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Richard Pratt drehte sich ohne Hast um, schaute zu Mike auf und ließ dann den Blick zu der Flasche in dem kleinen Weidenkorb hinunterwandern. Er hob die Augenbrauen, bis sie einen hochmütigen Bogen bildeten, und schob die Unterlippe vor. Unglaublich anmaßend und hässlich sah er auf einmal aus.

«Sie kommen nie dahinter», beteuerte Mike. «Nicht in hundert Jahren.»

«Ein französischer Rotwein?», fragte Pratt herablassend.

«Selbstverständlich.»

«Von einem der kleineren Weingüter?»

«Vielleicht, Richard. Vielleicht auch nicht.»

«Aber es ist ein guter Jahrgang? Einer der großen Jahrgänge?»

«Ja, dafür garantiere ich.»

«Dann dürfte es nicht allzu schwierig sein», meinte Richard Pratt. Er sprach in einem näselnden Ton, und seine Miene drückte äußerste Langeweile aus. Auf mich machten die affektierte Redeweise und die überbetonte Gleichgültigkeit einen eigenartigen Eindruck, umso mehr als zwischen seinen Augen ein Schatten von Bosheit lag und seine Haltung gespannte Aufmerksamkeit verriet. Ich spürte ein leichtes Unbehagen, als ich ihn beobachtete.

«Der hier ist wirklich schwer zu erraten», versicherte Mike. «Ich will Sie nicht drängen, darauf eine Wette abzuschließen.»

«So. Und warum nicht?» Wieder das langsame Heben der Brauen, der kühle, gespannte Blick.

«Weil es zu schwer ist.»

«Na, hören Sie, das ist nicht gerade ein Kompliment für mich.»

«Mein Lieber», sagte Mike, «wenn Sie Wert darauf legen, können wir natürlich gern wetten.»

«Es dürfte nicht allzu schwierig sein, ihn zu bestimmen.»

«Sie meinen, Sie wollen wetten?»

«Aber ja, ich bin durchaus dazu bereit», antwortete Richard Pratt.

«Gut, dann also um das Übliche. Eine Kiste des betreffenden Weines.»

«Sie glauben wohl nicht, dass ich ihn bestimmen kann, wie?»

«Offengestanden und mit allem Respekt gesagt, nein.» Mike war nach wie vor bemüht, höflich zu bleiben, während der andere kaum verbarg, wie sehr das alles ihn langweilte. Und doch schien Pratts nächste Frage von einem gewissen Interesse zu zeugen.

«Wollen wir den Einsatz erhöhen?»

«Nein, Richard. Eine Kiste ist genug.»

«Würden Sie um fünfzig Kisten wetten?»

«Das wäre töricht.»

Mike stand kerzengerade hinter seinem Stuhl am Kopfende des Tisches und hielt vorsichtig die Flasche in ihrem albernen Flechtkorb. Eine Spur von Blässe lag jetzt um seine Nasenflügel, und die Lippen waren fest zusammengepresst.

Pratt lehnte sich lässig zurück und blickte zu ihm auf, die Brauen gewölbt, die Lider halb geschlossen, ein kleines Lächeln in den Mundwinkeln. Und wieder sah ich oder glaubte zu sehen, wie etwas ausgesprochen Beunruhigendes in seinem Gesicht aufflackerte – bösartige, gespannte Aufmerksamkeit zwischen den Augen, und in den Augen selbst, genau im Zentrum, im Schwarz der Pupille, ein lauerndes Fünkchen Verschlagenheit.

«Sie wollen also den Einsatz nicht erhöhen?»

«Was mich betrifft, alter Junge, mir ist es völlig egal», erklärte Mike. «Ich wette mit Ihnen um alles, was Sie wollen, um alles!»

Die drei Frauen und ich saßen schweigend da und beobachteten die beiden Männer. Mrs. Schofield wurde ärgerlich; ihr Mund bekam etwas Verkniffenes, und ich hatte den Eindruck, sie werde im nächsten Augenblick dazwischenfahren. Die Bratenscheiben lagen vor uns auf den Tellern und dampften leicht.

«Sie wetten wirklich um alles, was ich will?»

«Ich sagte es bereits. Wenn Sie das Risiko nicht scheuen – ich wette so hoch, wie es Ihnen beliebt.»

«Selbst um zehntausend Pfund?»

«Natürlich. Alles, was Sie wünschen.» Mikes Stimme klang jetzt sehr zuversichtlich. Er wusste genau, dass er jede Summe halten konnte, die Pratt ihm vorschlug.

«Sie sagen also, ich darf den Einsatz bestimmen?», vergewisserte sich Pratt noch einmal.

«Das habe ich gesagt.»

Eine Pause trat ein. Pratt blickte langsam in die Runde, erst auf mich, dann nacheinander auf die drei Frauen. Er schien uns daran erinnern zu wollen, dass wir Zeugen des Angebots waren.

«Mike!», mahnte Mrs. Schofield. «Mike, lass uns endlich mit diesem Unsinn aufhören und unseren Braten essen. Er wird ganz kalt.»

«Das ist kein Unsinn», sagte Pratt ruhig. «Wir schließen eine kleine Wette ab.»

Ich bemerkte, dass das Dienstmädchen mit einer Schüssel Gemüse im Hintergrund stand und offensichtlich nicht wusste, ob weiterserviert werden sollte oder nicht.

«Nun gut», meinte Pratt, «dann werde ich also den Einsatz nennen.»

«Legen Sie los», erwiderte Mike unbekümmert. «Mir ist es schnurzegal, worum wir wetten – Sie sind dran.»

Pratt nickte, und abermals spielte das kleine Lächeln um seine Mundwinkel. Ohne Mike aus den Augen zu lassen, sagte er langsam: «Ich wette mit Ihnen um die Hand Ihrer Tochter.»

Louise Schofield fuhr auf. «Halt!», rief sie. «Nein! Das ist nicht sehr witzig! Hör mal, Daddy, das ist überhaupt nicht witzig.»

«Beruhige dich, Kind», sagte ihre Mutter. «Sie scherzen ja nur.»

«Ich scherze nicht», erklärte Richard Pratt.

«Das ist lächerlich.» Mike konnte nicht verbergen, dass er einigermaßen fassungslos war.

«Sie sagten doch, Sie würden um alles wetten, was ich wollte.»

«Ich meinte Geld.»

«Gesagt haben Sie’s nicht.»

«Aber gemeint.»

«Dann ist es schade, dass Sie sich nicht deutlicher ausgedrückt haben. Nun, wie dem auch sei, wenn Sie von Ihrem Angebot zurücktreten möchten, soll es mir recht sein.»

«Hier geht’s gar nicht darum, ob ich von meinem Angebot zurücktreten möchte, alter Junge. Die Wette lässt sich ohnehin nicht durchführen, da Sie keinen gleichwertigen Einsatz zu bieten haben. Woher wollen Sie denn die Tochter nehmen, die Sie mir geben müssten, falls Sie verlieren? Und selbst wenn Sie eine hätten, würde ich sie bestimmt nicht heiraten.»

«Das freut mich, mein Lieber», warf Mrs. Schofield ein.

«Ich setze alles dagegen, was Sie wollen», verkündete Pratt. «Mein Haus zum Beispiel. Wie wär’s mit meinem Haus?»

«Welches?», fragte Mike, natürlich im Scherz.

«Das Landhaus.»

«Warum nicht auch noch das andere?»

«Na schön, dann eben meine beiden Häuser.»

Hier sah ich Mike zögern. Er trat einen Schritt vor und stellte die Flasche in ihrem Korb behutsam auf den Tisch. Er schob den Salzstreuer zur Seite, den Pfefferstreuer, dann nahm er sein Messer in die Hand, betrachtete nachdenklich die Klinge und legte es wieder hin. Seine Tochter hatte ebenfalls bemerkt, dass er zögerte.

«Daddy!», rief sie. «Sei nicht albern! Es ist einfach zu blöde. Ich weigere mich, so verwettet zu werden.»

«Ganz recht, Liebes», kam ihr die Mutter zu Hilfe. «Hör sofort auf, Mike, setz dich hin und iss.»

Mike beachtete sie nicht. Er blickte hinüber zu seiner Tochter und lächelte – ein leichtes, väterliches, beruhigendes Lächeln. Aber in seinen Augen war ein kleines triumphierendes Leuchten. «Weißt du», sagte er, noch immer lächelnd, «weißt du, Louise, wir sollten uns das doch mal überlegen.»

«Nun sei aber still, Daddy! Mir reicht’s jetzt! Wirklich, etwas so Unsinniges ist mir noch nie vorgekommen!»

«Reg dich nicht auf, Kindchen. Hör dir erst mal an, was ich zu sagen habe.»

«Aber ich will es nicht hören.»