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Es waren nämlich dunkle Opale und damit ein großzügiges Bestechungsgeschenk für meine Mühen und mein Schweigen. Ich sammelte sie auf und suchte nach Makeln. Der Skorpion, wie ich ihn zu Ehren seiner Begleiter wie seiner Kleidung nennen wollte, stand offenbar zu seinem Wort.

Was mich natürlich nachdenklich machte. Denn wer sein Wort in einer Hinsicht hält…

Hält es wahrscheinlich auch in anderen Dingen!

Ich sprang auf und raste aus der Tür von Alfriks Räumen, wo ich ein halbgefegtes Zimmer, offene Fenster und einen Kamin voller Asche hinterließ. Dann eilte ich die enge Granittreppe in den ersten Stock hinunter, wobei ich höchstens zwei Stufen berührte, landete keuchend, stolperte und fing mich dann wieder, als ich bereits auf dem Weg zur Tür des Gästezimmers war.

Das dreifach verschlossen war. Drei Riegel.

Und die Schlüssel klimperten irgendwo im großen Saal an Alfriks Gürtel, wo sie wie Glöckchen herumbimmelten, während dem kleinen Bruder ihres Besitzers um Mitternacht das Fell über die Ohren gezogen werden würde.

Ich zog mein Messer und begann, an dem oberen Schloß herumzupulen.

Dort hätte ich bleiben können, um bis zur Stunde der Abrechnung zitternd herumzustochern und immer hektischer und verzweifelter zu werden, je mehr die Zeit fortschritt. Aber das Glück – Wiesels Glück, wie Alfrik meine Begabung nannte, in einen Misthaufen zu fallen und nach Jasmin duftend wieder aufzutauchen – meldete sich nach langer Abwesenheit wieder zurück.

Ich hörte, wie jemand die Treppe zu Alfriks Zimmer hochstieg. Aus dem schweren Tritt und dem Schnaufen und Murmeln schloß ich, daß mein Bruder dem Wein zugesprochen hatte, während Vater und Sir Bayard sich edlen Gedanken und Gesprächen gewidmet hatten.

Schwerfällig wie ein Oger und nach Spanferkel und Portwein stinkend kam Bruder Alfrik auf dem Treppenabsatz des ersten Stocks zum Stehen. Er legte seine fettige Hand über die Augen und spähte in meine Richtung den Gang entlang.

»Du schon wieder, Wiesel? Ich habe dich doch gerade erst auf der Treppe gesehen.«

Er nennt mich übrigens Wiesel, falls ihr das noch nicht erraten habt. »Galen« bedeutet auf Altsolamnisch »Wiesel«, und Alfrik hatte andere – unfaire –, eigene Überlegungen dazu.

»Macht der Zacken in der Krone«, erklärte ich ihm sein vom Wein vernebeltes Blickfeld. »Wie gefällt es deinem Gast?« fuhr ich mit süßer Stimme voll brüderlicher Zuneigung fort (zumindest so gut ich das imitieren konnte).

Aber es dämmerte Alfrik, daß ich in einer Art um das Gästezimmer herumlungerte, wie ich dort nicht herumlungern sollte. Nichts Gutes verheißend kam er auf mich zu geschwankt.

»Was hast du da an dem Schloß gemacht, Brüderchen?«

»Ich bin gar nicht da, Alfrik. Du hast mich doch gerade auf der Treppe gesehen, weißt du nicht mehr? Was du vor dir siehst, ist reine Halluzination. Macht der Rausch.«

Ich kann nicht behaupten, daß ich einen besonderen Plan gehabt hätte. Aber bei dieser Ausrede hielt Alfrik inne und wirkte einen Augenblick lang verwirrt. In der Zeit konnte ich aufstehen, vor ihm zurückweichen und weiterreden.

»Bruderherz, während ich hier rede, gehen geheimnisvolle Dinge in dieser Burg vor, die uns alle in Gefahr bringen.«

Klang gut.

»Die vor allem dich in Gefahr bringen. Denn du sollst Knappe eines gewissen, angesehenen Ritters werden, dessen… Habseligkeiten heute abend in Gefahr sein könnten.«

Alfrik hatte Schluckauf. Er ließ von seiner unsteten Verfolgung ab und starrte mich verwirrt und dümmlich an. Wenn er mir folgen würde, würde er in einer Minute die Steine und wahrscheinlich die ganze Geschichte haben. Und dann würde er mich wahrscheinlich dafür bewußtlos schlagen.

Mein Besucher würde zurückkommen und feststellen, daß die Rüstung immer noch hinter einer dreifach verriegelten Tür steckte. Würde die Steine zurückfordern, die ich nicht mehr hatte.

Würde mir das Fell über die Ohren ziehen.

Ich redete weiter. Rasch durchforstete ich Gedächtnis und Phantasie und sprudelte Lügen hervor.

»Bruder, als ich mit deinem Zimmer fast fertig war… da huschte eine dunkle Gestalt durch die Schatten im Hof.«

»Ein Diener?« Alfrik war stehengeblieben und lehnte sich keuchend an die Wand des Korridors. Sein ungekämmtes, rotes Haar klebte verschwitzt an der Stirn: Als Sir Bayard gelobt hatte, ihm Manieren einzubläuen, hatte der edle Solamnier zugegeben, daß es ein »schwieriges Unterfangen« sein würde.

»Diener huschen nicht durch die Schatten, Alfrik. Das machen Einbrecher.«

»Einbrecher?«

»Und was gibt es in dieser Provinzburg, wofür sich, ein Einbruch lohnen würde?«

Alfrik starrte mich fragend an.

»Sir Bayards Rüstung, natürlich!« brüllte ich. Dann dämpfte ich meine Stimme, weil ich Angst hatte, der Lärm würde nach unten dringen. »Wenn ich dich hoch geholt hätte, wäre viel Aufruhr entstanden, möglicherweise ganz umsonst. Aber ich mußte wissen, ob die Rüstung sicher war, besonders weil sie der Hut meines geliebten Bruders anvertraut war, denn wenn der sie verloren hätte… tja, seine Knappenzeit – deine Knappenzeit, Alfrik – wäre vielleicht noch mehr verzögert worden als… Pech…«

»Und Politik…«, unterbrach Alfrik, während er an der Wand zum Sitzen herunterrutschte.

»…und Politik… sie jetzt schon verzögert haben.«

Ich konnte der Versuchung nicht widerstehen, ihn daran zu erinnern, daß ein einundzwanzig Jahre alter Knappe schon ein bißchen grotesk war. Wie unser alter Lehrer Gileandos, der Elspeth, dem zwanzigjährigen Milchmädchen, Blumen, Sonette und skandalöse Anträge sandte.

»Und das soll ich glauben? Ich soll glauben, daß – falls tatsächlich ein Einbrecher da ist – er an all unserem Gesinde, den Hunden und den Schlössern da vorbeikommt?«

»Guck dir unser Gesinde doch an, Alfrik. Guck dir die Hunde an. Diese Burg steht jedem mittelmäßigen Kerl offen, der aus unserem kleinen Privatsumpf unten an der Straße kriecht. Die Diener beschweren sich selbst dauernd über vermißte Pennys, Tand und Glasperlen.«

»Was teils auf dein Konto geht, Galen.«

»Und teils auf deins. Aber wir wissen beide, daß unsere armseligen Diebereien hier keinen großen Unterschied mehr machen. Es schlüpft mehr durch die Ritzen, als durch die Ritzen schlüpft, wenn du verstehst, was ich meine.«

Ich war mir nicht so sicher, ob er mich verstand, doch sein trüber Gesichtsausdruck verzog sich.

»Wann war das mit dem Einbrecher?«

»Bevor es zehn schlug.«

»Eine dunkle Gestalt?«

»Die durch die Schatten huschte, Alfrik. Das muß einfach ein Einbrecher gewesen sein.«

Mein ältester Bruder kauerte sich auf dem Boden des Gangs zusammen und steckte den Kopf zwischen die Knie.

»Oh, Brüderchen! Was soll ich nur tun?«

Das war schon besser. Ich sah Alfrik an, dann zum Fenster am jenseitigen Ende des Korridors. Draußen konnte ich den Ruf eines Kuckucks hören, der sich irgendwo ein Nachtquartier suchte – wahrscheinlich in einem fremden Nest, wo er sein Ei legen und im Schutz der Dunkelheit weiterfliegen würde, wie die alten Legenden erzählen. Dann ließ er sein Junges in der Obhut eines Rotkehlchens, einer Nachtigall oder eines anderen Singvogels, der das krächzende Wechselbalg als sein eigenes aufziehen würde.

»Es ist noch nicht alles verloren, Alfrik. Die Rüstung könnte schließlich noch da sein.«

Mit breitem, zahnlückigen Grinsen sah er hoffnungsvoll im Fackellicht zu mir hoch. Ich dankte den Göttern, daß die Intelligenz der Familie ihn in jeder Hinsicht übersprungen hatte.

»Zuallererst sollten wir also mal nachsehen, ob die Rüstung überhaupt noch da ist.«

Ich blickte zur Tür zurück, doch unvermittelt stürzte Alfrik sich auf mich. Ich wurde gegen die Wand gedrückt und hing da, während meine Füße hilflos herunterbaumelten. Eine Hand packte meine Kehle, die andere zerrte an meinen Haaren.