Zunächst traf der Schriftsteller, indem er auf einen der sogenannten Hauptknöpfe drückte, seine prinzipielle Entscheidung: historisch, satirisch, philosophisch, politisch, romantisch, erotisch, humorvoll oder derb. Eine zweite Reihe von Knöpfen (die Grundknöpfe) bot ihm die verschiedensten Themen: Soldatenleben, Pionierzeit, Bürgerkrieg, Weltkrieg, Rassenproblem, Wilder Westen, Landleben, Kindheitserinnerungen, Seefahrt, der Meeresgrund und viele, viele andere. Die dritte Knopfreihe gestattete die Wahl des literarischen Stils: klassisch, skurril, gepfeffert, Hemingway, Faulkner, Joyce, feminin und so fort. Die vierte Reihe bestimmte Anzahl und Geschlecht der Romangestalten, die fünfte den Umfang des Buches und so weiter und so weiter – zehn lange Reihen von Vorwählknöpfen.
Aber das war noch nicht alles. Während des Schreibprozesses selbst (der etwa fünfzehn Minuten pro Roman dauerte), war es jetzt möglich, eine Kontrolle auszuüben. Dazu musste der Autor auf einer Art Führersitz vor zahlreichen beschrifteten Registern Platz nehmen. Durch Ziehen oder Drücken (wie bei einer Orgel) konnte er rund fünfzig verschiedene und variable Elemente regulieren oder sie miteinander mischen – zum Beispiel Spannung, Überraschung, Humor, Pathos und Geheimnis. Zahlreiche Skalen und Messgeräte auf dem Armaturenbrett zeigten ihm jederzeit genau an, wie weit er mit seiner Arbeit war.
Und schließlich gab es noch die Sache mit der ‹Leidenschaft›. Nach gründlichem Studium der Bücher, die im vergangenen Jahr an der Spitze der Bestseller-Listen gestanden hatten, war Adolph Knipe zu der Erkenntnis gelangt, dass Leidenschaft das wichtigste Ingrediens von allen war, ein magischer Katalysator, der selbst den langweiligsten Roman in einen tollen Erfolg verwandeln konnte – jedenfalls finanziell. Aber Knipe wusste auch, dass Leidenschaft eine überaus starke, berauschende Wirkung hatte und vorsichtig dosiert werden musste – die richtigen Mengen in den richtigen Handlungsmomenten. Um das zu gewährleisten, hatte er eine besondere Kontrollvorrichtung konstruiert: zwei hochempfindliche, stufenlose Leidenschaftsregler, die durch Pedale – ähnlich dem Gas- und dem Bremspedal beim Auto – bedient wurden. Das eine Pedal steuerte die Menge der injizierten Leidenschaft, das andere ihre Intensität. Der einzige Nachteil lag natürlich darin, dass sich der Schreiber eines Romans nach der Knipe-Methode etwa in der Situation eines Mannes befand, der zur gleichen Zeit ein Flugzeug und ein Auto lenkt und nebenher auch noch Orgel spielt. Aber das kümmerte den Erfinder nicht. Als alles fertig war, geleitete er Mr. Bohlen stolz in das Maschinenhaus und erklärte ihm die Arbeitsweise des neuen Wunderwerks.
«Mein Gott, Knipe, das schaffe ich ja nie! Menschenskind, ich glaube, es wäre einfacher, das Ding mit der Hand zu schreiben.»
«Sie werden sich bestimmt bald daran gewöhnen, Mr. Bohlen. In ein, zwei Wochen ist Ihnen jeder Griff in Fleisch und Blut übergegangen. Es ist genauso wie beim Autofahren – ein Anfänger kann eben nicht gleich losbrausen.»
Nun, es war nicht ganz leicht, aber nach vielen Übungsstunden bekam Mr. Bohlen den Dreh heraus, und endlich, eines späten Abends, beorderte er Knipe zur Fabrikation des ersten Romans in das Maschinenhaus. Es war ein erregender Augenblick, als der kleine, dicke Mann nervös auf dem Führersitz hockte und der große, langzahnige Knipe eifrig um ihn herumzappelte.
«Ich habe die Absicht, einen bedeutenden Roman zu schreiben, Knipe.»
«Ich bin sicher, dass es Ihnen gelingt, Sir. Ganz sicher.»
Langsam und bedächtig drückte Mr. Bohlen auf die Vorwählknöpfe:
Hauptknopf – satirisch
Thema – Rassenproblem
Stil – klassisch
Personen – sechs Männer, vier Frauen, ein Kind
Umfang – fünfzehn Kapitel
Zugleich richtete er sein Augenmerk auf die drei Orgelregister Kraft, Geheimnis und Tiefe.
«Sind Sie bereit, Sir?»
«Ja, ja, ich bin bereit.»
Knipe betätigte den Schalter. Die große Maschine summte. Fünfzigtausend gutgeölte Zahnräder, Stangen und Hebel brachten ein dumpfes, schwirrendes Geräusch hervor; dann begann die schnelle elektrische Schreibmaschine mit einem fast unerträglich lauten Geklapper zu arbeiten. Die vollgeschriebenen Seiten flogen in den Korb – alle zwei Sekunden eine. Für Mr. Bohlen, der die Register ziehen, den Kapitelzähler und den Geschwindigkeitsmesser beobachten und die Leidenschaftspedale bedienen musste, waren der Lärm und die Aufregung einfach zu viel. Er geriet in Panik und reagierte genauso wie ein Fahrschüler im Auto, das heißt, er presste beide Füße auf die Pedale und lockerte den Druck erst, als die Maschine anhielt.
«Ich darf Sie zu Ihrem ersten Roman beglückwünschen», sagte Knipe und nahm das dicke Bündel beschriebener Blätter aus dem Korb.
Über Mr. Bohlens Gesicht rannen dicke Schweißtropfen. «Ich kann Ihnen sagen, das war verdammt anstrengend, mein Junge.»
«Aber Sie haben es geschafft, Sir. Sie haben es geschafft.»
«Zeigen Sie mal her, Knipe. Wie liest es sich denn?»
Er überflog das erste Kapitel und reichte Seite um Seite an den jüngeren Mann weiter.
«Um Himmels willen, Knipe! Was ist das?» Mr. Bohlens dünne Fischlippen zitterten leicht, und seine Wangen blähten sich langsam auf.
«Also wissen Sie, Knipe, das ist ja unerhört!»
«Es ist tatsächlich ein bisschen saftig, Sir.»
«Saftig! Empörend ist es, einfach empörend! Ich kann unmöglich meinen Namen dafür hergeben!»
«Da haben Sie recht, Sir.»
«Knipe! Ist das ein schmutziger Scherz, den Sie sich mit mir erlaubt haben?»
«O nein, Sir! Nein!»
«Sieht aber ganz so aus.»
«Könnte es vielleicht daran liegen, Mr. Bohlen, dass Sie etwas zu hart auf die Leidenschaftspedale getreten haben?»
«Mein lieber Junge, wie soll ich das wissen?»
«Versuchen Sie’s doch nochmal.»
So schrieb denn Mr. Bohlen einen zweiten Roman herunter, und diesmal ging alles nach Wunsch.
Binnen einer Woche hatte ein begeisterter Verleger das Manuskript gelesen und angenommen. Knipe zog mit einem Roman nach, für den er selbst als Verfasser zeichnete; dann fabrizierte er – da er schon einmal dabei war – ein Dutzend weitere. Bald war Adolph Knipes literarische Agentur berühmt für ihren Stall vielversprechender junger Romanciers. Und wieder begann das Geld hereinzuströmen.
Um diese Zeit stellte sich heraus, dass der junge Knipe nicht nur als Erfinder, sondern auch als Geschäftsmann ein großes Talent war.
«Hören Sie, Mr. Bohlen», sagte er, «wir haben noch immer zu viel Konkurrenz. Warum schlucken wir nicht einfach all die anderen Schriftsteller des Landes?»
Mr. Bohlen, der sich inzwischen ein flaschengrünes Samtjackett zugelegt hatte und das Haar so lang trug, dass es zwei Drittel der Ohren bedeckte, war ganz zufrieden mit der augenblicklichen Lage der Dinge. «Ich weiß gar nicht, was Sie meinen, lieber Junge. Wir können doch nicht so mir nichts, dir nichts Schriftsteller schlucken.»
«Natürlich können wir das, Sir. Genauso wie Rockefeller es mit den Ölgesellschaften machte. Wir kaufen sie einfach auf. Und wenn sie sich weigern, setzen wir sie unter Druck. Das ist überhaupt kein Problem.»
«Vorsichtig, Knipe. Seien Sie vorsichtig.»
«Sehen Sie, Sir, ich habe hier eine Liste der fünfzig erfolgreichsten Schriftsteller des Landes, und ich werde jedem von ihnen einen lebenslänglichen Vertrag auf Gehaltsbasis anbieten. Dafür brauchen sie sich nur zu verpflichten, dass sie nie mehr ein Wort schreiben. Und natürlich müssen sie uns ihre Namen für unser eigenes Material zur Verfügung stellen. Wie finden Sie das?»