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Und plötzlich, so unerwartet, dass ich zusammenfuhr, sagte sie: «Lionel, stimmt es, was ich über dich und Janet de Pelagia gehört habe?»

«Gladys, bitte …»

«Oh, du wirst ja ganz rot!»

«Unsinn.»

«Sieh einer an, den alten Junggesellen hat’s also doch noch erwischt.»

«Gladys, das ist zu abgeschmackt.» Ich wollte aufstehen, aber sie legte die Hand auf mein Knie und zwang mich, sitzen zu bleiben.

«Hast du noch immer nicht gelernt, dass es keine Geheimnisse gibt?»

«Janet ist einfach ein nettes Mädchen.»

«Nun, als Mädchen kann man sie wohl kaum noch bezeichnen.» Gladys Ponsonby blickte in das große Cognacglas, das sie mit beiden Händen umschlossen hielt. «Aber sie ist natürlich in jeder Beziehung ein wunderbarer Mensch, da hast du recht, Lionel. Nur», sie sprach jetzt sehr langsam, «nur, dass sie manchmal sehr merkwürdige Sachen sagt.»

«Was für Sachen?»

«Ach … eben Sachen. Über Leute, weißt du. Über dich.»

«Was hat sie über mich gesagt?»

«Nichts, Lionel. Es würde dich nicht interessieren.»

«Was hat sie über mich gesagt?»

«Wozu soll ich das wiederholen? Wirklich, es lohnt nicht. Ich war nur im ersten Augenblick etwas verblüfft, als sie es sagte.»

«Gladys, was hat sie gesagt?» Während ich auf ihre Antwort wartete, fühlte ich, wie mir am ganzen Körper der Schweiß ausbrach.

«Hm, ja, lass mich mal überlegen. Natürlich war es nur ein Scherz von ihr, sonst würde ich ja nie mit dir darüber reden, aber ich glaube, sie hat gesagt, dass sie es ein bisschen langweilig findet …»

«Was?»

«Fast jeden Abend mit dir zum Dinner auszugehen – oder so ähnlich.»

«Sie findet das langweilig?»

«Ja.» Gladys Ponsonby leerte das Cognacglas mit einem letzten großen Schluck und richtete sich auf. «Wenn du es genau wissen willst, sie sagte, es sei stinklangweilig. Und dann …»

«Und dann?»

«Hör mal, Lionel, du brauchst dich wirklich nicht so aufzuregen. Ich erzähle es dir nur, damit du weißt, woran du bist.»

«Los, los, sprich doch schon.»

«Ja, das war so. Wir haben heute Nachmittag Canasta gespielt, und als ich Janet fragte, ob sie morgen Zeit hätte, bei mir zu essen, sagte sie nein.»

«Weiter.»

«Nun – eigentlich hat sie gesagt: ‹Ich bin schon mit diesem stinklangweiligen alten Lionel Lampson verabredet.›»

«Das hat Janet gesagt?»

«Ja, Liebling.»

«Was sonst noch?»

«Ach, das genügt wohl. Mit dem Rest möchte ich dich lieber verschonen.»

«Ich will alles hören!»

«Bitte, Lionel, schrei mich nicht an. Natürlich erzähle ich es dir, wenn du darauf bestehst. Ja, vielleicht bin ich es sogar unserer Freundschaft schuldig, dir nichts zu verschweigen. Meinst du nicht auch, dass es ein Zeichen echter Freundschaft ist, wenn zwei Menschen wie wir …»

«Gladys! Komm bitte zur Sache.»

«Mein Gott, lass mir doch Zeit zum Nachdenken. Wie war denn das gleich …? Ja, soweit ich mich erinnere, sagte sie wörtlich folgendes …» Und Gladys Ponsonby, aufrecht auf dem Sofa sitzend, ohne dass ihre Füße den Boden berührten, den Blick jetzt nicht mehr auf mich, sondern auf die Wand geheftet, ahmte geschickt die klangvolle Altstimme nach, die ich so gut kannte. «So ein Langweiler, meine Liebe! Man weiß ja bei Lionel immer genau, wie sich der Abend abspielen wird. Zum Dinner gehen wir in den Savoy Grill – es ist immer der Savoy Grill –, und dann muss ich zwei Stunden lang zuhören, wie dieser aufgeblasene alte … ich meine, wie er mir Vorträge über Bilder und Porzellan hält – immer Bilder und Porzellan. Später, im Taxi, greift er nach meiner Hand und rückt so dicht an mich heran, dass mir eine Wolke von kaltem Zigarrenrauch und Cognacdunst ins Gesicht schlägt. Dann fängt er an herumzulamentieren, wie sehr, ach, wie sehr er wünschte, zwanzig Jahre jünger zu sein. Und ich sage: ‹Könntest du wohl das Fenster ein bisschen herunterlassen?› Wenn wir dann vor meinem Haus halten, bitte ich ihn, im Taxi zu bleiben, aber er tut so, als hätte er nicht gehört, und drückt dem Fahrer rasch das Geld in die Hand. An der Haustür steht er mit so einem blöden Spanielblick neben mir, während ich in der Handtasche nach meinem Schlüssel suche, und wenn ich den Schlüssel gefunden habe, stecke ich ihn langsam ins Schloss, drehe ihn langsam um, und dann – sehr schnell, bevor Lionel Zeit hat, eine Bewegung zu machen – sage ich gute Nacht, schlüpfe hinein und schlage die Tür hinter mir zu …› Oh, Lionel, was hast du denn, mein Lieber? Du siehst so schlecht aus …»

Hier muss ich wohl ohnmächtig geworden sein, denn alles, was sonst noch in dieser schrecklichen Nacht geschah, ist wie ausgelöscht. Ich habe nur den vagen und beunruhigenden Verdacht, dass ich, als ich wieder zu mir kam, völlig zusammenbrach und Gladys Ponsonby gestattete, mich auf jede erdenkliche Weise zu trösten. Später ging ich wohl fort, aber ich kann mich an nichts erinnern; ich weiß nur, dass ich am nächsten Morgen in meinem Bett erwachte.

Ich fühlte mich sehr schwach, sehr angegriffen. Unfähig, mich zu rühren, blieb ich mit geschlossenen Augen liegen und versuchte, die Ereignisse des Vorabends zu rekonstruieren – Gladys Ponsonbys Wohnzimmer, Gladys, die auf dem Sofa saß und unentwegt Cognac trank, ihr kleines, runzliges Gesicht, der Mund, der einem Karpfenmaul glich, die Dinge, die sie gesagt hatte … Worüber hatte sie doch gesprochen? Ach ja. Über mich. Mein Gott, ja! Über Janet und mich! Diese unvorstellbar empörenden Bemerkungen! Hatte Janet sie wirklich gemacht? Konnte sie mir das angetan haben?

Ich erinnere mich, mit welcher erschreckenden Schnelligkeit der Hass auf Janet de Pelagia von mir Besitz ergriff. Jäh und heftig wallte er auf, und schon war ich derart von ihm erfüllt, dass ich dachte, ich würde platzen. Er ließ sich nicht verdrängen, dieser Hass, er brannte in mir wie ein Fieber, und ich, nicht anders als ein gemeiner Gangster, sann in rasender Wut auf Rache.

Ein seltsames Benehmen für einen Mann wie mich, werden Sie sagen. Darauf kann ich nur erwidern: Nein, eigentlich nicht, wenn man die Umstände bedenkt. Das, was mir geschehen war, gehört meiner Meinung nach zu den Dingen, die einen Menschen zum Mord treiben können. Und hätte mich nicht mein leichter, ganz leichter Hang zum Sadismus bewogen, nach einer subtileren und empfindlicheren Strafe für mein Opfer zu suchen, so wäre ich vielleicht wirklich zum Mörder geworden. Aber ich fand, ein bloßer Mord sei zu gut für diese Frau, ganz abgesehen davon, dass er für meinen Geschmack viel zu roh war. Ich beschloss also, eine originellere Methode zu ersinnen.

Von Natur aus neige ich nicht zum Intrigieren. Ich halte das für eine abscheuliche Unsitte und habe darin nicht die geringste Übung. Aber Wut und Hass können den Geist eines Menschen in erstaunlichem Maße umstimmen. Schon bald hatte ich einen Plan gefasst und entwickelt – einen Plan, der so raffiniert und erregend war, dass ich die Einzelheiten mit wachsender Begeisterung ausarbeitete. Schließlich, nachdem ich mich noch über ein, zwei unbedeutende Einwände hinweggesetzt hatte, war meine verbohrte, rachsüchtige Stimmung völlig einem Gefühl triumphierender Freude gewichen. Ich erinnere mich, dass ich wie ein Idiot im Bett auf und ab hüpfte und in die Hände klatschte. Gleich darauf hatte ich das Telefonbuch auf dem Schoß und suchte fieberhaft einen bestimmten Namen. Ich fand ihn, nahm den Hörer ab und wählte die Nummer.

«Hallo», sagte ich. «Mr. Royden? Mr. John Royden?»

«Am Apparat.»

Nun, es war nicht schwer, den Mann zu überreden, dass er mir einen kurzen Besuch abstattete. Wir waren einander noch nie begegnet, aber natürlich kannte er mich dem Namen nach als Besitzer einer großen Gemäldesammlung und als geachtetes Mitglied der Gesellschaft, und er glaubte zweifellos, einen dicken Hecht an der Angel zu haben.