«Ach, entschuldigen Sie», sagte er. «Möchten Sie auch eine?»
«Danke, ich glaube, ja.»
Er machte aus dem Anbieten und Anzünden der Zigarette eine umständliche kleine Zeremonie, und wieder legte er das abgebrannte Streichholz sorgfältig in die Schachtel zurück. Dann standen wir auf und gingen langsam den grasigen Abhang hinunter.
Für die beiden war es natürlich eine ziemliche Überraschung, als wir durch einen Torbogen in der Eibenhecke auf sie zutraten.
«Was ist denn hier los?», fragte Sir Basil. Er sprach sanft, aber es war eine gefährliche Sanftmut, die seine Frau sicherlich noch nie bei ihm erlebt hatte.
«Sie hat den Kopf durch das Loch gesteckt und kriegt ihn nicht wieder raus», erklärte Major Haddock. «War ein Jux, wissen Sie.»
«Ein was?»
«Basil!», schrie Lady Turton. «Stell dich nicht so dumm an! Tu etwas, ja?» Sie konnte sich zwar nicht viel bewegen, aber reden konnte sie noch.
«Wird wohl nichts anders übrigbleiben, als dieses Holzding aufzubrechen», sagte der Major. An seinem grauen Schnurrbart haftete ein wenig Rot, und das genügte, sein männliches Aussehen zu zerstören – wie der überflüssige Farbtupfen, der ein vollkommenes Gemälde ruiniert. Er wirkte nur noch komisch.
«Aufbrechen? Den Henry Moore aufbrechen?»
«Mein lieber Sir Basil, es gibt keine andere Möglichkeit, Ihre Gattin zu befreien. Gott weiß, wie sie es fertiggebracht hat, sich da hineinzuquetschen, aber heraus kommt sie nicht von selbst, so viel steht fest. Die Ohren sind im Weg.»
«Ach Gott», seufzte Sir Basil. «Das ist ja schrecklich. Mein schöner Henry Moore.»
Hier begann Lady Turton, ihren Mann in höchst unangenehmer Weise zu beschimpfen, und vermutlich hätte sie nicht sobald damit aufgehört, wäre nicht plötzlich Jelks aus dem Schatten aufgetaucht. Er kam über den Rasen geschlurft und stellte sich wortlos in respektvoller Entfernung neben Sir Basil auf, als erwarte er seine Befehle. Die schwarze Kleidung des Butlers passte ganz und gar nicht zu diesem sonnigen Morgen. Mit seinem runzligen, rosig-weißen Gesicht und den weißen Händen sah er wie ein Maulwurf aus, der sein ganzes Leben unter der Erde verbracht hat.
«Kann ich etwas tun, Sir Basil?», fragte er gleichmütig. Er hatte zwar seine Stimme in der Gewalt, nicht aber sein Mienenspiel. Als er Lady Turton ansah, funkelte es triumphierend in seinen Augen auf.
«Ja, Jelks. Holen Sie mir eine Säge oder so etwas, damit ich ein Stück Holz herausschneiden kann.»
«Soll ich nicht jemand von den Leuten rufen, Sir Basil? William ist ein guter Zimmermann.»
«Nein, das mache ich selbst. Holen Sie nur das Werkzeug – und beeilen Sie sich.»
Während sie auf Jelks warteten, ging ich ein wenig umher, weil ich nicht mehr mit anhören konnte, was Lady Turton zu ihrem Mann sagte. Aber ich war zeitig genug zurück, um den Butler kommen zu sehen. Ihm voran eilte Miss Carmen La Rosa, die sofort auf die Gastgeberin zustürzte. «Nata-li-a! Meine liebe Natali-a! Was hat man mit dir gemacht?»
«Ach, halt den Mund», fauchte die Gastgeberin. «Und geh aus dem Weg, ja?»
Sir Basil stand jetzt neben dem Kopf seiner Frau und blickte dem Butler entgegen. Jelks trottete langsam auf ihn zu, in der einen Hand eine Säge, in der anderen eine Axt. Etwa einen Meter vor der Skulptur blieb er stehen und streckte die beiden Werkzeuge aus, damit sein Herr zwischen ihnen wählen konnte. Zwei, drei Sekunden des Schweigens und Abwartens folgten, und als ich auf Jelks blickte, sah ich, wie sich die Hand mit der Axt um den Bruchteil eines Zentimeters näher an Sir Basil heranschob. Eine kaum merkliche Bewegung, ein winziges Vorschieben der Hand, langsam und verstohlen, ein kleines Angebot, ein kleines überredendes Angebot, das von einem nur angedeuteten Heben der Augenbrauen begleitet wurde.
Ich bin mir nicht sicher, ob Sir Basil es sah, aber er zögerte. Wieder schob sich die Hand mit der Axt um den Bruchteil eines Zentimeters vor. Das Ganze erinnerte stark an jenen Kartentrick, bei dem der Mann sagt: ‹Ziehen Sie, welche Sie wollen› – und dann wählt man unweigerlich die Karte, die er einem zugedacht hat. Sir Basil wählte die Axt. Wie im Traum streckte er die Hand danach aus und nahm sie von Jelks in Empfang. Dann, als er den Griff umklammerte, schien er zu begreifen, was von ihm verlangt wurde, und es kam Leben in ihn.
Für mich war das wie der schreckliche Moment, in dem man ein Kind auf die Straße laufen sieht und ein Auto rast heran, und man kann nur die Augen schließen und warten, bis das Krachen einem verrät, dass es geschehen ist. Diese Sekunde des Wartens, in der gelbe und rote Punkte vor einem schwarzen Hintergrund tanzen, wird zu einer langen, intensiv erlebten Zeit. Vielleicht stellt sich nachher heraus, dass niemand getötet oder verletzt worden ist. Aber davon wird einem nicht besser im Magen, denn ob so oder so – man hat alles gesehen.
Ich jedenfalls sah dies hier so genau wie nur möglich, und ich kehrte erst in die Wirklichkeit zurück, als ich Sir Basils Stimme, noch leiser als sonst, mit sanftem Protest den Butler zur Ordnung rufen hörte.
«Jelks», sagte er, und ich öffnete die Augen. Da stand er – unverändert ruhig und freundlich, mit der Axt in der Hand. Auch Lady Turtons Kopf war noch an seinem Platz, das heißt, er steckte in dem Loch. Aber ihr Gesicht war aschgrau geworden, der Mund klappte auf und zu, und sie gab gurgelnde Laute von sich.
«Ich bitte Sie, Jelks», sagte Sir Basil, «wo haben Sie Ihre Gedanken? Das Ding ist doch viel zu gefährlich. Geben Sie mir die Säge.» Und als er das Werkzeug auswechselte, bemerkte ich, dass auf seinen Wangen zwei warme rote Flecke erschienen und darüber, rund um die Augenwinkel, die winzigen Fältchen eines Lächelns.
Der Lautforscher
Es war ein warmer Sommerabend. Klausner ging mit schnellen Schritten um das Haus herum in den Garten an der Rückseite. Vor einem Bretterschuppen blieb er stehen. Er schloss die Tür auf, trat ein und machte die Tür hinter sich zu.
In dem Schuppen gab es nur einen einzigen Raum. Auf einer hölzernen Werkbank, die dicht an die ungestrichene Wand herangeschoben war, stand inmitten eines Durcheinanders von Drähten, Batterien und allerlei scharfen Werkzeugen ein etwa ein Meter langer schwarzer Kasten, der die Form eines Kindersargs hatte.
Klausner ging auf den Kasten zu, dessen Deckel offen war. Er beugte sich vor, betrachtete mit größter Aufmerksamkeit ein Gewirr verschiedenfarbiger Drähte und silberner Röhren, hob ein Blatt Papier auf, das neben dem Kasten lag, sah es sich sehr genau an, legte es hin, schaute von neuem in den Kasten, fuhr mit den Fingern über die Drähte, zupfte leicht an ihnen, um die Verbindungen zu prüfen, blickte wieder auf das Papier, dann in den Kasten, dann abermals auf das Papier. So kontrollierte er etwa eine Stunde lang jeden einzelnen Draht.
Schließlich tastete seine Hand über die Vorderseite des Kastens und drehte an den drei Knöpfen, die sich dort befanden. Während er die Bewegungen des Mechanismus im Kasten beobachtete, sprach er leise vor sich hin, nickte mit dem Kopf und lächelte manchmal. Seine Hände glitten pausenlos hin und her, die Finger hantierten flink und geschickt, sein Mund verzog sich eigenartig, wenn er an eine komplizierte Verbindung geriet, und er murmelte in einem fort: «Ja … Ja … Und jetzt diesen hier … Ja … Ja … Aber stimmt das? Habe ich – wo ist mein Diagramm? … Ach ja … Natürlich … Ja, ja … So ist es richtig … Und jetzt … Gut … Gut … Ja … Ja, ja, ja.» Er war völlig konzentriert, aber es lag etwas Drängendes in der Art, wie er arbeitete, etwas Atemloses, das auf eine starke, mühsam unterdrückte Erregung hindeutete.
Plötzlich hörte er Schritte auf dem Kiesweg. Er richtete sich auf und fuhr herum, als die Tür sich öffnete und ein hochgewachsener Mann eintrat. Es war Scott. Es war nur Scott, der Arzt.