовершенствовать
12. widerlegen vt – с) опровергать
Bei 10 richtigen Übersetzungen bekommen Sie die Note 5, bei 8 – 4, bei 6 – 3, bei 4 – 2.
Fragen für Fortgeschrittene
1. Gottfried Wilhelm Leibniz (1646 – 1716).
2.
1) Humanismus (humanus = menschlich).
2) Materialismus (gr. materialis = von der Materie).
3) Existentialismus (lat. existens = seiend).
4) Nominalismus (lat. nomen = Name).
5) Phänomenologie (gr. phainomenon = Erscheinung, logos = Wort).
6) Personalismus (lat. persona = Person), z.B. katholischer Personalismus von E. Mounier.
7) Pragmatismus (gr. pragma – Tat, Tätigkeit).
8) Reismus (lat. res = Sache). Eine philosophische Konzeption, nach der nur Sachen existieren. Die Schöpfer dieser Konzeption sind der Deutsche Franz Brentano (1838 – 1917) und der Pole Tadeusz Kotarbiński (geb. 1886).
9) Naturalismus (lat. naturalis = natürlich).
10) Idealismus (gr. idea = Vorstellung).
Übung V.