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Es war nicht schwer, sich seine Erregung zu erklären. >Dattelpalme< war nämlich das Pferd, mit dem ich den

Gold Cup gewonnen hatte — ein siebenjähriger Wallach, der — mit etwas Glück — noch am Anfang einer vielversprechenden Karriere als Steepler stand. Seine Besitzerin hatte kürzlich bei Milo die Bombe der Nachricht platzen lassen, daß sie England zu verlassen und einen Australier zu heiraten gedenke, und wenn er >Dattelpalme< zu der astronomisch hohen Summe, die sie genannt hatte, an einen seiner anderen Besitzer verkaufen könne, dann werde sie das Pferd nicht zur Auktion geben, das heißt aus seinem Stall holen müssen.

Seitdem war Milo die meiste Zeit über in einem Zustand der Panik gewesen, weil bislang noch keiner der anderen Besitzer den genannten Preis für angemessen erachtet hatte, zumal da sie den Sieg im Gold Cup für reines Glück hielten, das sich dem Fehlen einer Reihe von weit etablierteren, aber an Husten erkrankten Tieren verdankte. Sowohl Milo als auch ich waren der Auffassung, daß >Dat-telpalme< weit besser als sein Ruf war, und mir war so sehr wie ihm daran gelegen, daß das Pferd dem Stall erhalten blieb.

«Beruhige dich, ich werde kommen«, versicherte ich ihm.

Erleichtert stieß er eine Menge Luft aus.»Sag den Ostermeyers, daß er ein wirklich gutes Pferd ist.«

«Das ist er«, sagte ich,»und ich werd’s ihnen schon beibringen.«

«Danke, Derek. «Seine Stimme senkte sich zu normaler Lautstärke herab.»Ach, übrigens gibt es kein Pferd namens >Koningin Beatrix< und wird es wohl auch nie geben. Bei Weatherby sagt man, daß Beatrix die Königin der Niederlande sei, und sie sehen es nicht gerne, wenn Leute ihre Pferde nach Personen aus königlichem Hause benennen.«

«Oh«, sagte ich,»herzlichen Dank für die Auskunft.«

«Gern geschehen. Bis morgen also. Sei um Himmels willen pünktlich. Du weißt ja, daß die Ostermeyers noch vor den Hühnern aufstehen.«

«Was ich brauche«, sagte ich zu Annette und legte den Hörer auf,»ist ein Terminkalender, damit mir nicht entfällt, wo ich versprochen habe, wann zu erscheinen.«

Sie fing an, in der Schublade mit dem technischen Spielzeug zu suchen.

«Mr. Franklin hatte so ein elektronisches Ding, in das er seine Termine einzugeben pflegte. Das könnten Sie doch erst einmal benutzen. «Sie kramte in der schwarzen Sammlung herum, aber ohne Erfolg.»Warten Sie einen Augenblick«, sagte sie und schloß das Fach wieder,»ich frage mal June, ob sie weiß, wo es ist.«

Sie eilte geschäftig davon, und ich dachte darüber nach, wie ich den Ostermeyers, die sich alles leisten konnten, was sie haben wollten, nahebringen könnte, daß >Dattel-palme< ihnen, wenn schon nicht ihre Dollars zurück, so doch Ruhm und Ehre bringen würde. Sie hatten immer mal wieder Springpferde bei Milo stehen gehabt, aber jetzt schon fast ein ganzes Jahr nicht mehr. Ich hätte schon viel erreicht, dachte ich, wenn ich sie davon überzeugen könnte, daß es an der Zeit sei zurückzukehren.

Ganz leise und gedämpft erklang ein Ton, so ein Weckton, wie sie diese modernen Quarzwecker von sich geben, aber ich schenkte dem anfangs keinerlei Beachtung. Als aber das Piepsen nicht wieder aufhörte, zog ich das Spielzeugfach auf, um dort nachzuschauen, und natürlich verstummte es sofort, als ich dies tat. Ich zuckte die Achseln und schloß die Schublade wieder, und in diesem Augenblick kehrte auch Annette zurück und brachte zwar ein Stück Papier, aber keinen elektronischen Terminkalender mit.

«June weiß auch nicht, wo der Hexer geblieben ist, und deshalb lege ich Ihnen zunächst einmal einen Behelfskalender auf diesem einfachen Blatt Papier an.«

«Was ist das denn, der Hexer?«fragte ich.

«Dieser Rechner. Oder Minicomputer. June meinte, der könne alles, außer Eier kochen.«

«Und warum nennen Sie ihn >Hexer<?«wollte ich wissen.

«Das ist der Markenname, der da draufsteht. Das Ding hat etwa die Größe eines Taschenbuchs und war Mr. Franklins Lieblingsgerät. Er nahm es überallhin mit. «Sie runzelte die Stirn.»Vielleicht liegt’s im Auto, wo immer sich das befinden mag.«

Das Auto! Noch ein Problem.»Ich werde den Wagen schon finden«, sagte ich mit mehr Zuversicht, als ich verspürte. Irgendwie würde ich das Auto finden müssen.»Vielleicht ist ja der Hexer auch bei dem Einbruch hier entwendet worden«, sagte ich.

Sie sah mich an, und ihre Augen öffneten sich weit.»Der Dieb hätte aber wissen müssen, um was es sich da handelt. Das Gerät wird flach zusammengelegt, und man kann keine Tasten mehr sehen.«

«Diese Geräte lagen alle auf dem Fußboden, nicht wahr?«

«Ja. «Das verwirrte sie.»Warum das Adreßbüchlein? Warum die Oktober-Termine? Warum den Hexer?«

Wegen der Diamanten, dachte ich ganz spontan, konnte das aber nicht begründen. Vielleicht hatte jemand — wie ich — nach der Karte gesucht, auf der das Versteck des Schatzes mit einem X markiert war. Vielleicht hatte er gewußt, daß es diesen Minicomputer gab. Vielleicht hatte er ihn gefunden.

«Ich werde morgen ein paar Stunden später kommen«, sagte ich zu Annette.»Und um fünf muß ich wieder weg, weil ich um halb sechs mit Elliot Trelawney verabredet bin. Wenn Sie also Prospero Jenks erreichen sollten, dann fragen Sie ihn, ob ich zu irgendeiner Zeit dazwischen bei ihm vorbeikommen könnte. Oder wenn das nicht paßt, dann eben irgendwann am Donnerstag. Halten Sie den Freitag frei, wegen der Bestattung.«

Greville ist erst vorgestern gestorben, dachte ich. Das schien schon wieder eine Ewigkeit her zu sein.

Annette sagte:»Ja, Mr. Franklin«, und biß sich bestürzt auf die Lippen.

Ich lächelte sie an.»Nennen Sie mich doch Derek. Ganz einfach Derek. Und legen Sie da hinein, wonach immer Ihnen zumute ist.«

«Es ist alles so verwirrend«, sagte sie schwach.»Von einer Minute zur anderen.«

«Ja, ich weiß.«

Mit einer gewissen Erleichterung fuhr ich im Servicelift nach unten und schwang mich an meinen Krücken über den Hof zu Brad, der im Auto saß. Er sprang heraus und verfrachtete mich auf den Rücksitz, dazu die Krücken, und wartete, bis ich mein Bein auf dem Lederpolster zurechtgelegt und mich selbst für die Fahrt in bequemstem Winkel in der Ecke zurechtgesetzt hatte.

«Nach Hause?«fragte er.

«Nein. Wie ich schon auf der Herfahrt sagte, würde ich gern noch nach Kensington, wenn’s recht ist.«

Er nickte kaum wahrnehmbar mit dem Kopf. Ich hatte ihn am Morgen mit einer großmaßstäbigen Karte von West-London ausgestattet und ihn gebeten, sich mal genau anzuschauen, wie wir zu der Straße gelangen könnten, in der Greville gewohnt hatte, und ich hoffte inständig, daß er das auch getan hatte, denn ich fühlte mich sehr viel erschöpfter, als ich zugeben wollte, und nicht mehr dazu in der Lage, jetzt noch in nervenaufreibenden Kreisen in dem vom Verkehr verstopften London herumzufahren.

«Achten Sie doch bitte auch mal auf einen Pub namens >The Rook and Castle<«, sagte ich, als wir uns der Gegend von Grevilles Haus näherten.»Ich muß nämlich dort morgen um halb sechs jemanden treffen.«

Brad nickte und entdeckte den Pub dann mit dem unfehlbaren Gespür des Biertrinkers sehr schnell, wobei er nur heftig gestikulierte, um mich darauf aufmerksam zu machen.

«Großartig«, sagte ich, was er mit einem Zucken seiner Schultern beantwortete.

Er steuerte Grevilles Adresse mit einer solchen Sicherheit an, daß ich mich fragte, ob es sein könnte, daß er schon mal früher am Tage zu Erkundungszwecken hier gewesen war — seine Tante wohnte theoretisch allerdings in genau entgegengesetzter Richtung. Wie auch immer, er reichte mir meine Krücken, öffnete die Pforte zu dem kleinen Vorgarten und sagte redselig:»Ich werd im Auto warten.«

«Es kann gut eine Stunde oder länger dauern. Könnten Sie nicht mal schnell nachschauen, ob in dieser oder in den umliegenden Straßen ein alter Rover mit diesem Kennzeichen hier steht?«Ich gab ihm ein Kärtchen, auf dem ich die Nummer notiert hatte.»Das Auto meines Bruders«, sagte ich.