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Er wirkte keineswegs so abstoßend, wie sie erwartet hatte. Seine unteren Körperteile waren bekleidet, wahrscheinlich, um die Gefühle seiner menschlichen Gastgeber nicht zu verletzen.

»Mrs. Smollett«, sagte er, »ich schätze Ihre Gastfreundschaft mehr, als ich es in Ihrer Sprache auszudrücken imstande bin.« Er verbeugte sich, und seine vorderen Gliedmaßen berührten kurz den Boden.

Rose wußte, daß diese Geste bei den Bewohnern des Haw-kin-Planeten Dankbarkeit zum Ausdruck bringen sollte. Sie war erleichtert, weil er so gut englisch sprach. Die Beschaffenheit seines Mundes und das Fehlen von Schneidezähnen verliehen den Silben einen pfeifenden Unterton. Aber davon abgesehen hätte er genausogut auf der Erde geboren sein können, so akzentfrei war seine Aussprache.

»Mein Mann wird bald heimkommen«, sagte sie. »Dann können wir essen.«

»Ihr Mann?« Er schwieg sekundenlang, dann fügte er hinzu: »Ja, natürlich.«

Sie ließ es dabei bewenden. Wenn irgend etwas zwischen den fünf intelligenten Rassen der bekannten Galaxis Verwirrung stiftete, dann lag es in den verschiedenen Betrachtungsweisen von Geschlechtsleben und gesellschaftlicher Ordnung. Der Begriff der Ehe existierte zum Beispiel nur auf der Erde. Die anderen Rassen konnten die Bedeutung dieses Begriffs zwar verstandesmäßig erfassen, aber niemals gefühlsmäßig.

»Ich habe mich im Institut erkundigt, wie ich Ihr Menü vorbereiten soll«, sagte sie. »Ich hoffe, Sie werden mit dem Essen zufrieden sein.«

Der Hawkin-Bewohner blinzelte unglaublich schnell, und Rose erinnerte sich, daß das Erheiterung ausdrücken sollte.

»Proteine sind Proteine, meine liebe Mrs. Smollett. Aber da die Spurenelemente, die ich benötige, in Ihrer Nahrung nicht enthalten sind, habe ich sie in konzentrierter Form von meinem Heimatplaneten mitgebracht.«

Sie hörte Drakes Schlüssel, der sich im Türschloß drehte, und sie versteifte sich vor Angst.

Sie mußte zugeben, daß er seine Sache gut machte. Er trat ein, und ohne Zögern streckte er dem Hawkin-Doktor seine Hand entgegen.

»Guten Abend, Dr. Tholan«, sagte er mit fester Stimme.

Der Hawkin-Bewohner hob eine seiner vorderen großen und ziemlich plumpen Gliedmaßen, und sozusagen schüttelten sich die beiden die Hand. Rose hatte diese Prozedur bereits erlebt und wußte, wie seltsam die Hawkin-Hand sich anfühlte: rauh, heiß und trocken. Sie konnte sich vorstellen, daß Tholan ihre und Drakes Hände kalt und schleimig vorkamen.

Bei der offiziellen Begrüßung im Institut hatte sie die Gelegenheit ergriffen, die Hand des Fremden genau zu betrachten. Es handelte sich um ein hervorragendes Beispiel für eine konvergierende Entwicklung. Die morphologische Entwicklung unterschied sich völlig von der der menschlichen Hand, obwohl die Hawkin-Hand der menschlichen annähernd ähnlich war. Sie hatte vier Finger, aber keinen Daumen. Jeder der

Finger hatte fünf voneinander unabhängige Kugelgelenke. So konnten die Finger trotz des fehlenden Daumens gut greifen. Aber was sie als Biologin noch mehr interessierte, war die Tatsache, daß jeder Hawkin-Finger an der Spitze Spuren eines Hufes zeigte, sehr klein und für den Laien kaum zu erkennen. Aber es war offensichtlich, daß die Hawkin-Bewohner sich aus laufenden Kreaturen entwickelt hatten, wie die Menschen aus kletternden Geschöpfen.

»Fühlen Sie sich wohl, Sir?« fragte Drake freundlich.

»Sicher«, erwiderte der Hawkin-Doktor. »Ihre Frau gibt sich sehr viel Mühe.«

»Möchten Sie einen Drink?«

Tholan antwortete nicht, aber er blickte Rose an und verzog das Gesicht. Offensichtlich wollte er irgendwelche Gefühle zum Ausdruck bringen, die Rose unglücklicherweise nicht interpretieren konnte. Nervös sagte sie: »Auf der Erde herrscht die Sitte, Flüssigkeiten zu trinken, die mit Äthylalkohol verstärkt wurden. Wir finden diese Getränke sehr anregend.«

»Oh, ja. Aber ich fürchte, ich muß ablehnen. Äthylalkohol würde meinen Stoffwechsel in recht unangenehmer Weise durcheinanderbringen.«

»Den Erdenbewohnern geht es genauso, aber ich verstehe natürlich Ihren Standpunkt, Dr. Tholan«, sagte Drake. »Macht es Ihnen etwas aus, wenn ich trinke?«

»Natürlich nicht.«

Drake ging dicht an Rose vorbei zum Büfett.

»Du lieber Gott!« flüsterte er kaum hörbar. Aber es gelang ihm trotzdem, drei Ausrufungszeichen dahinter zu setzen.

Der Hawkin-Bewohner stand am Tisch. Gewandt hantierte er mit dem Tafelsilber. Rose bemühte sich, ihm nicht beim Essen zuzusehen. Der große, lippenlose Mund spaltete das Gesicht in beinahe erschreckender Weise, als er das Essen hinunterschlang, und als er kaute, bewegten sich seine großen Kinn-

backen mahlend hin und her. Auch das wies darauf hin, daß seine Ahnen Huftiere waren. Rose fragte sich, ob er später, in der Stille seines Zimmers, wiederkäuen würde, und plötzlich hatte sie panische Angst, daß Drake auf dieselbe Idee kommen und den Tisch ekelerfüllt verlassen könnte. Aber Drake nahm das alles recht gelassen hin.

»Ich denke, Dr. Tholan«, sagte er, »der zylindrische Behälter an Ihrer Seite enthält Zyanid.«

Den Hawkin-Bewohner schien diese Frage keineswegs aus der Fassung zu bringen.

»Ganz recht«, sagte er, und seine behuften Finger hielten einen dünnen, flexiblen Schlauch hoch, der seinen Körper entlanglief. Die Farbe des Schlauches hob sich kaum von der gelblichen Haut ab, und sein Ende führte in eine Ecke des großen Mundes. Rose war etwas verwirrt, so als ob hier intime Kleidungsstücke vorgezeigt würden.

»Und diese Flasche enthält pures Zyanid?« fragte Drake.

Der Hawkin-Doktor blinzelte amüsiert.

»Ich hoffe, Sie fürchten nicht, daß das Zyanid für die Erdbewohner gefährlich werden könnte. Ich weiß, daß dieses Gas Gift für Sie ist, aber ich brauche keine großen Mengen davon. Das Gas in diesem Behälter ist zu fünf Prozent Wasserstoff-Zyanid, der Rest ist Sauerstoff. Nichts davon kann entströmen, wenn ich nicht an der Röhre sauge. Und das muß ich nicht oft tun.«

»Ich verstehe. Und Sie brauchen dieses Gas wirklich zum Leben?

Rose erschrak. Solche Fragen stellte man doch nicht ohne sorgfältige Einleitung. Man konnte unmöglich ahnen, wo die wunden Punkte einer fremden Psyche lagen. Drake mußte das absichtlich tun, denn er konnte sich doch denken, daß sie ihm diese Fragen ebenso beantworten konnte. Oder zog er es vor, sie nicht zu fragen?

Der Hawkin-Bewohner wirkte überhaupt nicht verstört.

»Sind Sie Biologe, Mr. Smollett?«

»Nein, Dr. Tholan.«

»Aber Sie stehen in einer sehr engen Bindung zu Mrs. Dr. Smollett.«

Drake lächelte.

»Ja, ich bin mit ihr verheiratet, mit einer Mrs. Doktor. Aber ich bin trotzdem kein Biologe, sondern nur ein niedriger Regierungsbeamter. Die Freunde meiner Frau«, fügte er hinzu, »nennen mich einen Polizisten.«

Rose biß sich in die Innenseite ihrer Wange. Diesmal war es der Hawkin-Bewohner gewesen, der den wunden Punkt in einer fremden Psyche getroffen hatte.

Auf dem Hawkin-Planeten herrschte ein sehr strenges Kastensystem, und Kontakte zwischen verschiedenen Kasten waren verboten. Aber das wußte Drake natürlich nicht.

Der Hawkin-Doktor wandte sich zu ihr.

»Erlauben Sie, Mrs. Smollett, daß ich Ihrem Mann ein bißchen die Zusammenhänge unserer Biochemie erkläre? Sie wird das natürlich langweilen, denn ich bin sicher, daß Sie das alles bereits wissen.«

»Lassen Sie sich nicht abhalten, Dr. Tholan.«

»Sehen Sie, Mr. Smollett«, begann der Hawkin-Bewohner, »das Atemsystem in Ihrem Körper und in den Körpern aller luftatmenden Geschöpfe auf der Erde wird durch gewisse metallhaltige Enzyme kontrolliert, soviel ich weiß. Das Metall ist gewöhnlich Eisen, manchmal auch Kupfer. In jedem Fall würden sich geringe Zyanidspuren mit diesen Metallen verbinden und das Atemsystem der irdischen Zellen unbeweglich machen. Die Oxygenzufuhr würde gestoppt werden, und die Zellen würden innerhalb weniger Minuten sterben.