Es war sehr angenehm, mit einem Bier und einer Zigarette im Freien zu sitzen. Und es machte Spaß, den Badenden zuzuschauen, die sich in dem grünen Wasser vergnügten.
Die amerikanischen Jungen kamen sehr gut mit den englischen Mädchen zurecht. Sie waren schon so weit mit ihnen, dass sie tauchten und ihnen nach den Beinen griffen.
Mein Blick fiel auf einen kleinen, ältlichen Mann, der forsch und sehr schnell um das Becken herumging. Bei jedem seiner kurzen, hüpfenden Schritte federte er auf den Zehen hoch. Er trug einen makellos weißen Anzug und einen breitrandigen cremefarbenen Panamahut. Während er dicht am Rande des Bassins entlangtrippelte, musterte er die Leute und die Liegestühle.
Er machte neben mir halt und zeigte lächelnd zwei Reihen winziger, schiefstehender, leicht verfärbter Zähne. Ich lächelte zurück.
«Bittäh Entschuldigung, aber darf ich hier sitzen?»
«Gewiss», antwortete ich. «Ist ja alles frei.»
Er tänzelte auf einen Liegestuhl zu und prüfte ihn von allen Seiten auf seine Sicherheit. Dann ließ er sich nieder und schlug die kurzen Beine übereinander. In seine weißen Wildlederschuhe waren kleine Löcher gestanzt – wegen der Ventilation.
«Eine schöne Abend», sagte er. «Die Abende alle sind schön hier in Jamaica.» Ich kam nicht dahinter, ob er mit italienischem oder spanischem Akzent sprach, aber ich war sicher, dass er aus Südamerika stammte. Und dass er älter war, als er auf den ersten Blick wirkte. Achtundsechzig vielleicht, wenn nicht gar siebzig.
«Ja», sagte ich. «Es ist herrlich hier.»
«Und wer, darf ich fragen, sind diese Leute? Die sind nicht von Hotel.» Er wies auf die Badenden im Bassin.
«Ich glaube, es sind amerikanische Kadetten», erwiderte ich. «Amerikaner, die zu Marineoffizieren ausgebildet werden.»
«Natürlich es sind Amerikaner. Wer sonst auf Welt macht denn so viel Lärm? Aber Sie, Sie sind nicht Amerikaner, nein?»
«Nein, ich nicht.»
Plötzlich stand ein amerikanischer Kadett vor uns. Er kam geradewegs aus dem Wasser und triefte vor Nässe. Eine der jungen Engländerinnen war bei ihm.
«Sind diese Stühle besetzt?», fragte er.
«Nein», antwortete ich.
«Gestatten Sie, dass ich mich setze?»
«Nur zu.»
«Danke», sagte der Junge. Er hatte ein zusammengerolltes Frottiertuch in der Hand, und als er saß, holte er daraus ein Päckchen Zigaretten und ein Feuerzeug hervor. Das Mädchen lehnte die Zigarette ab, die er ihr anbot; dann hielt er mir das Päckchen hin, und ich griff zu. Der kleine Mann sagte: «Danke, nein, aber ich werde rauchen Zigarre.»
Er nahm eine Zigarre aus einem krokodilledernen Etui, brachte ein Taschenmesser zum Vorschein, an dem sich auch eine kleine Schere befand, und knipste das Ende der Zigarre ab.
«Warten Sie, ich gebe Ihnen Feuer.» Der junge Amerikaner hob sein Feuerzeug.
«Das wird nicht gehen in diese Wind.»
«O doch. Es geht immer.»
Der kleine Mann nahm die unangezündete Zigarre aus dem Mund, legte den Kopf schräg und sah den Jungen an.
«Im-mer?», wiederholte er langsam.
«Gewiss. Es versagt nie. Jedenfalls nicht bei mir.»
Der kleine Mann hielt den Kopf noch immer zur Seite geneigt, und er sah noch immer den Jungen an. «Aha. Also Sie meinen, diese berühmte Feuerzeug versagt nie. So meinen Sie doch, ja?»
«Das meine ich nicht nur», antwortete der Junge. «Ich weiß es genau.» Er mochte neunzehn oder zwanzig Jahre alt sein, hatte ein langes, sommersprossiges Gesicht und eine ziemlich spitze, vogelähnliche Nase. Auf der Brust, die nicht sehr braungebrannt war, hatte er ebenfalls Sommersprossen und ein paar Büschel rötlicher Haare. Er hielt das Feuerzeug in der rechten Hand – bereit, das Rädchen anzureiben. «Es versagt nie», beteuerte er und lächelte jetzt, weil er seine kleine Prahlerei absichtlich auf die Spitze trieb. «Ich garantiere Ihnen, dass es nie versagt.»
«Eine Moment, bittäh!» Die Hand mit der Zigarre schoss hoch, Handfläche nach außen, als wollte sie den Verkehr anhalten. «Nur eine Moment.» Er hatte eine eigenartig leise, tonlose Stimme und blickte den Jungen unverwandt an. «Sollen wir vielleicht kleine Wette darum machen?», fragte er lächelnd. «Sollen wir kleine Wette machen, ob Ihre Feuerzeug brennt?»
«Aber ja», sagte der Junge. «Warum denn nicht?»
«Sie mögen gern wetten?»
«Klar. Ich wette immer.»
Der Mann betrachtete nachdenklich seine Zigarre. Ich kam zu dem Schluss, dass mir sein Benehmen ganz und gar nicht gefiel. Wenn mich nicht alles täuschte, wollte er an der Sache verdienen und den Jungen finanziell schädigen; gleichzeitig hatte ich das Gefühl, dass er mit viel Genuss ein kleines Privatgeheimnis hütete.
Nun hob er den Kopf und sagte langsam: «Ich mag auch gern wetten. Warum sollen wir nicht machen gute Wette darum? Gute dicke Wette.»
«Augenblick mal», fiel ihm der Junge ins Wort. «Das kann ich nicht. Aber ich wette mit Ihnen um einen Vierteldollar. Ich wette sogar um einen Dollar oder den entsprechenden Betrag in englischer Währung – ein paar Shilling, nehme ich an.»
Wieder schoss die Hand mit der Zigarre hoch. «Hören Sie zu. Wir werden haben viel Spaß. Zuerst wir machen Wette. Dann wir gehen hinauf in meine Zimmer hier in Hotel, wo kein Wind ist, und ich wette, Sie können nicht anzünden Ihre Feuerzeug zehnmal hintereinander, ohne dass einmal versagt.»
«Ich wette, dass ich es kann», beharrte der junge Mann.
«Schön. Gut. Wir machen Wette, ja?»
«Okay. Ich wette mit Ihnen um einen Dollar.»
«Nein, nein. Ich mache Ihnen sehr gute Wette. Ich bin reich. Ich bin eine Sportsmann. Hören Sie zu. Vor Hotel steht mein Wagen. Ist sehr schöner Wagen. Amerikanischer Wagen aus Ihre Land. Cadillac …»
«Halt, halt.» Der Junge lehnte sich zurück und lachte. «So hoch kann ich nicht wetten. Das ist ja Irrsinn.»
«Kein Irrsinn, überhaupt nicht. Sie zünden Feuerzeug zehnmal hintereinander an, und Cadillac gehört Ihnen. Sie wollen doch haben diese Cadillac, ja?»
«Gewiss, einen Cadillac hätte ich schon ganz gern.» Der junge Amerikaner lächelte.
«Gut. Schön. Wir machen Wette, und ich setze meine Cadillac.»
«Und was setze ich dagegen?»
Der kleine Mann entfernte sorgfältig den roten Ring von seiner noch immer unangezündeten Zigarre. «Ich will nicht, dass Sie mehr setzen, als Sie sich können leisten. Sie verstehen?»
«Ja, aber was soll ich denn setzen?»
«Ich werde es machen sehr leicht für Sie, ja?»
«Okay. Machen Sie’s leicht.»
«Irgendeine Kleinigkeit, die Sie können entbehren, die Ihnen nicht zu sehr fehlt, wenn Sie verlieren. Recht?»
«Zum Beispiel?»
«Zum Beispiel … nun, vielleicht Ihr kleiner Finger von linke Hand.»
«Mein was?» Der Junge hörte auf zu lächeln.
«Ja. Warum nicht? Sie gewinnen, Sie nehmen Wagen. Sie verlieren, ich nehme Finger.»
«Ich verstehe Sie nicht. Was soll das heißen, Sie nehmen den Finger?»
«Ich hacke ab.»
«Heiliger Bimbam! Das ist ja eine verrückte Wette. Ich glaube, ich bleibe bei einem Dollar.»
Der kleine Mann streckte die flachen Hände vor und zuckte, kaum wahrnehmbar, verächtlich mit den Schultern. «Wirklich», sagte er, «ich wundere mich. Sie sagen, es brennt, aber Sie wollen nicht wetten. Gut, dann wir sprechen nicht mehr davon, ja?»
Der junge Amerikaner saß regungslos da und starrte auf die Badenden im Schwimmbecken. Plötzlich fiel ihm ein, dass er seine Zigarette noch nicht angezündet hatte. Er schob sie zwischen die Lippen, schloss die Hände um das Feuerzeug, rieb das Rädchen an, und schon brannte der Docht, ohne zu flackern, mit kleiner gelber Flamme. Die schützenden Hände hielten jeden Luftzug fern.
«Könnte ich auch Feuer haben?», bat ich.
«Ach herrje, das habe ich ganz vergessen. Entschuldigen Sie.»