Выбрать главу

Die Bakterien fixieren Stickstoff, die Pflanzen Kohlenstoff. Die Tiere fressen Pflanzen und andere Tiere. Ein Kreislauf entsteht. Ein jeder frißt, soviel er kann, und wird selbst gefressen.

Auf dem Saybrook-Planeten hat jeder Organismus seinen Platz, so wie jede Zelle in unserem Körper. Die Bakterien und die Pflanzen erzeugen Nahrung, deren Überschuß von den Tieren gefressen wird. Als Gegenleistung verhindern die Tiere eine Verschwendung der Kohlendioxyde und des Stickstoffs. Nicht mehr oder weniger wird hergestellt, als gebraucht wird. Dieses Lebensschema ändert sich auf kluge Weise je nach den lokalen Gegebenheiten. Keine Lebensgruppe produziert Men-gen, die nicht verwendet werden können, genauso, wie der menschliche Körper aufhört, Zellen zu produzieren, wenn sie keinen Zweck mehr erfüllen können. Wenn die Zellen nicht aufhören, neue zu produzieren, entsteht Krebs. Und genau das ist unser Leben auf der Erde, verglichen mit der Lebensorganisation auf dem Saybrook-Planeten: ein einziger riesiger Krebs. Jede Spezies, jedes Individuum, alle tun ihr Möglichstes, um auf Kosten der anderen zu gedeihen.«

»Sie scheinen vom Saybrook-Planeten ja ganz begeistert zu sein, Doc.«

»In gewissem Sinn bin ich das auch. Das Leben ist dort sehr sinnvoll eingerichtet. Und man kann diesen Sinn auf unser Leben übertragen. Angenommen, eine Zelle Ihres Körpers würde sich der Leistungsfähigkeit des menschlichen Körpers bewußt und vergliche sie mit der Leistungsfähigkeit einer einzelnen Zelle. Angenommen, sie könnte feststellen, daß die Leistung nur das Resultat einer Vereinigung von Zellen ist, eines großen Ganzen. Und dann nehmen wir einmal an, sie würde sich der Existenz der freilebenden Zellen bewußt, die nur ganz einfach leben und sonst keinerlei Funktion besitzen. Sie würde den starken Wunsch verspüren, diese armen Zellen in die Gesamtorganisation einzufügen. Sie würde Mitleid fühlen, vielleicht eine Art von Missionsgeist. Das Wesen auf dem Saybrook-Planeten - wir benutzen in diesem Fall lieber die Einzahl - fühlt vielleicht genau dasselbe.«

»Und sie regeln das mit Hilfe jungfräulicher Geburten, eh, Doc?«

»Das ist nichts Neues. Seit Jahrhunderten schon können wir die Eier von Seeigeln, Bienen, Fröschen und so weiter entwik-keln, ohne daß vorher eine männliche Befruchtung stattgefunden hätte. Manchmal genügte eine kleine Injektion, manchmal mußte man die Tiere nur in die richtige Salzlösung legen. Das Leben auf dem Saybrook-Planeten wird befruchtet durch die kontrollierte Nutzung von Strahlenenergien. Deshalb kann eine

Energiesperre die Befruchtung stoppen oder beeinträchtigen.

Sie können mehr tun, als ein unbefruchtetes Ei zu teilen oder zu entwickeln. Sie können die Nukleoproteide mit ihren eigenen Charakterzügen versehen, so daß die Jungen mit den kleinen Flecken aus grünem Fell geboren werden. Diese Flecken sind die Sinnesorgane des Planeten und bewirken die Kontaktaufnahme. Die Jungen sind also keine Individuen, sondern Teile des einen großen Lebens auf diesem Planeten. Und dieses eine Leben kann jede Spezies befruchten, Pflanzen, Tiere, Mikroben.«

»Unsinn«, murmelte Drake.

»Keineswegs«, sagte Weiss scharf. »Da liegt sogar ein gigantischer Sinn darin. In einiger Zeit wird eine einzige Bakterie vom Saybrook-Planeten die ganze Erde in einen einzigen Organismus verwandeln können. Das wurde bereits experimentell erwiesen.«

»Wissen Sie, daß ich bald Millionär sein werde?« fragte Drake. »Können Sie ein Geheimnis bewahren, Doc?«

Weiss nickte verwirrt.

»Ich habe ein Souvenir vom Saybrook-Planeten mitgebracht«, sagte Drake grinsend. »Es ist nur ein Kieselstein, aber angesichts der Publicity, die dieser Planet bald haben wird, und angesichts der Quarantäne, unter die man ihn stellen wird, wird dieser Kieselstein für die Menschheit enorm wichtig sein. Was glauben Sie, wie teuer werde ich ihn verkaufen können?«

Weiss starrte ihn an.

»Ein Kieselstein?« Hastig griff er nach dem harten, grauen, eiförmigen Gegenstand, den Drake ihm zeigte. »Das hätten Sie nicht tun dürfen, Drake. Das war gegen die Vorschriften.«

»Ich weiß. Deshalb fragte ich Sie ja auch, ob Sie ein Geheimnis bewahren können. Wenn Sie ein Beglaubigungsschreiben unterzeichnen, daß dieser Kieselstein ... Was ist los, Doc?«

Aber Weiss war unfähig, eine Antwort zu geben. Zähneklap-pernd zeigte er auf den Kiesel. Drake beugte sich vor und starrte den kleinen grauen Stein an. Er sah genauso aus wie zuvor .

Er war verstört. Irgendeine Gefahr schwebte über dem Schiff. Mißtrauen herrschte, man ahnte seine Anwesenheit an Bord. Wie konnte das sein? Er hatte bis jetzt noch nichts unternommen. War irgendein anderes Fragment von daheim ebenfalls auf das Schiff gekommen und weniger vorsichtig gewesen? Das war ohne sein Wissen unmöglich, und obwohl er das Schiff sorgfältig durchsuchte, konnte er nichts finden.

Dann verminderte sich das Mißtrauen, aber es erstarb nicht völlig. Einer der scharfen Denker befaßte sich nach wie vor mit dem Problem, und bald würde er die Wahrheit herausfinden.

Wie lange dauerte es noch bis zu Landung? Sollte eine ganze Welt von Lebensfragmenten von der Vollständigkeit ausgeschlossen sein? Er verkroch sich tiefer in den Drähten, fürchtete sich vor der Entdeckung, fürchtete für seine altruistische Mission.

Dr. Weiss hatte sich in seinem Raum eingeschlossen. Sie befanden sich bereits im Sonnensystem, und in drei Stunden würden sie landen. Er mußte nachdenken. Er hatte drei Stunden Zeit, um seine Entscheidung zu treffen.

Drakes teuflischer Kieselstein war ein Teil des organisierten Lebens auf dem Saybrook-Planeten gewesen, aber jetzt mußte er natürlich tot sein. Er war tot, als er ihn zum erstenmal gesehen hatte, und wenn er es da noch nicht gewesen war, so war er ganz sicher tot, nachdem sie ihn in den hyper-atomaren Motor gesteckt und ihn der Stärkstmöglichen Hitze ausgesetzt hatten. In den Bakterienkulturen, die Weiss ängstlich untersucht hatte, war keine Veränderung vor sich gegangen.

Aber das war es nicht, was Weiss Sorgen bereitete.

Drake hatte den Kiesel in den letzten Stunden des Aufenthalts auf dem Saybrook-Planeten aufgehoben - nach dem

Zusammenbruch der Sperre. Und wenn dieser Zusammenbruch das Resultat eines langsamen, unerbittlichen geistigen Einflusses war, den dieses Ding auf dem Planeten ausübte? Wenn Teile seines Seins nur darauf gewartet hatten, in das Schiff einzudringen, als die Sperre schwankte? Wenn dieser Kiesel sich nicht schnell genug bewegt und nur die Sperre passiert hatte. Nachdem diese wieder errichtet worden war, würde sie ihn getötet haben. Er hatte dagelegen, bis Drake ihn fand und einsteckte.

Es war ein Kiesel, also keine natürliche Lebensform. Aber war er nicht doch irgendeine Art von Leben? Vielleicht war er eine wohlüberlegte Produktion des einen Organismus auf dem Planeten, eine Kreatur, die so entworfen worden war, daß sie wie ein Kieselstein aussah, ein harmloser, unverdächtiger Kieselstein. Mit anderen Worten - eine Tarnung, eine schlaue, beängstigend erfolgreiche Tarnung.

Hatte vorher bereits eine andere getarnte Kreatur erfolgreich die Sperre überschritten, bevor sie wieder errichtet worden war, in einer Gestalt, die der gedankenlesende Organismus des Planeten dem Denken der Menschen an Bord des Schiffes entnommen hatte? Sah die Kreatur vielleicht zufällig wie ein Briefbeschwerer aus? Oder wie ein verzierter Messingnagelknopf im altmodischen Stuhl des Captains? Und wie konnte man die Kreatur finden? Sollte man das ganze Schiff nach den verräterischen grünen Flecken durchsuchen - sogar die Mikroben?

Und warum tarnte die Kreatur sich? Wollte sie eine Zeitlang unentdeckt bleiben? Warum? Wollte sie warten, bis das Schiff auf der Erde gelandet war?

Eine Infektion nach der Landung konnte nicht geheilt werden, indem man das ganze Schiff in die Luft sprengte. Die Bakterien, der Humusboden, die Protozoen würden zuerst befallen werden. Und innerhalb eines Jahres würde das nichtmenschliche Sein in unzähligen Billionen auf der Erde eintreffen.