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Er beobachtete mein Gesicht mit leicht geöffnetem Mund, leugnete nicht mehr, zeigte nur noch die stumme Ungläubigkeit dessen, dem man gründlich auf die Schliche gekommen ist.

«Die Mitarbeiter der Firma bekamen langsam spitz, daß ich von Beruf Jockey bin«, sagte ich,»und Jason legte mir gegenüber eine Unverschämtheit an den Tag, die ich für gänzlich unangemessen hielt, aber heute glaube ich, daß seine Überheblichkeit darauf basierte, daß er mich, Gesicht nach unten, unter seinen Füßen gehabt hatte. Das konnte er schlechterdings nicht überall herausposaunen, aber der Glaube an seine Überlegenheit stand ihm ins Gesicht geschrieben. Ich bat alle Mitarbeiter, die Kunden nicht durch die Mitteilung zu beunruhigen, daß sie ihre Geschäfte jetzt mit einem Jockey machten, der kein Gemmologe sei, aber ich halte es für sicher, daß Jason Ihnen dies sofort mitgeteilt hat.«

«Was läßt Sie das glauben?«Er sagte nicht, daß es nicht so gewesen war.

«Sie konnten nicht in Grevilles Haus reinkommen, um es zu durchsuchen«, sagte ich,»weil dieses Haus eine Festung ist. Sie konnten nicht so was wie eine Abrißbirne gegen die Fenster sausen lassen, weil die Eisengitter innen dies sinnlos machten, die im übrigen an ein direkt mit der Polizeiwache verbundenes Alarmsystem angeschlossen sind. Die einzige Möglichkeit, in dieses Haus hineinzu-kommen, war die, es mit den erforderlichen Schlüsseln aufzuschließen, und diese Schlüssel hatte ich. Deshalb dachten Sie sich etwas aus, wie Sie mich dorthin locken konnten, und bedienten sich dazu des Trainers, für den ich reite, weshalb ich auch weiß, daß Sie Kenntnis von meinem eigentlichen Beruf hatten. Außer den Mitarbeitern der Firma wußte sonst niemand, dem meine Tätigkeit als Jok-key bekannt war, daß ich Diamanten suchte, weil ich das nämlich mit Bedacht für mich behalten hatte. >Wenn Sie etwas über die Diamanten wissen wollene, sagten Sie, >dann kommen sie zum Telefon in Grevilles Haus< — und ich erschien auch gehorsamst, was saublöd war.«

«Aber ich bin niemals zu Grevilles Haus…«:, sagte er.

«Nein, Sie nicht. Aber Jason. Stark und schnell und mit Motorradhelm, der sein orangerotes Haar bedeckte, streckte er mich nieder, wie gehabt. Ich sah ihn beim Verlassen des Grundstücks über die Pforte springen. Das konnten Sie nicht gewesen sein. Nun, er hatte das ganze Haus auf den Kopf gestellt, aber die Polizei meinte, er habe das Gesuchte nicht gefunden, und davon bin auch ich überzeugt.«

«Und wieso?«fragte er und sagte dann:»Das heißt…«

«Wollten sie, daß Jason mich umbringt?«fragte ich ausdruckslos.

«Nein, natürlich nicht!«Die Vorstellung schien ihn wirklich zu schockieren.

«Das hätte er aber leicht tun können«, sagte ich.

«Ich bin kein Mörder!«Seine Entrüstung war, soweit ich das beurteilen konnte, aufrichtig und uneingeschränkt — ganz anders als seine Reaktion, als ich ihn einen Dieb genannt hatte.

«Was haben Sie vor zwei Tagen gemacht, am Sonntagnachmittag?«sagte ich.

«Was?«Die Frage verwirrte ihn zwar, beunruhigte ihn aber nicht.

«Was ist mit Sonntagnachmittag? Wovon reden Sie?«

Ich runzelte die Stirn.»Na schön, gehen wir also zurück zum Samstagabend. Zu Jason, der mir mit einem halben Ziegelstein eins auf den Kopf gegeben hat.«

Daß er davon wußte, war deutlich zu sehen. Wir waren wieder auf vertrautem Territorium.

«Man kann Menschen umbringen«, sagte ich,»wenn man sie mit Ziegelsteinen niederschlägt.«

«Aber er sagte…«Er verstummte.

«Sie können ruhig fortfahren«, sagte ich verständig,»denn wir beide wissen, daß das, was ich Ihnen erzählt habe, tatsächlich passiert ist.«

«Ja, aber… Was werden Sie diesbezüglich unternehmen?«

«Das weiß ich noch nicht.«

«Ich werde alles abstreiten.«

«Was hat Jason zu dem Ziegelstein gesagt?«

Er gab einen hoffnungslosen kleinen Seufzer von sich.»Er sagte, er wüßte schon, wie man Leute für eine halbe Stunde k. o. schlägt. Er hätte das bei Straßenschlachten gesehen, sagte er, und es auch schon selbst gemacht. Er sagte, es käme darauf an, wohin man schlägt.«

«Man kann die Zeit aber nicht so genau bestimmen«, warf ich ein.

«Nun ja, ich gebe nur wieder, was er gesagt hat.«

Er hatte auch gar nicht so unrecht gehabt, dachte ich. Ich hatte seine Schätzung um vielleicht zehn Minuten unterboten, mehr war’s nicht gewesen.

«Er meinte, Sie wären hinterher wieder völlig in Ordnung«, sagte Pross.

«Dessen konnte er auch nicht sicher sein.«

«Aber Sie sind’s doch, oder etwa nicht?«Da schien die Andeutung eines Bedauerns hörbar zu sein, daß mich der Schlag nicht meines Verstandes beraubt und unfähig zu der augenblicklichen Unterhaltung gemacht hatte. Roh und verantwortungslos, dachte ich. Und wirklich nicht zu verzeihen. Greville hatte den Verrat vergeben — aber welche Tat war die schlimmere?

«Jason wußte, welches Fenster er einschlagen mußte«, sagte ich» und er kam übers Dach. Die Polizei hat dort Spuren gefunden.«

Ich machte eine Pause.»Hat er das allein gemacht, oder waren Sie dabei?«

«Erwarten Sie von mir, daß ich Ihnen das erzähle?«fragte er ungläubig.

«Ja, das tue ich. Warum denn auch nicht? Sie wissen doch, welchen Einfluß die Bereitschaft zur Zusammenarbeit auf die Beurteilung einer Tat hat. Wie Ihr Versuch mit den fünf Diamanten ja auch zeigt.«

Er warf mir einen vernichtenden Blick zu und befragte seinen gesunden Menschenverstand — nicht, daß er allzu viel davon gehabt hätte, wenn man’s mal recht bedachte.

Schließlich sagte er ohne jede Scham:»Wir sind zusammen hingegangen.«

«Wann?«

«An dem Sonntag. Am späten Nachmittag. Nachdem er Grevs Sachen aus Ipswich angeschleppt hatte, die so völlig wertlos waren.«

«Sie fanden heraus, in welches Krankenhaus Greville eingeliefert worden war«, sagte ich,»und schickten Jason hin, damit er seine Sachen klaute, weil Sie ja glaubten, daß da auch die Diamanten dabei seien, von denen Ihnen Gre-ville gesagt hatte, daß er sie bei sich habe, stimmt’s?«

Er nickte erbärmlich mit dem Kopf.»Jason rief mich am Samstag von diesem Krankenhaus aus an und sagte mir, daß Grev noch nicht tot und sein Bruder aufgetaucht sei, ein gebrechliches altes Geschöpf an Krücken, und das sei gut, denn das mache ihn zu einem leichten Ziel… was Sie ja dann auch waren.«

«Ja.«

Er sah mich an, wiederholte:»Gebrechliches altes Geschöpf«, und lächelte matt. Und ich erinnerte mich, wie sehr ihn meine physische Erscheinung überrascht hatte, als ich zum ersten Mal hier bei ihm eingetreten war. Jason, so nahm ich an, hatte mich wahrscheinlich immer nur von hinten und zumeist aus einiger Entfernung gesehen. Ich hatte jedenfalls bestimmt nie jemanden bemerkt, der mir auflauerte — wobei ich zu dieser Zeit wohl auch kaum bemerkt hätte, wenn eine ganze Schiffsbesatzung in Habachtstellung dagestanden hätte. Das Zusammensein mit dem Sterbenden, das Erlebnis des nahenden Todes hatten das alltägliche Leben unwirklich und unwichtig werden lassen, und ich hatte nach Jasons Attacke noch Stunden gebraucht, bis ich dieses Gefühl wieder ganz losgeworden war.

«Na gut«, sagte ich,»Jason kam also mit leeren Händen aus Ipswich zurück. Was dann?«

Er zuckte mit den Schultern.»Ich dachte, daß ich mich wohl irgendwie geirrt haben mußte. Grev konnte nicht gemeint haben, daß er die Diamanten bei sich hatte. «Er schaute verdrießlich drein.»Mir war aber so, als ob er genau das gesagt hätte.«

Ich klärte ihn auf.»Greville war auf dem Weg nach Harwich, um dort einen Diamantenschleifer aus Antwerpen zu treffen, der mit der Fähre herüberkommen und ihm Ihre Diamanten bringen wollte. Zwölf Tropfen und acht Sterne.«