Er arbeitete in Hochstimmung, ging inmitten dieses Wirrwarrs von Papieren auf und ab, rieb sich die Hände und führte laute Selbstgespräche. Manchmal rümpfte er angewidert die Nase und stieß wilde Verwünschungen aus, in denen unweigerlich das Wort ‹Redakteur› vorkam. Nach fünfzehn Tagen rastloser Arbeit packte er sämtliche Papiere in zwei große Mappen, mit denen er sich – beinahe im Laufschritt – in das Büro von John Bohlen, Electrical Engineering Inc., begab.
Mr. Bohlen freute sich sehr, ihn wiederzusehen.
«Hallo, Knipe. Na, Sie sehen ja hundert Prozent besser aus. War’s schön im Urlaub? Wo sind Sie denn gewesen?»
Unverändert hässlich und schlampig, dachte Mr. Bohlen. Warum steht er nicht gerade? Immer dieser krumme Rücken … «Wirklich, Sie sehen hundert Prozent besser aus, mein Junge.» Möchte bloß wissen, warum er so grinst. Und seine Ohren scheinen von Mal zu Mal größer zu werden.
Adolph Knipe legte die Mappen auf den Schreibtisch.
«Hier, Mr. Bohlen!», rief er. «Sehen Sie sich das an!»
Und nun ging es los. Er öffnete die Mappen, breitete die Pläne vor dem erstaunten kleinen Mann aus, berichtete, erzählte, erklärte, bis er endlich, nach einer guten Stunde, fertig war. Atemlos, mit gerötetem Gesicht trat er einen Schritt zurück und wartete auf das Urteil.
«Wissen Sie was, Knipe? Ich glaube, Sie haben nicht alle Tassen im Schrank.» Sei vorsichtig jetzt, ermahnte sich Mr. Bohlen. Fass ihn behutsam an. Der Bursche ist wertvoll für uns. Wenn er nur nicht so grässlich aussähe mit diesem Pferdegesicht und den großen Zähnen. Und Ohren hat er – wie Rhabarberblätter.
«Aber Mr. Bohlen! Es geht! Ich hab’s Ihnen doch bewiesen! Das können Sie nicht abstreiten!»
«Immer mit der Ruhe, Knipe. Immer mit der Ruhe. Hören Sie mir erst mal zu.»
Adolph Knipe sah seinen Chef an und verabscheute ihn mit jeder Sekunde mehr.
«Diese Idee», sagte Mr. Bohlens Unterlippe, «ist sehr gescheit – ich möchte beinahe sagen genial –, und sie bestätigt nur meine hohe Meinung von Ihren Fähigkeiten, Knipe. Aber Sie dürfen das alles nicht zu ernst nehmen, mein Junge. Was kann uns Ihre Erfindung schon nützen? Wer in aller Welt braucht eine Maschine, die Kurzgeschichten schreibt? Und wo steckt da Geld drin? Können Sie mir das sagen?»
«Darf ich mich setzen, Sir?»
«Natürlich, nehmen Sie Platz.»
Adolph Knipe hockte sich auf die Kante eines Stuhls. Der Ältere beobachtete ihn mit wachsamen braunen Augen und harrte der Dinge, die da kommen sollten.
«Wenn Sie gestatten, Mr. Bohlen, möchte ich Ihnen erklären, wie ich auf die ganze Geschichte verfallen bin.»
«Schießen Sie los, Knipe.» Man muss ein bisschen auf ihn eingehen, dachte Mr. Bohlen. Der Junge ist ja für uns sein Gewicht in Gold wert. Ein unersetzlicher Mitarbeiter, geradezu ein Genie. Wenn ich mir nur diese Papiere hier ansehe … Das verschlägt einem doch glatt die Sprache. Eine erstaunliche Arbeit. Natürlich völlig sinnlos. Ohne geschäftlichen Wert. Aber sie beweist wieder einmal, wie begabt der Bursche ist.
«Ich … ich muss Ihnen etwas gestehen, Mr. Bohlen. Dann werden Sie vielleicht begreifen, warum ich immer so … na, eben so deprimiert bin.»
«Sagen Sie mir alles, was Sie bedrückt, Knipe. Ich bin dazu da, Ihnen zu helfen – das wissen Sie doch.»
Der junge Mann krampfte die Hände ineinander und presste die Ellbogen gegen die Rippen. Ihm schien plötzlich sehr kalt zu sein.
«Sehen Sie, Mr. Bohlen, die Sache ist so, dass mir eigentlich nicht viel an meiner Arbeit hier liegt. Ich weiß, dass ich sie gut mache, aber offen gestanden, mit dem Herzen bin ich nicht dabei. Es ist nicht das, wovon ich immer geträumt habe.»
Mr. Bohlens Augenbrauen schnellten hoch wie eine Sprungfeder. Sein Körper erstarrte.
«Sehen Sie, Sir, ich wäre so schrecklich gern Schriftsteller geworden.»
«Schriftsteller?»
«Ja, Mr. Bohlen. Ob Sie es glauben oder nicht, ich verwende jedes bisschen Freizeit darauf, Geschichten zu schreiben. In den letzten zehn Jahren habe ich Hunderte, buchstäblich Hunderte von Kurzgeschichten geschrieben. Fünfhundertsechsundsechzig, um genau zu sein. Etwa eine pro Woche.»
«Um Himmels willen, Mann! Wozu denn das?»
«Ich weiß nur, Sir, dass ich den Drang dazu habe.»
«Was für einen Drang?»
«Den schöpferischen Drang, Mr. Bohlen.» Jedes Mal, wenn er aufblickte, sah er Mr. Bohlens Lippen. Sie wurden immer dünner, immer röter.
«Und darf ich fragen, was Sie mit diesen Geschichten machen, Knipe?»
«Ach, Sir, das ist es ja gerade. Niemand will sie kaufen. Wenn ich eine fertig habe, schicke ich sie reihum, von einem Magazin zum anderen. Das ist alles, was geschieht, Mr. Bohlen. Wie ein Bumerang kommen sie zu mir zurück. Es ist sehr deprimierend.»
Mr. Bohlens Züge entspannten sich. «Ich weiß genau, wie Ihnen zumute ist, mein Junge.» Seine Stimme triefte vor Mitgefühl. «Irgendwann im Leben macht jeder von uns so etwas durch. Aber jetzt, wo Sie den Beweis haben … den positiven Beweis … von den Fachleuten selbst, von den Redakteuren, dass Ihre Geschichten – wie soll ich sagen – nicht viel taugen, jetzt sollten Sie das Schreiben endgültig aufgeben. Vergessen Sie es, mein Junge. Denken Sie einfach nicht mehr daran.»
«Nein, Mr. Bohlen! Nein! Das ist nicht wahr! Ich weiß, dass meine Geschichten gut sind. Mein Gott, wenn ich sie mit dem Zeug vergleiche, das in manchen Magazinen erscheint – also wirklich, Mr. Bohlen …! Dieser blödsinnige Kitsch, den man Woche für Woche in den Magazinen liest – ach, es ist zum Verrücktwerden!»
«Hören Sie mal, mein Junge …»
«Lesen Sie Magazine, Mr. Bohlen?»
«Entschuldigen Sie, Knipe, aber was hat das mit Ihrer Maschine zu tun?»
«Alles, Mr. Bohlen, einfach alles! Sehen Sie, die Sache ist so: Nach gründlichem Studium der Magazine habe ich den Eindruck gewonnen, dass jedes Blatt einen besonderen Typ von Kurzgeschichten pflegt. Die Schriftsteller – die erfolgreichen – wissen das und passen sich jeweils den Wünschen der Redaktion an.»
«Moment, mein Junge, Moment. Beruhigen Sie sich ja? Ich glaube nicht, dass uns das alles weiterbringt.»
«Bitte, Mr. Bohlen, hören Sie mich doch an. Es ist wirklich ungeheuer wichtig.» Knipe hielt kurz inne, um Luft zu schöpfen. Er war jetzt so richtig in Fahrt und fuchtelte beim Sprechen mit den Händen herum. Das längliche Gesicht mit den großen Zähnen und den abstehenden Ohren glänzte vor Erregung, und bei jedem Wort sprühten Speicheltröpfchen aus seinem Mund. «Verstehen Sie doch, Mr. Bohlen, wenn ich auf meiner Maschine einen verstellbaren Koordinator zwischen das ‹Fabel-Speicherwerk› und das ‹Wort-Speicherwerk› schalte, kann ich jede Art von Geschichten produzieren. Ich brauche nur auf die betreffende Taste zu drücken.»
«Ja, ich weiß, Knipe, ich weiß. Das ist alles sehr interessant, aber worauf wollen Sie eigentlich hinaus?»
«Ganz einfach, Mr. Bohlen. Der Markt ist begrenzt. Wir müssen in der Lage sein, das richtige Material zur richtigen Zeit zu liefern. Immer genau das, was gerade gebraucht wird. Es ist eine kommerzielle Frage, weiter nichts. Ich betrachte es jetzt von Ihrem Standpunkt aus – vom Standpunkt der Rentabilität.»