Выбрать главу

Grevilles großer schwarzer Schreibtisch erstreckte sich zu meinen beiden Seiten bis in weite Fernen. Rechts und links ruhte die Platte auf doppelten Unterschränkchen mit Schubfächern, also auf insgesamt vier Schränkchen. Die meisten der Schubfächer enthielten inzwischen wieder das, was vor dem Einbruch in ihnen gewesen war, und ich begann planlos, das mir am nächsten befindliche Fach auf der linken Seite zu untersuchen, wobei ich vage nach allem Ausschau hielt, was mich auf die Dinge bringen könnte, die ich übersehen oder von denen ich nicht gewußt hatte, daß sie unbedingt erledigt werden mußten.

Zunächst aber fand ich keine zu erledigenden Aufgaben, sondern nur allerhand Geräte — die kleinen schwarzen Spielsachen, die jetzt in dicht geschlossenen Reihen aufgeräumt dalagen. Der Geigerzähler war da und der Minikopierer, ferner eine Vielzahl von Taschenrechnern, und ich zog einen kleinen schwarzen Gegenstand etwa von der Größe eines Taschenbuches heraus, den ich neugierig hin und her drehte, ohne eine Ahnung zu haben, was sich damit wohl anfangen ließe.

«Das ist ein elektronischer Entfernungsmesser«, sagte June, die schwungvoll hereingeschwebt kam, beide Hände voller Papiere.»Wollen Sie mal sehen, wie er funktioniert?«

Ich nickte, und sie legte das Ding flach auf den Schreibtisch.»Es zeigt Ihnen jetzt an, wie groß die Entfernung zwischen dem Schreibtisch und der Zimmerdecke ist«, sagte sie, auf Tasten drückend.»Da, bitte sehr, zwei Meter und sechsundzwanzig Zentimeter.«

«Ich will eigentlich gar nicht wissen, wie weit es bis zur Decke ist«, sagte ich.

Sie lachte.»Wenn Sie es flach an eine Wand halten, dann mißt dieser Apparat, wie weit es bis zur gegenüberliegenden Wand ist. Macht das in Null Komma nichts, wie Sie gesehen haben. Sie brauchen sich nicht mehr mit Bandmaßen rumzuplagen. Mr. Franklin hat das Ding gekauft, als er die Lagerräume neu einrichten ließ. Und er er-rechnete damit, was wir an Auslegware für den Fußboden und an Farbe für die Wände brauchen würden. Dieses Gerät sagt Ihnen das alles.«

«Sie mögen Computer, nicht wahr?«

«Ich liebe sie. In allen Formen und Größen. «Sie spähte in die geöffnete Schublade hinein.»Mr. Franklin kaufte vor allem immer die winzig kleinen. «Sie holte ein kleines graues Lederetui heraus, das etwa so groß war wie ein Kartenspiel, und ließ seinen Inhalt auf ihre flache Hand gleiten.»Dies kleine Dingelchen ist ein Reiseführer. Es gibt Ihnen solche Auskünfte wie die Telefonnummern von Taxiunternehmen, Fluggesellschaften, Informationsbüros, Wetteransagen, Botschaften, Büros von American Express. «Sie führte mir das Gerät vor, drückte glückstrahlend auf verschiedene Knöpfchen.»Stammt aus Amerika und sagt Ihnen sogar die Fernsehkanäle und Radiofrequenzen für ungefähr hundert amerikanische Städte, Tucson, Arizona, eingeschlossen, wo in jedem Februar die größte Edelsteinbörse der Welt stattfindet. Und es hilft Ihnen dazu noch in fünfzig anderen Weltstädten weiter, also in Orten wie Tel Aviv und Hongkong und Taipeh, wohin Mr. Franklin oft reiste.«

Sie legte den Reiseführer in die Schublade zurück und holte etwas anderes heraus.»Dieses kleine, runde Gerät ist eine Art Teleskop, sagt Ihnen aber auch, wie weit Sie von Dingen entfernt sind. Ist was für Golfspieler. Zeigt einem an, wie weit man noch von der Fahne auf dem Grün entfernt ist, sagte Mr. Franklin. Damit man weiß, welchen Schläger man nehmen muß.«

«Wie oft hat er Golf gespielt?«fragte ich und schaute durch das weniger als zehn Zentimeter lange Teleskop, in welchem ich eine Skala sehen konnte, deren unterste Linie mit GRÜN beschriftet war, während darüber immer kleiner werdende Zahlen standen, die von 200 in unten bis 40 in oben reichten.»Er hat nie viel darüber gesprochen.«

«Er spielte manchmal an den Wochenenden, glaube ich«, sagte June, ihrer Sache nicht sicher.»Sie bringen die Markierung GRÜN mit dem wirklichen Grün auf eine Höhe, und dann ist, glaube ich, die Fahnenstange immer 2,40 Meter hoch, so daß ihre Spitze auf die Entfernung zeigt, die einen jeweils noch von ihr trennt. Er meinte, das sei eine gute Sache, vor allem für Amateure wie ihn. Er sagte auch, daß man sich nie schämen müsse, wenn man in den Bunkern des Lebens lande, solange man nur sein Bestes gebe. «Sie blinzelte ein bißchen mit den Augen.»Er hat mir diese Sachen immer gezeigt, wenn er sie gekauft hatte. Er wußte, daß ich so was auch mag. «Sie angelte nach einem Taschentuch und wischte sich die Augen, ohne sich dafür zu entschuldigen.

«Wo bekam er die denn alle her?«fragte ich.

«Meistens von Versandhäusern.«

Ich war einigermaßen überrascht. Versandhäuser und Greville, das schien irgendwie nicht so ganz zusammenzupassen — aber da irrte ich mich, wie ich gleich darauf entdecken mußte.

«Möchten Sie gern mal unseren neuen Katalog sehen?«fragte June und war durch die Tür hinaus und wieder zurück, bevor ich mir noch die Frage hatte beantworten können, ob ich jemals einen alten zu Gesicht bekommen und dies verneint hatte.»Frisch aus der Druckmaschine«, sagte sie.»Ich war gerade dabei, sie auszupacken.«

Ich blätterte die fünfzig Seiten der Hochglanzbroschüre durch und fand da in naturgetreuen Farben all die polierten Prachtstücke abgebildet, deren Bekanntschaft ich schon in den Lagerräumen gemacht hatte, und dazu noch eine ganze Reihe anderer von bescheidenerer Herkunft. Amulette, Ringe, Herzen und Schmetterlinge — der Möglichkeiten der Schmuckgestaltung schien kein Ende zu sein. Als ich verächtlich vor mich hinmurmelte, daß das ein Haufen Müll sei, eilte June schnell und energisch zur Verteidigung der Schmuckstücke herbei, ganz wie eine Glucke, deren Küken in Gefahr geraten waren.

«Nicht jeder kann sich Diamanten leisten«, sagte sie scharf,»und ganz unabhängig davon sind diese Sachen sehr hübsch und wir verkaufen die Steine zu Tausenden, sie landen in Hunderten von Geschäften in den High Streets und in Kaufhäusern, und ich beobachte oft, wie Leute die eigentümlichen Stücke kaufen, die hier bei uns durchgelaufen sind. Die Leute mögen sie, auch wenn sie vielleicht nicht ganz Ihrem Geschmack entsprechen.«

«Tut mir leid«, sagte ich.

Sie beruhigte sich wieder ein wenig.»Ich nehme an, ich sollte nicht so mit Ihnen sprechen«, sagte sie unsicher,»aber Sie sind ja nicht Mr. Franklin. «Sie brach mit gerunzelter Stirn ab.

«Das ist schon okay«, sagte ich.»Ich bin’s und ich bin’s auch wieder nicht. Ich verstehe schon, was Sie sagen wollen.«

«Alfie meint«, sagte sie langsam,»daß es einen Steeple-chase-Jockey mit Namen Derek Franklin gibt. «Sie sah auf meinen Fuß hinab, als ginge ihr ein Licht auf.»War in ei-nem Jahr sogar Champion, sagt er. Immer unter den ersten zehn. Sind das… Sie?«

Ich sagte möglichst neutraclass="underline" »Ja.«

«Ich mußte Sie das fragen«, sagte sie.»Die andern wollten nicht.«

«Warum nicht?«

«Annette glaubt nicht, daß Sie ein Jockey sein können. Sie seien dafür nämlich zu groß. Sie meint, Mr. Franklin hätte nie was erwähnt, daß Sie einer sind. Sie habe nur gehört, daß er einen Bruder habe, mit dem er ein paarmal im Jahr zusammenkomme. Sie sagt, sie werde einfach ignorieren, was Alfie denke, weil es nicht sehr wahrscheinlich sei. «Sie machte eine Pause.»Alfie hat das gestern erzählt, als Sie schon gegangen waren. Er hat auch noch gemeint… alle haben das… na ja, daß sie nicht wüßten, wie ein Jockey so einen Laden wie unseren hier führen könnte. Das heißt, wenn Sie wirklich einer sind. Keiner wollte, daß es so ist, und deshalb auch nicht nachfragen.«