Sie gingen an den Gehegen der Ziegen, den Hasenställen und den Hamsterkäfigen vorbei.
»Da meldet man sich freiwillig zu einer Forschungsexpedition«, sagte Larsen bitter. »Man ist ein Held, sie schwingen große Reden, bevor sie einen auf die Reise schicken, und dann ist man nichts anderes als ein Zoowärter.«
»Dafür erhalten wir auch den doppelten Lohn.«
»Na und? Ich habe mich nicht nur des Geldes wegen verpflichtet. In der Einsatzbesprechung sagten sie, daß es sogar fraglich sei, ob wir jemals wieder zurückkehren würden, ob wir nicht dasselbe Schicksal wie Saybrook erleiden müßten. Ich habe unterzeichnet, weil ich irgend etwas Wichtiges tun wollte.«
»Ein todesmutiger Held.«
»Jedenfalls bin ich kein Tierwärter.«
Rizzo blieb stehen, öffnete einen Hamsterkäfig, nahm das Tier heraus und streichelte es.
»Ist Ihnen eigentlich nie der Gedanke gekommen, daß vielleicht einer dieser Hamster ein hübsches kleines Hamsterbaby in sich trägt?«
»Sehr schlau! Wir untersuchen sie jeden Tag.«
»Sicher, sicher.« Das kleine Wesen rieb seine Nase an Rizzos Hand. »Aber nehmen wir einmal an, Sie kommen eines Morgens hier herunter und finden sie. Niedliche kleine Hamster, die aus sanften grünen Flecken zu Ihnen aufblicken. Grüne Flecken im Pelz, dort, wo die Augen sein sollten.«
»Halten Sie den Mund!« schrie Larsen.
»Kleine, sanfte grüne Flecken im glänzenden Fell«, sagte Rizzo, und er fühlte plötzlichen Ekel in sich aufsteigen, als er den Hamster in den Käfig retournierte. Wieder stellte er den Empfang ein und wählte einen anderen Fokus. Auf seinem Heimatplaneten gab es kein Lebensfragment, das nicht ein ungefähres Gegenstück an Bord dieses Schiffes hatte.
Da gab es bewegliche Läufer in mehreren Gestalten, bewegliche Schwimmer und bewegliche Flieger. Manche der fliegenden Wesen waren ziemlich groß und hatten wahrnehmbare Gedanken. Andere waren kleine Kreaturen mit gazeartigen Flügeln. Sie übermittelten nur unvollkommene Gefühlsmuster und besaßen keinerlei Intelligenz.
Dann gab es noch unbewegliche Wesen, die wie die unbe-weglichen Wesen daheim grün waren und in der Luft, im Wasser und auf dem Boden lebten. Sie hatten überhaupt keinen Geist und waren sich nur dumpf des Lichts, der Feuchtigkeit und der Schwere bewußt.
Und jedes Fragment, beweglich oder nicht, wurde zum Gespött des Lebens.
Aber jetzt noch nicht. Noch nicht ...
Schon einmal waren diese Lebensfragmente gekommen, und die anderen daheim hatten versucht, ihnen zu helfen - aber zu schnell. Es hatte nicht funktioniert. Man mußte sich diesmal mehr Zeit lassen.
Wenn diese Fragmente ihn nur nicht entdeckten!
Bis jetzt hatten sie ihn nicht bemerkt. Immer noch lag er in der Ecke der Pilotenkanzel. Vorhin hatte er sich noch nicht bewegen können. Irgend jemand hätte ihn entdecken können, hätte das steife, wurmförmige Ding gesehen, das nicht ganz sechs Zoll lang war. Erst hätte man ihn verwundert angestarrt, dann erschrocken aufgeschrien, und dann wäre alles vorbei gewesen.
Aber jetzt hatte er sicher lange genug gewartet. Genug Zeit war nach dem Start verstrichen. Die Kontrollen waren auf Automatik gestellt, die Pilotenkanzel war leer.
Er brauchte nicht sehr lange. Bald fand er eine Ritze in dem Panzer und gelangte in die Nische, in der sich die Drähte befanden. Es waren tote Drähte.
Er benutzte seinen vorderen Körperteil als Säge und zerschnitt einen Draht, der gerade den richtigen Durchmesser hatte, in zwei Teile. Dann zerteilte er den Draht sechs Zoll weiter noch einmal. Die abgeschnittenen Teile verstaute er unsichtbar in einer Ecke. Das Äußere des Drahtes bestand aus braunem, elastischen Material, das Innere war rot glühendes Metall. Er konnte natürlich nicht selbst als Draht fungieren, aber das war auch nicht notwendig. Es genügte, daß er von einem dünnen Häutchen umgeben war, daß der Oberfläche eines Drahtes ähnelte.
Er kehrte zurück und ergriff die abgeschnittenen Teile des Drahtes. Fest umschloß er sie mit seinen kleinen Saugfüßen, und nirgends war auch nur eine Nahtstelle zu erblicken.
Jetzt konnten sie ihn nicht mehr finden. Und wenn sie ihn sahen, mußten sie ihn für ein Stück Draht halten.
Außer sie betrachteten ihn aus nächster Nähe. Dann würden sie feststellen, daß an einer gewissen Stelle dieses Drahtes zwei winzige Flecken aus grünem Fell glänzten.
»Es ist wirklich bemerkenswert«, sagte Dr. Weiss, »daß diese kleinen grünen Haare eine solche Wirkung haben.«
Captain Loring goß sorgfältig den Brandy ein. In gewissem Sinn war das eine kleine Feier. In zwei Stunden waren sie bereit zum Start in den Hyperraum, und in zwei Tagen würden sie auf der Erde eintreffen.
»Sind Sie überzeugt davon, daß dieses grüne Fell ein Sinnesorgan ist?« fragte Loring.
»So ist es«, sagte Weiss. Der Brandy bewirkte, daß er sich nur in Satzfetzen ausdrückte, aber bald fühlte er die Notwendigkeit, sich um eine etwas feierlichere Sprache zu bemühen. »Die Experimente sind unter größten Schwierigkeiten durchgeführt worden, aber sie waren sehr bezeichnend.«
Der Captain lächelte steif.
»>Unter größten Schwierigkeiten ist doch nur eine Redensart. Ich hätte nie so viel gewagt wie Sie.«
»Unsinn. Alle Männer, die sich an Bord dieses Schiffes befinden, sind Helden, großartige, mutige Männer, die sich freiwillig in Gefahr begeben haben. Sie haben viel riskiert.«
»Aber Sie haben als erster die Sperre durchschritten.«
»Das war kein besonderes Risiko«, erwiderte Weiss. »Ich verbrannte den Boden vor mir, während ich ging, gar nicht zu reden von der fahrbaren Barriere, die mich umgab. Unsinn, Captain. Wir alle werden unsere Medaillen erhalten, wenn wir zurückkehren. Wir wollen sie nehmen, ohne den Versuch einer Wertung zu unternehmen. Außer man berücksichtigt, daß ich ein Mann bin.«
»Aber sie sind voll von Bakterien, bis hier.« Der Captain durchschnitt mit einer schnellen Handbewegung die Luft. »Das macht sie genauso verletzlich wie eine Frau.«
»Wir sollten den Planeten unter Quarantäne stellen.«
»Das erscheint mir nicht drastisch genug«, sagte der Captain. »Es kann immer wieder jemand zufällig dort landen, der weder über Saybrooks Einsicht noch über seinen Charakter verfügt. Nehmen wir einmal an, er sprengt sein Schiff nicht in die Luft, wie Saybrook es tat. Nehmen wir an, er kehrt zu irgendwelchen bewohnten Plätzen zurück.« Der Captain wurde ernst. »Glauben Sie, daß sie jemals aus eigenen Stücken eine interstellare Raumfahrt entwickeln?«
»Das bezweifle ich. Natürlich kann man es nicht mit Sicherheit sagen. Sie haben eine völlig andere Orientierung. Ihre Lebensorganisation macht den Gebrauch von Werkzeugen unnötig. Soweit wir in Erfahrung bringen konnten, existiert nicht einmal eine Steinaxt auf diesem Planeten.«
»Ich hoffe, Sie haben recht. Oh, da ist noch etwas, Weiss. Könnten Sie ein paar Minuten für Drake opfern?«
»Sie meinen diesen Burschen von Galactic Press?«
»Ja. Sobald wir zurückkehren, wird die Geschichte vom Say-brook-Planeten an die Öffentlichkeit dringen. Und ich halte es für unklug, wenn man die Sache allzu sensationell aufbauscht. Deshalb sagte ich Drake, er soll Sie bezüglich der Story zu Rate ziehen. Sie sind Biologe und besitzen genug Autorität, um mit ihm fertig zu werden. Würden Sie mir den Gefallen tun?«
»Mit Vergnügen.«
Er war des Schiffes überdrüssig. Vor einer kleinen Weile war er noch sonderbar erregt gewesen, als wäre sein Innerstes nach außen gekehrt. Es war alarmierend gewesen, und er hatte Kontakt mit den scharfen Denkern gesucht, um eine Erklärung zu finden. Offensichtlich glitt das Schiff durch weite Strecken leeren Raumes und durchschnitt etwas, das sie »Hyperraum« nannten. Die scharfen Denker waren ziemlich klug.
Und trotzdem - er war des Schiffes überdrüssig. Es war ein so sinnloses Phänomen. Der Körper dieser klugen Lebensfragmente war zwar sehr kunstvoll konstruiert, und doch lag gerade darin ihr Unglück. Indem sie die unbeseelte Kreatur zu beherrschen suchten, bemühten sie sich, etwas zu finden, das sie in sich selbst nicht finden konnten. In ihrer unbewußten Sehnsucht nach Vollständigkeit bauten sie Maschinen, durchstreiften den Raum und suchten und suchten .