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«Wollja. «Er klang besorgt.»Sie sagten doch, ich soll’s bei mir behalten.«

«Ja, das hab ich auch so gemeint.«

«Ich bin mal zu Ihrem Haus hingegangen. Da war aber niemand nich da.«

«Ich bin auch jetzt nicht dort«, sagte ich.»Wollen Sie mich immer noch fahren?«

«Wollja. «Und dann sehr bestimmt:»Jetzt?«

«Morgen früh. «Ich sagte, ich würde ihn morgen um acht vor dem Hotel in der Nähe des Bahnhofs von Swindon erwarten, um von dort aus mit ihm nach London zu fahren.»Okay?«

«Wollja«, sagte er wieder, hängte auf — und es klang wie das Schnurren einer Katze, die sich wieder ihrer Milch zuwendet.

Lächelnd und gähnend — eine kieferzerreißende Kombination — ließ ich mir ein Bad ein. Dann zog ich mich aus, wickelte die Bandage ab und lag dankbar im warmen Wasser, das die Müdigkeit und Simms’ Blut allmählich von mir löste. Da meine Reisetasche wie die Krücken unversehrt geblieben war, konnte ich mir auch die Zähne putzen und meine Nachtshorts anziehen. Dann verband ich das Fußgelenk frisch und hängte ein» Bitte nicht stören!«-Schild draußen an die Türklinke. Und um neun lag ich im Bett und schlief und träumte von Zusammenstößen und Bränden und nebelhaft schwebenden Bedrohungen.

Am Morgen war Brad auf die Minute pünktlich zur Stelle, und wir fuhren zunächst auf der notwendigen Suche nach frischen Sachen zu meiner Wohnung. Seine Mama, so versprach Brad, würde die Sachen waschen, die ich bei dem Unfall angehabt hatte.

Meine Wohnung war noch immer ruhig und nicht durchwühlt, keine Gefahren lauerten draußen im hellen

Tageslicht. Ich zog mich unbehelligt um, packte meine Reisetasche neu, und dann fuhren wir in höchst ordentlicher Manier nach Lambourn, wobei ich neben Brad saß und dachte, daß ich auch hätte selbst fahren können — wenn ich nicht seine Gegenwart so beruhigend gefunden hätte, zumal ich ja auch an eben jenen beiden Tagen zu Schaden gekommen war, an denen er mich nicht begleitet hatte.

«Sollte uns ein Auto überholen und sich dann vor uns setzen«, sagte ich,»dann überholen Sie es nicht wieder. Lassen Sie sich einfach zurückfallen und biegen Sie in eine Nebenstraße ab.«

«Wieso?«

Ich erzählte ihm, daß die Polizei der Ansicht sei, wir wären in einen geplanten, sich eben nur bewegenden Hinterhalt geraten. Weder die Ostermeyers noch ich, sagte ich entschieden, trügen Verlangen danach, diese Erfahrung zu wiederholen, und er, Brad, wolle doch wohl auch nicht das Schicksal von Simms teilen. Er grinste — ein enervierender Anblick — und gab mir durch ein Kopfnicken zu verstehen, daß er meine Anweisung befolgen wolle.

Die Straße, die man normalerweise fuhr, um nach Lambourn zu gelangen, erwies sich als immer noch gesperrt, und ich fragte mich kurz, als wir der Umleitung folgten, ob der Grund dafür die anhaltenden Ermittlungen wegen versuchten Mordes waren oder einfach technische Probleme bei der Entwirrung des Blechknäuels.

Martha und Harley saßen, noch zittrig, beim Frühstück und führten die Kaffeetassen unsicher an bebende Lippen. Milo schob sehr erleichtert die Bürde ihrer Betreuung mir zu und erklärte ihnen, daß ihnen nun, da Derek da sei, nichts mehr passieren könne. Ich war mir dessen nicht ganz so sicher, vor allem, wenn Harley und die Polizei recht mit der Annahme hatten, daß meine Person gestern das Ziel gewesen war. Weder Martha noch Harley schienen Bedenken dieser Art zu haben, wiesen mir sogleich den Status eines Ersatzsohnes/-neffen zu, an den man sich ganz natürlich, wenn nicht um physischen, so doch um psychischen Beistand wenden konnte.

Ich sah sie voller Zuneigung an. Martha hatte sich immerhin genug Elan erhalten, um Lippenstift aufzulegen, und Harley maß dem Heftpflaster auf seiner Stirn keinerlei Bedeutung bei. Sie konnten aber nicht verhindern, daß ihr Nervensystem auf das mentale Trauma reagierte, und ich hoffte, daß es nicht lange dauern werde, bis ihre übliche Bevorzugung alles Vergnüglichen die Oberhand zurückgewann.

«Das einzig Gute am gestrigen Tag«, sagte Martha mit einem Seufzer,»war wohl die Tatsache, daß wir >Dozen Roses< gekauft haben. Milo sagt, er hätte schon einen Pferdetransporter hingeschickt.«

Ich hatte >Dozen Roses< vollkommen vergessen. Nicholas Loder und seine Erregung schienen so weit weg und so unwichtig zu sein. Ich sagte, daß es mich sehr freue, wenn sie froh über den Kauf wären, und daß ich in einer Woche oder so, wenn er sich in seinem neuen Quartier eingelebt habe, anfangen wolle, mit ihm das Springen zu üben.

«Ich bin sicher, daß er das ganz hervorragend machen wird«, sagte Martha tapfer und angestrengt um eine ganz normale Konversation bemüht.»Oder etwa nicht?«

«Manchen Pferden liegt es mehr als anderen«, sagte ich neutral.

«Es ist wie bei den Menschen.«

«Ich werde einfach daran glauben, daß er ein brillanter Hindernisspringer wird.«

Ein durchschnittlich guter, dachte ich, das würde mir ja schon genügen — aber die meisten Rennpferde konnten springen, wenn man nur geduldig mit ganz niedrigen Hindernissen wie zum Beispiel Baumstämmen anfing.

Milo bot frischen Kaffee und mehr Toast an, aber sie waren zur Abfahrt bereit, und binnen kurzem waren wir auf dem Weg nach London. Niemand überholte uns und verlangsamte die Geschwindigkeit, niemand legte uns einen Hinterhalt oder schoß auf uns, und Brad fuhr mit einem Schwung vor ihrem Hotel vor, der dem von Simms zumindest ebenbürtig war.

Marthas Augen glänzten, als sie mich zum Abschied auf die Wange küßte und ich sie auf die ihre. Harley schüttelte mir rauh die Hand. Sie würden bald wiederkommen, sagten sie, aber sie wären ganz ohne Frage auch froh, morgen erst einmal nach Hause fliegen zu können. Ich sah sie mit unsicheren Schritten ins Hotel hineingehen und dachte einfache Gedanken — so etwa den, daß ich hoffte, >Dattel-palme< würde sich für sie mit Ruhm überhäufen und >Do-zen Roses< ebenso, wenn er erst springen konnte.

«Firma?«schlug ich Brad vor, und er nickte und fuhr die nun schon vertrauten Wege nach Hatton Garden.

Bei Saxony Franklin schien sich nur wenig verändert zu haben. Es kam mir merkwürdig vor, daß erst eine Woche seit meinem ersten Besuch dort vergangen sein sollte — als ich jetzt wieder hinkam, hatte alles schon etwas so Vertrautes an sich. Die Mitarbeiter sagten» Guten Morgen, Derek«, als ob sie mich schon seit Jahren kennten, und Annette meinte, da seien noch Briefe vom Freitag liegengeblieben, die nach Entscheidungen verlangten.

«Wie war die Bestattung?«fragte sie traurig und breitete Papiere auf dem Schreibtisch aus.

Tausend Lichtjahre her, dachte ich.»Still«, sagte ich.»Gut. Ihre Blumen waren gut. Sie lagen oben auf seinem Sarg.«

Sie sah erfreut aus, meinte, sie werde es den anderen sagen, und quittierte meine Mitteilung, daß ein Gedenkgottesdienst stattfinden werde, mit augenscheinlicher Befriedigung.»Es war nicht recht, daß wir am Freitag nicht zu seiner Bestattung gegangen sind. Wir haben aber um zwei eine Schweigeminute eingelegt. Ich nehme an, daß Sie uns für recht albern halten.«

«Durchaus nicht. «Ich war gerührt und ließ sie das auch sehen. Sie lächelte auf ihre süße Art und ging, um den anderen zu berichten, und ließ mich in dem uralten Saft schmoren, Entscheidungen auf der Grundlage absoluter Unwissenheit treffen zu müssen.

June schwebte herein, sah glücklich aus mit ihren rosig schimmernden Wangen und teilte mir mit, daß unsere blau gebänderten Achatsplitter und Obsidian-Schneeflocken und Amazonit-Kugeln knapp würden.

«Bestellen Sie welche nach, wie gehabt.«

«Ja, gut.«

Sie drehte sich um und war schon fast wieder aus dem Büro, als ich sie zurückrief und fragte, ob unter all den technischen Spielereien auch ein Wecker zu finden sei. Ich zog die tiefe Schublade auf und deutete hinein.

«Ein Wecker?«Sie war nicht sicher und betrachtete prüfend die versammelten schwarzen Objekte.»Teleskope, Wörterbücher, Geigerzähler, Rechner, Spionagesaft…«