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«Das Kind aus dem Kombi meint, daß es ein grauer Volvo war, der sehr schnell fuhr. Der Busfahrer meint, der fragliche Wagen sei ziemlich langsam gefahren, bevor der Daimler versucht habe, ihn zu überholen, und er habe ebenfalls vorgehabt, an ihm vorbeizukommen und deshalb Gas gegeben, weshalb er ja dann den Daimler mit solcher Wucht gerammt habe. Er sagt, das Auto sei silbergrau gewesen und mit hohem Tempo davongefahren, was zu der Aussage des Jungen paßt.«

«Hat der Busfahrer die Pistole oder die Schüsse bemerkt?«fragte ich.

«Nein, Sir. Er achtete da nur auf die Straße und auf den Daimler, nicht auf den Wagen, den er überholen wollte. Dann scherte der Daimler plötzlich aus und prallte von der Mauer zurück, genau in seinen Weg. Er habe den Zusammenstoß nicht vermeiden können, sagt er. Können Sie das bestätigen, Sir?«

«Ja. Alles ging so wahnsinnig schnell. Er hatte wirklich keine Chance.«

«Wir fragen in der ganzen Gegend herum und bitten, daß sich alle melden, die an diesem Sonntagnachmittag eine graue, viertürige Limousine, möglicherweise einen Volvo, auf dieser Straße beobachtet haben, aber bislang haben wir nichts Neues erfahren. Wenn Ihnen noch etwas dazu einfallen sollte, und seien es auch nur geringfügige Kleinigkeiten, dann rufen Sie uns doch bitte an.«

Das wolle ich gern tun, sagte ich.

Ich legte auf und stellte mir dabei die Frage, ob wohl die von Vaccaro niedergeschossenen Piloten die Marke der Autos erkannt hatten, die ihren Tod ausgespieen hatten. Alle, die Zeuge dieser Morde geworden waren, hatten wohl, so nahm ich an, mit verständnislosem Grauen auf die zusammenbrechenden Opfer geschaut und waren nicht auf die Straße gesprungen, um einem schnell entschwindenden Nummernschild nachzustarren.

Niemand hatte an jenem Sonntag irgendwelche Schüsse gehört. Niemand, so hatte die Witwe Greville erzählt, hatte Schüsse gehört, als ihr Mann getötet worden war. Ein Schalldämpfer auf einer Pistole in einem fahrenden Auto… ein schnelles Pffft… Vorhang zu.

Vaccaro konnte Simms nicht erschossen haben. Vaccaro ergab keinen Sinn. Eher jemand mit den gleichen antisozialen Gewohnheiten wie die Leute in Nordirland oder anderswo. Ein gedankenloser Nachahmer. Präzedenzfälle gab’s mehr als genug.

Milos Sekretärin war sehr aktiv gewesen und hatte auch Phil Urquhart meine Londoner Nummer gegeben, der als nächster anrief, um mir mitzuteilen, daß bei >Dozen Ro-ses< keine Barbiturate nachzuweisen seien und daß er nun mit Blick auf den Verkauf eine Gesundheitsbescheinigung ausstellen werde.

«Gut«, sagte ich.

«Ich bin heute morgen noch mal zu einer Untersuchung des Pferdes dagewesen. Es ist noch immer ziemlich fromm. Das scheint sein natürlicher Zustand zu sein.«

«Mm.«

«Höre ich Zweifel?«

«Er ist jedenfalls jedesmal aufgeregt genug, wenn er zum Start galoppiert.«

«Natürliches Adrenalin«, sagte Phil.

«Wenn’s ein anderer als Nicholas Loder gewesen wäre.«

«Er würde so was nie riskieren«, sagte Phil, mir zustimmend.

«Aber wissen Sie… es gibt Stoffe, die die Wirkung des Adrenalins verstärken, also zum Beispiel Koffein. Bei den im Rennsport üblichen Tests wird danach nicht gesucht, weil diese Stoffe nicht als Stimulantien gelten. Es ist Ihr Geld, das für die Analysen draufgeht, die ich für Sie habe machen lassen. Wir haben noch was von der Urinprobe übrig. Wollen Sie, daß ich noch weitere veranlasse, wir nach was suchen, was wir im Normalfall nicht weiter beachten? Ich meine, glauben Sie wirklich, daß Nicholas Loder dem Pferd irgendwas gegeben hat, und wenn ja, möchten Sie wissen, was?«

«Es war einer seiner Besitzer, ein Mann namens Rollway, der dieses Bratendings dabeihatte, nicht Loder.«

«Gleiche Entscheidung. Möchten Sie noch etwas mehr Geld ausgeben oder die Sache auf sich beruhen lassen? Es könnte ja sein, daß das Geld zum Fenster rausgeschmissen ist. Und wenn die Tests zu einem Ergebnis führen, was dann? Sie wollen doch nicht, daß das Pferd disqualifiziert wird, das wäre wohl kaum sinnvoll.«

«Nein… wäre es nicht.«»Was macht Ihnen dann noch Kopfzerbrechen?«fragte er.

«Ich hör’s doch an Ihrer Stimme.«

«Die Angst«, sagte ich.»Nicholas Loder hatte Angst.«

«Oh. «Er schwieg einen kurzen Augenblick.»Ich könnte die Tests natürlich auch anonym machen lassen.«

«Ja. Lassen Sie sie machen. Ich möchte vor allem verhindern, daß den Ostermeyers eine Zitrone verkauft wird, wie sie sagen würden. Wenn >Dozen Roses< nicht auf Grund seiner ureigensten Stärken siegen kann, dann werde ich ihnen den Gedanken ausreden, ihn in ihren Besitz zu bringen.«

«Sie wollen also um ein negatives Resultat beten.«

«In der Tat.«

«Als ich heute morgen bei Milo war«, sagte er,»da telefonierte er gerade mit den Ostermeyers in London, erkundigte sich nach ihrem Befinden und wünschte ihnen eine gute Reise. Sie waren immer noch ein bißchen angeschlagen, wie’s schien.«

«Es wäre überraschend, wenn sie’s nicht wären.«

«Sie kommen aber wieder nach England, um >Dattel-palme< im Hennessy laufen zu sehen. Was macht Ihr Fußgelenk?«

«Bis dahin wieder so gut wie neu.«

«Na, dann also mal tschüß. «Ich konnte sein Lächeln förmlich hören.»Machen Sie’s gut.«

Er legte auf und ließ mich mit dem Gedanken allein, daß es immer noch gute Dinge auf dieser Welt gab, beispielsweise das Vertrauen der Ostermeyers und meine Teilnahme am Hennessy, und ich stand auf und stellte meinen linken Fuß auf den Boden, um auf diese Weise einen Bericht über seine Fortschritte zu erhalten.

Alles gar nicht so übel, solange ich ihn nicht belastete, aber gegen jeden Versuch zu gehen erhob er noch immer stechend schmerzenden Protest. Na schön, dachte ich und setzte mich wieder hin, dann gib ihm halt noch ein oder zwei Tage. Der Knöchel hatte ja auch nicht gerade eine therapeutische Woche hinter sich und gab ganz ohne Frage sein Bestes, gegen alle Widerstände. Am Donnerstag, dachte ich mir, würde ich mich von den Krücken trennen. Spätestens am Freitag. Und dann würde ich wieder laufen können. Immer optimistisch! Es war der Glaube, der heilte.

Das stets geschäftige Telefon klingelte erneut, und ich meldete mich schon routinemäßig mit» Saxony Franklin?«

«Derek?«

«Ja«, sagte ich.

Es war ganz unverkennbar Clarissas Stimme, die sagte:»Ich bin in London. Können wir uns treffen?«

Ich hatte sie noch nicht so bald erwartet. Ich sagte:»Ja, natürlich. Wo?«

«Ich dachte… vielleicht… bei Luigi. Kennen Sie Luigis Bar und Restaurant?«

«Nein«, sagte ich gedehnt,»aber ich werd’s schon finden.«

«Es ist in der Swallow Street in der Nähe des Piccadilly Circus. Wäre es Ihnen recht, wenn wir uns auf einen Drink träfen, sagen wir um sieben?«

«Und Abendessen?«

«Nun.«

«Und Abendessen«, sagte ich.

Ich hörte sie seufzen.»Ja, gut. «Dann legte sie auf, und ich saß da und konnte verstehen, daß sie einerseits den unwiderstehlichen Drang verspürte, mich dahin zu lotsen, wo sie sich mit Greville verabredet hatte, sich andererseits aber auch im klaren darüber war, daß sie das vielleicht besser nicht tun sollte.

Ich hätte nein sagen können, dachte ich. Das hätte ich, hatte es aber nicht. Ein wenig Selbstbeobachtung offenbarte, daß auch meine Reaktion auf sie nicht eindeutig war — so schien ich zum Beispiel unentschieden, ob ich sie trösten oder von ihr getröstet werden wollte.

Um halb vier war ich mit der Schreibtischarbeit fertig, stellte eine Bestellung von Perlen und eine von Türkisen zusammen, schloß den Tresorraum ab und brachte Annette dazu, wieder zu lächeln, wenn auch nur schwach. Um vier hielt Brad vor dem Geschäft von Prospero Jenks in Knightsbridge, und ich stellte das Telefon für ihn an, damit ich ihn wissen lassen konnte, wann meine Besprechung zu Ende war und er mich wieder abholen konnte.