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Der heutige Tag war nicht gut gewesen, besonders wegen der Sache mit dem Splitter.

Hör auf, sagte er sich. Es hat keinen Sinn, daran zu denken. Das nützt überhaupt nichts. Denk zur Abwechslung an etwas anderes. Weißt du, man kann sich von einem gefährlichen Gedanken befreien, wenn man ihn durch einen anderen ersetzt. Denk an schöne Tage zurück. Die Sommerferien am Meer. Weißer Sand und rote Eimer und Garnelennetze; schlüpfrige, von Seetang überzogene Felsen und kleine, klare Tümpel; Seeanemonen, Schnecken, Muscheln und manchmal, tief unten in dem schönen grünen Wasser schwebend, eine graue durchsichtige Garnele.

Aber wie konnte ihm der Splitter in die Fußsohle gedrungen sein, ohne dass er es gefühlt hatte?

Es ist nicht wichtig. Weißt du noch, wie du am Strand bunte Muschelschalen gesucht hast? Jede von ihnen war so schön und vollkommen, dass du sie auf dem Heimweg wie ein Kleinod behutsam in der Hand trugst. Und die kleinen orangefarbenen Kammmuscheln, die perlmutternen Austernschalen, die smaragdgrünen Glasstückchen, ein lebender Einsiedlerkrebs, eine Herzmuschel, der Stachelschwanz eines Rochens und einmal – einmal nur, aber unvergesslich – der vom Meer blankgewaschene Kiefer eines Menschen mit Zähnen darin, weiß und wunderbar zwischen den Muscheln und Steinen. O Mami, sieh mal, was ich gefunden habe! Sieh doch, Mami, sieh!

Aber um auf den Splitter zurückzukommen – es war wirklich nicht nett von ihr gewesen, deswegen so ein Theater zu machen.

«Was soll das heißen, du hast es nicht gemerkt?», hatte sie in verächtlichem Ton gefragt.

«Ich habe es einfach nicht gemerkt, das ist alles.»

«Erzähl mir bloß noch, dass du nicht merkst, wenn ich dir eine Nadel in den Fuß steche.»

«Das habe ich nicht gesagt.»

Und dann hatte sie ihm plötzlich die Nadel, mit der sie den Splitter entfernt hatte, in den Knöchel gestoßen. Er hatte nicht hingesehen und daher nichts gemerkt. Erst als sie entsetzt aufschrie, hatte er sich vorgebeugt, und da steckte die Nadel fast bis zur Hälfte im Fleisch.

«Zieh sie raus», hatte er gesagt. «Durch so was kann man eine Blutvergiftung bekommen.»

«Ja, aber … fühlst du denn nichts?»

«Los, zieh sie raus.»

«Hör mal, es muss doch wehtun.»

«Es tut wahnsinnig weh. Zieh sie raus.»

«Was ist eigentlich los mit dir?»

«Ich habe ja gesagt, es tut wahnsinnig weh. Bist du vielleicht taub?»

Warum machte man solche Sachen mit ihm?

Als wir am Meer waren, bekam ich eine hölzerne Schaufel, damit ich im Sand graben konnte. Die Löcher waren leer wie eine Tasse, und dann stieg jedes Mal das Wasser in ihnen hoch, bis es nicht mehr höher steigen konnte.

Vor einem Jahr hatte der Arzt gesagt: «Schließen Sie die Augen. So, und nun möchte ich von Ihnen hören, ob ich diesen Zeh nach oben oder nach unten drücke.»

«Nach oben», hatte er geantwortet.

«Und jetzt?»

«Nach unten. Nein, doch nicht. Ich glaube, nach oben.»

Merkwürdig, dass ein Nervenarzt Spaß daran hatte, mit den Zehen seiner Patienten zu spielen.

«War alles richtig, Herr Doktor?»

«Sie haben es sehr gut gemacht.»

Aber das war vor einem Jahr gewesen. Vor einem Jahr hatte er sich noch prächtig gefühlt. Solche Sachen wie jetzt waren ihm damals nie passiert. Um nur ein Beispiel zu nennen – der Wasserhahn im Badezimmer.

Warum war der Warmwasserhahn heute früh auf der anderen Seite gewesen? War das ein neuer Trick?

Es ist überhaupt nicht wichtig, verstehst du, aber es wäre doch interessant, den Grund zu erfahren.

Glaubst du, sie könnte die Hähne heimlich vertauscht haben, könnte nachts mit einem Schraubenschlüssel und einer Rohrzange ins Badezimmer geschlichen sein, um sie zu vertauschen?

Glaubst du das? Nun, wenn du es genau wissen willst – ja: So wie sie sich in letzter Zeit benommen hat, wäre ihr das durchaus zuzutrauen.

Eine seltsame und schwierige Frau, ja, das war sie. Wohlgemerkt, früher hatte sie überhaupt keine Launen gehabt, aber im Augenblick war sie so seltsam und schwierig, dass er nicht mehr klug aus ihr wurde. Vor allem nachts.

Ja, nachts. Das war die schlimmste Zeit – die Nacht.

Warum konnten seine Finger, wenn er nachts im Bett die rechte Hand ausstreckte, nicht fühlen, was sie berührten? Er hatte die Lampe umgestoßen, und sie war wach geworden, und während er in der Dunkelheit auf dem Fußboden herumtastete, hatte sie sich plötzlich aufgesetzt.

«Was machst du da?»

«Ich habe die Lampe umgeworfen. Entschuldige.»

«Mein Gott», hatte sie gesagt. «Gestern das Wasserglas, heute die Lampe. Was ist denn nur los mit dir?»

Einmal hatte der Arzt mit einer Feder über seinen Handrücken gestrichen, und er hatte auch das nicht fühlen können. Aber als der Mann ihn mit einer Nadel kratzte – ja, das hatte er gefühlt.

«Schließen Sie die Augen. Nein – Sie dürfen nicht blinzeln. Schließen Sie sie ganz fest. Und nun sagen Sie mir, ob dies heiß oder kalt ist.»

«Heiß.»

«Und dies?»

«Kalt.»

«Und dies?»

«Kalt. Ich meine heiß. Ja, es ist heiß, nicht wahr?»

«Stimmt», hatte der Arzt gesagt. «Sie haben es sehr gut gemacht.»

Aber das war vor einem Jahr gewesen.

Warum befanden sich die Lichtschalter an den Wänden neuerdings nicht mehr dort, wo sie zu sein hatten, sondern ein paar Zentimeter daneben, wenn er im Dunkeln nach ihnen suchte?

Nicht daran denken, befahl er sich. Einfach nicht mehr daran denken. Und noch etwas – warum nahmen die Wände des Wohnzimmers jeden Tag eine etwas andere Schattierung an?

Grün, blaugrün, blau und manchmal – manchmal leicht verschwimmend wie Farben, die man durch den Hitzedunst glühender Kohlen sieht. Eine nach der anderen, sauber wie Lochkarten aus einer Maschine, kamen die kleinen Fragen.

Wessen Gesicht war für eine Sekunde am Fenster erschienen, als sie zu Abend aßen? Wessen Augen?

«Was starrst du da an?»

«Nichts», hatte er geantwortet. «Aber vielleicht sollten wir lieber die Vorhänge zuziehen, findest du nicht?»

«Robert, was hast du da angestarrt?»

«Nichts.»

«Warum hast du das Fenster so angestarrt?»

«Vielleicht sollten wir lieber die Vorhänge zuziehen, findest du nicht?», hatte er noch einmal gesagt.

Er ging jetzt an der Stelle vorbei, wo er das Pferd auf dem Feld gehört hatte, und wieder vernahm er das Schnauben, die leisen Hufschläge und das knirschende Geräusch, mit dem das Tier die Grasbüschel abrupfte – es klang, als kaue jemand Sellerie.

«Hallo, altes Pferd», rief er laut in die Nacht hinein. «Hallo, altes Pferd dort drüben.»

Plötzlich ertönten Schritte hinter ihm, langsame, weit ausgreifende Schritte dicht hinter ihm, und er blieb stehen. Die Schritte verstummten. Er drehte sich um und spähte angestrengt in die Dunkelheit.

«Guten Abend», sagte er. «Sind Sie wieder da?»

In der Stille, die folgte, konnte er hören, wie der Wind durch die Blätter der Hecke strich.

«Haben wir denselben Weg?», fragte er.

Als keine Antwort kam, ging er weiter. Der Hund zerrte an der Leine, und hinter ihm ertönten von neuem die Schritte, aber leiser jetzt, als schleiche der andere auf den Zehen.

Er machte halt und wandte sich um.

«Ich kann Sie nicht sehen, weil es so dunkel ist. Kenne ich Sie?»

Wieder die Stille, der kühle Sommerwind an seinen Wangen und der Hund, der ungeduldig an der Leine zog.

«Na gut», rief er. «Sie brauchen nicht zu antworten, wenn Sie nicht wollen. Aber denken Sie daran, ich weiß, dass Sie da sind.»