«Mein lieber Junge, von Rentabilität kann hier doch gar nicht die Rede sein. Überhaupt nicht. Sie wissen ebenso gut wie ich, was es kostet, eine solche Maschine zu bauen.»
«Ja, Sir, das weiß ich. Aber mit allem Respekt gesagt, ich glaube nicht, dass Sie wissen, was die Magazine den Autoren für ihre Geschichten zahlen.»
«Was zahlen sie denn?»
«Jede Summe bis zu zweitausendfünfhundert Dollar. Der Durchschnitt liegt wahrscheinlich bei tausend.»
Mr. Bohlen fuhr hoch.
«Ja, Sir, es ist wahr.»
«Völlig unmöglich, Knipe! Lächerlich!»
«Nein, Sir, es ist wahr.»
«Sie sitzen hier und wollen mir erzählen, dass diese Magazine derartig viel Geld für … für irgend so eine hingeschmierte Geschichte bezahlen! Du meine Güte, Knipe! Dann müssten ja alle Schriftsteller Millionäre sein!»
«Stimmt genau, Mr. Bohlen! Und damit kommen wir wieder auf die Maschine. Hören Sie nur noch eine Minute zu, Sir. Ich habe mir das mal ausgerechnet. Die großen Magazine bringen durchschnittlich drei Kurzgeschichten in jeder Ausgabe. Nun nehmen Sie die fünfzehn bedeutendsten Magazine – diejenigen, die am besten zahlen. Ein paar von ihnen erscheinen monatlich, aber die meisten kommen jede Woche heraus. Gut. Das macht, sagen wir, vierzig Geschichten, die jede Woche gekauft werden. Vierzigtausend Dollar also. Wenn wir unsere Maschine richtig arbeiten lassen, können wir praktisch den gesamten Bedarf decken!»
«Mein lieber Junge, Sie sind verrückt!»
«Nein, Sir, ehrlich, es ist so, wie ich sage. Verstehen Sie doch, wir werden die Schriftsteller allein vom Umfang her völlig an die Wand drücken! Die Maschine kann eine Geschichte von fünftausend Wörtern, fertig getippt und versandbereit, in dreißig Sekunden liefern. Wie können die Schriftsteller damit konkurrieren? Ich frage Sie, Mr. Bohlen, wie?»
Hier bemerkte Adolph Knipe eine leichte Veränderung im Gesichtsausdruck seines Chefs: Die Augen begannen zu glänzen, die Nasenflügel blähten sich, die Züge wurden unbewegt, fast starr. Hastig sprach er weiter: «Heutzutage, Mr. Bohlen, haben handgearbeitete Waren keine Chance mehr. Sie kommen einfach nicht gegen die Massenproduktion an, besonders in unserem Land nicht. Teppiche … Stühle … Schuhe … Ziegelsteine … Keramik … was Sie wollen – alles wird jetzt maschinell hergestellt. Die Qualität mag schlechter sein, aber das spielt keine Rolle. Was zählt, sind die Produktionskosten. Und Kurzgeschichten – nun, sie sind eben auch ein Produkt, genau wie Teppiche oder Stühle, und niemand schert sich um die Herstellungsmethode, solange die Ware pünktlich und preiswert geliefert wird. Wir werden sie en gros verkaufen, Mr. Bohlen! Wir werden jeden Autor im Lande unterbieten! Wir werden den Markt an uns reißen!»
Mr. Bohlen richtete sich in seinem Sessel auf. Dann beugte er sich vor, stützte die Ellbogen auf den Schreibtisch und blickte den jungen Mann aufmerksam mit seinen kleinen braunen Augen an.
«Ich glaube trotzdem, dass Ihre Idee undurchführbar ist, Knipe.»
«Vierzigtausend die Woche!», rief Adolph Knipe. «Und wenn wir den Preis herabsetzen, sagen wir um die Hälfte – also zwanzigtausend die Woche –, dann macht das immer noch eine Million im Jahr!» Und er fügte mit sanfter Stimme hinzu: «Für den Bau der elektronischen Rechenmaschine haben Sie keine Million im Jahr bekommen, nicht wahr, Mr. Bohlen?»
«Also jetzt mal im Ernst, Knipe. Meinen Sie wirklich, dass man uns das Zeug abkauft?»
«Ich bitte Sie, Mr. Bohlen, wer in aller Welt verlangt denn handgearbeitete Kurzgeschichten, wenn er die anderen für den halben Preis kriegen kann? Das leuchtet doch ein, nicht wahr?»
«Und wie wollen Sie sie verkaufen? Wen wollen Sie als Verfasser nennen?»
«Wir gründen eine eigene literarische Agentur, die den Vertrieb übernimmt. Und die Namen der Verfasser – nun, die denken wir uns einfach aus.»
«Die Sache gefällt mir nicht recht, Knipe. Schmeckt irgendwie nach Betrug, finden Sie nicht?»
«Und noch etwas, Mr. Bohlen. Wenn wir erst einmal in Schwung sind, könnte noch so mancher Nebenverdienst abfallen. Nehmen Sie zum Beispiel die Werbung. Bierbrauer und solche Leute sind heutzutage gern bereit, gutes Geld zu zahlen, wenn sie berühmte Schriftsteller als Verbraucher ihrer Produkte bezeichnen dürfen. Mein Gott, Mr. Bohlen! Das ist kein Pappenstiel, das ist ein dickes Geschäft!»
«Werden Sie nur nicht größenwahnsinnig, mein Junge.»
«Und noch etwas. Nichts spricht dagegen, Mr. Bohlen, dass wir Ihren Namen unter einige der besseren Geschichten setzen, wenn Sie das wünschen.»
«Du meine Güte, Knipe, was hätte ich denn davon?»
«Ich weiß nicht, Sir, nur … einige Schriftsteller sind doch sehr berühmt geworden – Mr. Erle Gardner und Kathleen Norris zum Beispiel. Wir brauchen Namen, und ich habe sogar schon daran gedacht, meinen eigenen für ein paar Geschichten zur Verfügung zu stellen. Nur um auszuhelfen.»
«Ein Schriftsteller, hm?», sagte Mr. Bohlen nachdenklich. «Na ja, im Club würden sie schön überrascht sein, wenn sie meinen Namen in den Magazinen sähen – in den guten Magazinen.»
«Allerdings, Sir.»
Ein verträumter, abwesender Blick kam in Mr. Bohlens Augen, und er lächelte. Gleich darauf aber riss er sich zusammen und fing an, in den Entwürfen zu blättern, die vor ihm lagen.
«Eines verstehe ich noch nicht ganz, Knipe. Woher kommen die Handlungen? Die Maschine kann doch keine Handlungen erfinden.»
«Die speichern wir, Sir. Das ist überhaupt kein Problem. Handlungen gibt’s wie Sand am Meer. Drei- oder vierhundert finden Sie dort in der Mappe zu Ihrer Linken. Wir geben sie einfach in das ‹Fabel-Speicherwerk› der Maschine.»
«Sehr interessant.»
«Ich habe auch für allerlei kleine Raffinessen gesorgt, Mr. Bohlen. Sie werden das sehen, wenn Sie die Pläne sorgfältig studieren. So wenden zum Beispiel fast alle Schriftsteller den Trick an, dass sie in jeder ihrer Geschichten irgendein langes, unverständliches Fremdwort gebrauchen. Weil der Leser dann denkt, der Autor sei sehr klug und gebildet. Ich lasse also die Maschine das Gleiche tun. Wir werden einen Vorrat solcher Wörter eigens zu diesem Zweck speichern.»
«Wo?»
«Im ‹Wort-Speicherwerk›», sagte Knipe epexegetisch.
Fast den ganzen Tag sprachen die beiden Männer über die Möglichkeiten der neuen Maschine. Schließlich erklärte Mr. Bohlen, er müsse noch einmal darüber nachdenken. Am nächsten Morgen zeigte er sich recht angetan von der Idee. Nach einer Woche war er völlig von ihr besessen.
«Natürlich halten wir die Sache geheim, Knipe. Wir werden sagen, dass wir eine zweite Rechenmaschine bauen, einen neuen Typ.»
«Jawohl, Mr. Bohlen.»
Sechs Monate später war die Maschine fertig. Sie wurde in einem Backsteingebäude am äußersten Ende des Fabrikgeländes aufgestellt, und als sie einsatzbereit war, durfte außer Mr. Bohlen und Adolph Knipe niemand in ihre Nähe.
Es war ein erregender Augenblick, als die beiden Männer – der eine klein, dick und kurzbeinig, der andere groß, dünn und langzahnig – vor dem Schaltbrett standen und sich anschickten, die erste Kurzgeschichte herunterzuschreiben. Sie waren von Wänden umgeben, zwischen denen schmale Gänge verliefen, und die Wände waren bedeckt mit Drähten, Steckdosen, Schaltern und riesigen Glasröhren. Knipe war ziemlich nervös, und Mr. Bohlen trat von einem Fuß auf den anderen, weil er einfach nicht stillstehen konnte.
«Welchen Knopf?», fragte Adolph Knipe, den Blick auf eine Reihe kleiner weißer Scheiben gerichtet, die an die Tasten einer Schreibmaschine erinnerten. «Suchen Sie sich eine Zeitschrift aus, Mr. Bohlen. Es ist alles da, Saturday Evening Post, Collier’s, Ladies’ Home Journal – was Sie wollen.»