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«Sagen Sie Alfie und den anderen, daß ihre Jobs im Eimer sind und sie noch vor Ablauf der Woche auf der kalten Straße stehen, wenn der Jockey das Geschäft nicht weiterführt.«

Sie riß ihre blauen Augen auf.»Sie klingen genauso wie Mr. Franklin!«

«Und Sie brauchen den Kunden gegenüber meinen eigentlichen Beruf nicht zu erwähnen, damit ich von denen nicht auch, wie von den Mitarbeitern des Hauses, das Mißtrauen ausgesprochen bekomme.«

Ihre Lippen formten das Wort» Wow«, aber sie sprach es nicht aus. Sie verschwand aus dem Zimmer und kehrte augenblicklich zurück, gefolgt von allen anderen, die ganz offensichtlich in einem Zustand erneuerter Besorgnis waren.

Nicht eine wirkliche Führungskraft dabei. Schade.

Ich sagte:»Sie sehen alle miteinander so aus, als sinke das Schiff und das Rettungsboot sei leck. Nun, wir haben den Kapitän verloren, und ich gebe gern zu, daß wir in Schwierigkeiten sind. Ich habe immer nur an der frischen Luft und mit Pferden gearbeitet, hatte nie einen Schreibtischjob. Aber wie ich schon gestern sagte, wird dieses Unternehmen weitergeführt werden und es wird weitergedeihen. Auf die eine oder andere Weise werde ich dafür sorgen, daß es das tut. Wenn Sie also alle wie gewohnt weitermachen und dafür sorgen, daß uns unsere Kunden gewogen bleiben, dann tun Sie sich selbst einen Gefallen, denn wenn wir unsere Schwierigkeiten heil überstehen, dann ist für Sie alle ein Bonus fällig. Ich bin zwar nicht mein Bruder, ich bin aber auch kein Narr und lerne recht schnell. Lassen Sie uns also mit der Ausführung der Aufträge weitermachen und. äh. Kopf hoch!«

Lily, die Charlotte-Bronte-Figur, sagte demütig:»Wir bezweifeln ja nicht wirklich Ihre Fähigkeiten…«

«Natürlich tun wir das«, unterbrach Jason sie. Er blickte mich mit einem hellen Kichern und der Andeutung verächtlich geschürzter Lippen an.»Geben Sie uns lieber einen Tip für das Rennen um drei Uhr dreißig.«

Ich hörte mir geduldig diese straßenjungenhafte Herausforderung an, die zu dem stacheligen, orangefarbenen Haar gut paßte. Er dachte wohl, leichtes Spiel mit mir zu haben.

Ich sagte:»Wenn Sie es schaffen, bei einem Drei-Uhr-dreißig-Rennen als Sieger durchs Ziel zu gehen, dürfen Sie sich Ihre verächtlichen Bemerkungen leisten. Bis dahin jedoch arbeiten Sie weiter oder gehen Sie, Sie haben die Wahl.«

Es trat eine widerhallende Stille ein. Alfie lächelte fast. Jason sah lediglich bockig drein. Annette holte tief Luft, und in Junes Augen funkelte ein Lachen.

Dann schlenderten sie alle, noch immer wortlos, davon, und es war mir nicht möglich zu sagen, wie sehr ich sie hatte beruhigen können — wenn überhaupt. Ich lauschte dem Echo meiner eigenen Stimme nach, die behauptete, ich sei kein Narr, und fragte mich reumütig, ob das wirklich stimmte. Aber es schien mir wichtiger denn je, die Firma Saxony Franklin — wie auch immer- über Wasser zu halten, solange sich die Diamanten noch nicht gefunden oder ich die Hoffnung verloren hatte, sie doch noch zu finden.

June kam wieder herein und sagte vorsichtig:»Ihre anfeuernden Worte scheinen zu wirken.«

«Gut.«

«Alfie hat Jason einen ordentlichen Anpfiff verpaßt, und Jason will bleiben.«

«Schön.«

«Kann ich sonst irgendwie behilflich sein?«

Ich sah in ihr schmales, waches Gesicht mit seinen blonden Wimpern und blond-bis-unsichtbaren Augenbrauen, und es wurde mir bewußt, daß alle Unternehmungen zur Rettung der Firma ohne sie nicht die geringste Aussicht auf Erfolg hatten. Mehr noch als ihr Computer war sie die Seele des ganzen. Mehr als Annette.

«Wie lange arbeiten Sie eigentlich schon hier?«

«Drei Jahre. Seit meinem Schulabgang. Fragen Sie mich nicht, ob ich den Job mag. Ich liebe ihn. Was soll ich jetzt für Sie tun?«

«Kramen Sie mal im Gedächtnis Ihres Computers, ob Sie da Hinweise auf Diamanten finden.«

Sie war kurz ungehalten.»Ich habe Ihnen doch gesagt, daß wir nicht mit Diamanten handeln.«

«Würden Sie’s trotzdem mal tun?«

Sie zuckte die Achseln und war fort. Ich stellte mich auf meine Füße — meinen Fuß — und folgte ihr, sah ihr dabei zu, wie sie gekonnt auf dem Keyboard herumtippte.

«Absolut gar nichts unter Diamanten«, sagte sie schließlich.»Nichts. Wie ich gesagt habe.«

«Ja. «Ich dachte an die Pappschachteln im Tresorraum und an die mineralischen Inhaltsangaben auf den Etiketts.»Ist Ihnen zufällig die chemische Formel von Diamanten geläufig?«

«Ja, klar«, antwortete sie prompt.»Einfach C. Für Carbon. Diamanten sind reiner Kohlenstoff.«

«Könnten Sie’s noch einmal versuchen? Unter C?«

Sie tat dies, aber unter C gab es keine Datei.

«Wußte mein Bruder, wie man diesen Computer bedient?«fragte ich.

«Er kannte sich mit allen Computern aus. Brauchte nur fünf Minuten, um sich die Bedienungsanleitung durchzulesen.«

Ich dachte nach und starrte dabei auf den leeren, nicht gerade sehr hilfsbereiten Monitor.

«Gibt es«, fragte ich,»irgendwelche Geheimdateien da drin?«

Sie sah mich mit großen Augen an.»Wir verwenden nie Geheimdateien.«

«Aber möglich wäre es?«

«Selbstverständlich, ja. Aber wir brauchen sie nicht.«

«Wenn es Geheimdateien gäbe«, fragte ich weiter,»würden Sie dann wissen, daß sie da sind?«

Sie nickte kurz.»Ich würde es nicht wissen, aber ich könnte es feststellen.«

«Wie?«fragte ich.»Ich meine, würden Sie’s bitte mal tun?«

«Wonach suche ich aber? Ich verstehe nicht.«

«Diamanten.«

«Aber ich habe Ihnen doch gesagt, daß wir…«

«Ich weiß«, sagte ich,»aber mein Bruder sagte mal, daß er Diamanten zu kaufen beabsichtige, und ich muß einfach wissen, ob er es getan hat. Wenn die Möglichkeit besteht, daß er eine private Information da drin gespeichert hat, als er irgendwann einmal als erster oder als letzter hier im Büro war, muß ich sie finden.«

Sie schüttelte den Kopf, tippte aber, meinem Wunsch Folge leistend, auf dem Keyboard herum und ließ auf dem Monitor erscheinen, was sie als» Menüs «bezeichnete. Das schien eine ziemlich langwierige Sache zu sein, aber schließlich und endlich stieß sie mit gefurchter Stirn auf etwas, was sie innehalten ließ. Dann erhöhte sich ihre Aufmerksamkeit schlagartig, als auf dem Bildschirm wie zuvor schon der Begriff» Codewort «erschien.

«Das verstehe ich nicht«, sagte sie.»Wir haben dem Computer ein allgemeines Codewort eingegeben, das >Saxony< lautet und das wir fast nie verwenden. Aber Sie können jedes beliebige Codewort auf ein Dokument setzen, das dann >Saxony< ausschaltet. Dies hier wurde erst vor einem Monat eingegeben. Das Datum steht auf dem Menü. Wer immer das gemacht hat — in jedem Falle hat er nicht >Saxony< als Codewort verwendet. Es könnte alles sein, buchstäblich jedes Wort, das es auf dieser Welt gibt.«

Ich sagte:»Mit Dokument meinen Sie Datei?«»Ja, Datei. Jede Eingabe hat eine Datei-Bezeichnung, also zum Beispiel >Orientalische Zuchtperlenc. Wenn ich nun >Orientalische Zuchtperlen< aufrufe, erhalte ich auf dem Monitor eine Übersicht über unseren Bestand. Das mache ich laufend. Aber dieses Dokument mit unbekanntem Codewort ist unter Perle, also dem Singular, aufgelistet, nicht unter der Pluralform Perlen, und das verstehe ich nicht. Ich habe das nicht eingegeben. «Sie sah mich an.»Auf alle Fälle heißt es da aber auch nicht >Diamanten<.«

«Versuchen Sie doch noch einmal, dieses Codewort zu erraten.«

Sie probierte es mit» Franklin «und mit» Greville«, aber ohne Erfolg.»Es kann einfach alles sein«, sagte sie ratlos.

«Versuchen Sie mal >Dozen Roses<.«

«Wieso >Dozen Roses<?«Das kam ihr sehr seltsam vor.

«Greville hat ein Pferd, ein Rennpferd, mit diesem Namen.«