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»Mittagessen, Flint!« flötete Ailea. »Frischgepflückter, süßer Mais!«

»Mit frischer Butter«, fügte Tanis hinzu und hielt den Teller hoch.

Da trat Lord Tyresian in das Lichtfenster an der Tür, und die beiden verstummten.

»Na, sieh mal an«, sagte der Elfenlord lakonisch, verschränkte die Arme vor der Brust und sah auf die beiden herab. »Zwei Mörder beieinander. Vergleicht ihr vielleicht eure Erfolge? Der Wert, einen Pfeil in Lord Xenoths Brust zu schießen gegen, sagen wir mal, den Tod meiner Mutter im Kindbett? Oh, aber ich vergaß, Tanis, Ailea hat auch deine Mutter sterben lassen, nicht wahr?«

Eld Ailea erbleichte unter ihrer Sonnenbräune; sie legte die Hand vor den Mund und unterdrückte einen leisen Schrei. Tanis bewegte sich drohend auf Tyresian zu, wobei er den Korb losließ, so daß zwei Maiskolben herunterrollten und vor Flints Tür zwischen die Blumen fielen.

Dann stand Flint plötzlich zwischen ihnen, der Tanis mit dem Rücken aus der Sonne schob und Tyresian eine Hand auf die Brust legte. Die Stimme des Zwergs klang erschreckend ruhig.

»Raus, Elf«, sagte er zu Lord Tyresian und betonte jedes einzelne Wort, »sonst zeige ich Euch, wozu ein erfahrener Kämpfer fähig ist.«

»Du…!« plusterte sich Tyresian auf.

»Ich habe in der Schlacht gegen Oger gekämpft. Ihr habt trotz Eures Hochmuts keinerlei Kampferfahrung. Es ist einfach, eine alte Frau und einen jungen Elfen zu beleidigen, der es noch nicht wagt, die Verhältnisse in Qualinost zu erschüttern, indem er Euch fordert. Hättet Ihr etwas dagegen, statt dessen mit mir vorliebzunehmen?«

Tyresian sah finster auf den Zwerg herunter, wobei er erstmals die abgenutzte Streitaxt zu bemerken schien, die wie aus dem Nichts in Flints rechter Hand aufgetaucht war. Der Griff war voller Kerben, doch die Runen der Macht auf der flachen Klinge glänzten im Sonnenlicht, und die Klinge schimmerte scharf genug, als könnte sie auch die härteste Rüstung durchschlagen.

Der Elfenlord entspannte sich etwas.

Flint sprach jedoch weiter. »Vergeßt niemals, Lord Tyresian, daß Ihr derjenige wart, der vorgeschlagen hat, daß die Jäger den Graben überqueren und Xenoth – und mich, wenn ich mich recht entsinne – auf der anderen Seite zurücklassen sollten.«

Tyresian wollte Einwände erheben, aber Flint hielt den Arm des Elfenlords nur um so fester. »Ihr wart derjenige, der drei Leute allein einem Monster ausgeliefert hat, das stark genug war, sie alle im Handumdrehen zu erledigen«, sagte er mit sehr leiser Stimme, die allein durch ihre Intensität bezwang. »Was mich betrifft, so seid Ihr weit mehr als jeder andere für den Tod des Beraters der Stimme verantwortlich.« Wie nebensächlich fügte er hinzu: »Gewiß schuldiger als der Halbelf, der nur sein Leben retten wollte – unser aller Leben.«

Als wenn der kleine Laden noch nicht voll genug gewesen wäre, wählte Miral genau diesen Augenblick, um vor dem Haus des Zwergs zu erscheinen. Doch die vier, die an dem Drama auf der Schwelle beteiligt waren, bemerkten den tief verhüllten Magier nicht gleich. Er stellte sich wartend an die Seite des gepflasterten Wegs.

»Jetzt geht, Lord Tyresian«, befahl Flint. »Und vergeßt nicht: Auch wenn ich nie jemandem meine eigene Theorie dargelegt habe, wer wirklich für Xenoths Tod verantwortlich ist, gibt es nichts, was mich davon abhalten würde, die Stimme aufzuklären. Ich habe schon immer vermutet, daß Ihr diesen Teil Eures ›Berichts‹ beschönigt habt, nachdem Tanis den Tylor getötet hatte.«

Mit Anstrengung schob Tyresian Tanis beiseite, rauschte an Miral vorbei und ließ die drei zurück, die dem blonden Elfenlord hinterher starrten. Schließlich nahmen die drei Freunde Miral wahr und baten ihn herein.

Weil er wußte, wie empfindlich Mirals Augen waren, schloß Flint die Tür hinter dem Zauberer und schickte sich an, die Läden vor dem Fenster auf der Vorderseite des Hauses zu schließen. Inzwischen zündete Eld Ailea das Feuer an und setzte einen Kessel Wasser auf, während Tanis den Mais enthülste. Obwohl keiner der drei jetzt noch besonders viel Appetit hatte, bereiteten sie das Essen zu, als hofften sie, daß sie dadurch ihre vorherige Fröhlichkeit wiedererlangen würden.

Miral nahm sich nicht viel Zeit, sein Anliegen zu erklären. Eine Seite eines Metallkästchens, in dem er Zaubermaterial aufbewahrte, hatte sich gelöst, wodurch er Pulver über den ganzen Gang vor seinen Räumen im Palast verstreut hatte. »Ich weiß, daß du viel zu tun hast, Meister Feuerschmied, aber ich hatte gehofft, du könntest es reparieren«, sagte Miral, der ihm das faustgroße Kästchen entgegenstreckte.

Flint nahm das Silberkästchen. Es schien eine einfache Reparatur zu sein. Wenn er einen Niet an der einen Ecke einsetzte, würde es wieder halten. Das Kästchen war so mit Drachen, Minotauren und Kettchen verziert, daß der winzige Niet nicht auffallen würde. Flint machte sich gleich an die Arbeit und schob die Medaille der Stimme beiseite, während Tanis und Ailea den süßen Mais zubereiteten.

Der Magier war wenig gesprächig, was Flint auf Müdigkeit durch Schlafmangel zurückführte. Alles im Palast war von Tagesanbruch bis spät in die Nacht mit Vorbereitungen für das Kentommen beschäftigt.

»Haben Hügelzwerge auch ein Kentommen?« fragte Tanis. Flint nickte.

»Bei uns sind das die Vollbarttage, aber sie sind überhaupt nicht mit diesem Fest zu vergleichen«, sagte der Zwerg. »Welche Pflichten hast du bei Porthios’ Feier, Miral?« Flint trieb einen dünnen Stift durch das weiche Metall.

Miral zwinkerte und sah von seinem Platz auf Flints Kleidertruhe auf. »Bei der eigentlichen Zeremonie keine. Aber ich soll alle Leute koordinieren, die etwas für das Kentommen vorbereiten und zur Unterhaltung an den drei Tagen beitragen.«

»Was gehört da dazu?« fragte Tanis vom Kessel her.

Miral sah hinüber und lächelte matt. Das Weiße in seinen Augen war blutunterlaufen, was in seltsamem Kontrast zu seiner fast farblosen Iris stand. »Fünf Dutzend Näherinnen säumen Fahnen«, (die tatsächlich bereits auf Fahnenstangen entlang der Hauptstraßen durch Qualinost aufgezogen wurden) »und drei Dutzend Schwertkämpfer üben einen Schaukampf ein, bei dem mir schon vom Zusehen angst und bange wird. Ich wundere mich nur, daß sie sich noch nicht gegenseitig aufgeschlitzt haben, und ich werde sprachlos sein, wenn Kith-Kanans Mosaik im Amphitheater nach der Vorführung ohne Blutflecken ist.«

Flint warf dem Magier einen mitleidigen Blick zu, als Miral weiter aufzählte. »Zehn Jongleure und zwanzig Harlekine haben sich im Palast breitgemacht«, beschwerte er sich. »Könnt ihr euch den Lärm vorstellen. Dazu vierzehn Akrobaten. Eine davon wollte ihren Hochseilakt vierhundert Fuß hoch im Sonnenturm zeigen!«

»Das gestattet Ihr natürlich«, sagte Ailea, als sie einen perfekt gekochten Kolben aus dem kochenden Wasser fischte.

»Natürlich nicht«, widersprach Miral, der dann stutzte. Die Hebamme hatte gescherzt. »Aber es reicht nie, einfach nein zu sagen. Jeder Elf hat zweihundert Gründe, warum sein Fall anders liegt, warum ich ihm erlauben sollte, etwas zu tun, was kein anderer darf.« Der Magier lehnte sich an der Wand an. »Ich habe in den letzten zwei Wochen nie länger als drei Stunden am Stück geschlafen.«

»Willst du mit uns essen und dann hier ein Schläfchen machen?« fragte Flint und wies mit dem Kästchen auf sein Feldbett. »Wir können leise sein, wenn es sein muß.«

Miral schüttelte den Kopf. »Ich muß mich mit einer Sängertruppe treffen. Sie wollen wissen, warum sie nicht direkt vor dem Kentommen obszöne Lieder in der Rundhalle des Turms singen dürfen – ›um die Zuschauer aufzuwärmen‹, wie sie es ausdrücken.« Er stand auf. »Ich kann das Kästchen später holen.«

»Ist schon fertig – geht aufs Haus«, sagte Flint und reichte dem Zauberer das Silberkästchen. Der Zwerg öffnete die Läden wieder und hielt dann Miral die Tür auf. Der zog seine Kapuze tief ins Gesicht, dankte Flint, nickte Tanis und Ailea zu und machte sich dann auf den Weg zum Turm, den man über den Kronen von Flints Obstbäumen sehen konnte.