Выбрать главу

»Einverstanden.« Lackland nahm seinen Platz am Steuer ein, fuhr an und hielt zweihundert Meter Abstand vom Rand der Klippe ein. Die Meskliniten überwanden ihre Höhenangst allmählich.

Zwanzig Tage später erreichten sie die Stelle, an der sich der Fluß über die Felswand ergoß. Während Lackland wieder in seiner Koje lag und sich ausruhte, machte sich die Besatzung der Bree unter Dondragmers Anleitung daran, die Flöße voneinander zu trennen. Barlennan stellte inzwischen fest, an welchem Punkt der Fluß der Klippe am nächsten war, und ließ dort ein Gerüst aus Schiffsmasten errichten, über dessen Spitze die Leinen laufen sollten, damit sie nicht an den Felsen scheuerten.

Als Lackland aufwachte, hing bereits das erste Floß an einer unglaublich dünnen Leine; Barlennan und sein Maat überprüften nochmals jeden Knoten, bevor Dondragmer auf dem Floß Platz nahm. Die Leine war mehrmals um einen Baum in der Nähe des Schleppers gewickelt und wurde von den kräftigsten Besatzungsmitgliedern gehalten. Dondragmer gab das Zeichen zum Ablassen, und Lackland sah auf seinem Bildschirm, wie das Floß langsam nach unten sank. Zu seiner Verblüffung stapelten Barlennans Leute jetzt mehrere Flöße übereinander, während die Leine wieder nach oben gezogen wurde. Der Kommandant hatte offenbar nicht die Absicht, sich hier länger als unbedingt nötig aufzuhalten. Eine Ladung nach der anderen sank nach unten. Kurze Zeit später wurde die Leine verlängert, damit das Abseilen vom Fuß der Klippe aus geschehen konnte, wo bereits zwei Drittel der Besatzung versammelt waren. Lackland ahnte bereits, was von ihm erwartet wurde, als Barlennan aufs Dach des Schleppers sprang, wo ein Funkgerät montiert war, das nicht wie die anderen nach unten gelassen worden war.

»Wir haben nur noch zwei Ladungen, Charles«, begann der Kommandant, »aber die letzte ist vielleicht etwas schwieriger. Wir möchten die Masten nicht zurücklassen, können sie aber auch nicht einfach hinunterwerfen, weil der Boden unten sehr felsig ist. Würdest du mir den Gefallen tun, diese letzte Ladung hinunterzulassen? Sie besteht aus einem Floß, den Masten und mir.«

Lackland runzelte verblüfft die Stirn. »Willst du dich wirklich darauf verlassen, daß ich alles richtig mache?«

»Selbstverständlich. Ich sehe keine Schwierigkeiten dabei; im Verhältnis zu deinem Körpergewicht ist die Last lächerlich gering.«

»Aber was passiert, wenn mir die dünne Leine aus den Greifzangen rutscht?«

Barlennan schien zu überlegen. »Wie groß muß ein Gegenstand mindestens sein, damit du ihn fest genug fassen kannst?« fragte er dann.

»Oh… so groß wie einer der Masten, nehme ich an.«

»Dann ist alles in Ordnung. Wir wickeln die Leine um den Mast, den du als Winde benützen kannst. Anschließend wirfst du den Mast zu uns hinunter; wenn er zerbricht, ist der Schaden nicht allzu groß.«

Lackland zuckte mit den Schultern. »Du mußt wissen, was du tust, Barl. Ich komme gleich hinaus.«

Als Lackland wenige Minuten später den Schlepper verließ und mühsam auf den Rand der Klippe zustapfte, war nur noch ein Floß zu sehen, auf dem Barlennan neben einem Funkgerät hockte. Zehn Meter davor lag der Mast mit der aufgewickelten Leine, den Lackland jetzt aufhob und mit beiden Greifzangen festhielt.

»Achtung, es geht los, Charles!« rief Barlennan, als er sah, daß der Flieger bereit war. Er schob das Floß über den Rand hinaus, hielt sich an der Leine fest und trat an die Außenkante der Plattform, die sofort abkippte und außer Sicht rutschte.

Die Leine in Lacklands Händen straffte sich, und einen Augenblick später meldete Barlennan, er habe den kurzen freien Fall gut überstanden.

»Nachlassen!« sagte er dann.

Lackland atmete auf und spulte langsam die Leine ab.

»Jetzt bin ich gleich unten«, sagte Barlennans Stimme einige Zeit später in seinen Kopfhörern.

»Halt, das genügt! Bitte noch nicht loslassen.«

Lackland blieb in gleicher Haltung stehen.

»Hier unten ist alles klar, Charles«, berichtete der Kommandant schließlich. »Du kannst die Leine loslassen und den Mast hinterherwerfen.« Lackland öffnete die Greifer, und die dünne Leine verschwand; dann folgte der fünfundzwanzig Zentimeter lange Stock, der als Hauptmast der Bree diente.

Lackland stellte fest, daß seine Nerven in letzter Zeit schlechter geworden sein mußten, denn er erschrak förmlich über die Geschwindigkeit, mit der Gegenstände unter der hier herrschenden Schwerkraft fielen. Vielleicht war es an den Polen doch besser – dort sah man sie überhaupt nicht.

Dort fielen Gegenstände mit dreieinhalb Sekundenkilometer Anfangsgeschwindigkeit zu Boden! Aber vermutlich war dieses plötzliche Verschwinden ebenso nervenaufreibend. Lackland zuckte mit den Schultern und stapfte mühsam zu seinem Fahrzeug zurück.

In den nächsten Stunden beobachtete er auf dem Bildschirm, wie die Bree am Flußufer zusamme ngebaut wurde. Barlennan und Dondragmer verabschiedeten sich schließlich von ihm, und die Besatzung schob das Schiff in den Fluß hinaus. Die rasche Strömung trug es mit sich fort; Lackland starrte ihm lange nach, bis die Bree zu einem dunklen Punkt zusammenschrumpfte und am Horizont verschwand.

Lackland blieb noch einige Minuten unbeweglich sitzen; dann schaltete er sein Funkgerät ein und rief die Station auf Toorey.

»Ihr könnt mich jetzt abholen. Ich habe getan, was ich hier unten tun konnte.«

10

Wenige Kilometer unterhalb des Wasserfalls wurde der Fluß zusehends breiter und strömte langsamer meerwärts. Barlennan hatte zunächst Segel setzen lassen, aber der Wind ließ bald nach, so daß die Bree auf die Strömung angewiesen war, die sie jedoch in die gewünschte Richtung brachte, so daß niemand Grund zur Klage hatte.

Der Ruß schlängelte sich in weitem Bogen durch die flache Landschaft; an seinen Ufern standen gelegentlich Bäume, die achtzig oder neunzig Kilometer flußabwärts einen regelrechten Wald bildeten. Barlennan beobachtete diese seltsame Naturerscheinung mit zunehmendem Interesse und befahl schließlich dem Rudergänger, er solle das Schiff dichter ans Ufer steuern, weil er sich diesen Wald aus der Nähe ansehen wollte.

Die Dunkelheit unter den Bäumen in Ufernähe war jedoch so bedrückend, daß der Kommandant seinem Rudergänger schon bald einen Wink gab, er solle wieder in die Mitte des Flusses hinaussteuern.

Dondragmer sprach für die übrigen Besatzungsmi tglieder, als er halblaut vor sich hin murmelte: »Wer dort leben kann, ist bestimmt nicht ganz richtig im Kopf.« Vielleicht hatten die Zuhörer am Ufer verstanden, was er sagte, oder vielleicht fürchteten sie auch, die Fremden wollten ihnen ihren Wald wegnehmen – jedenfalls beschlossen sie, kein Risiko einzugehen, und die Schiffsbesatzung hatte wieder einmal Gelegenheit, Erfahrungen mit Wurfgeschossen zu machen.

Diesmal handelte es sich um Speere. Sechs zischten vom Ufer her über den Fluß und bohrten sich tief ins Deck der Bree; zwei weitere prallten von Schutzpanzern ab und fielen über Bord. Die beiden Getroffenen machten unwillkürlich einen Satz, landeten im Fluß, schwammen hinter dem Schiff her und wurden an Bord gezogen. Der Rudergänger handelte selbständig und steuerte noch weiter in den Fluß hinaus.

Der Kommandant wies ihn an, die Bree in der Flußmitte zu halten, und ging selbst ans Funkgerät, um Lackland, der inzwischen nach Toorey zurückgekehrt war, van diesem Vorfall zu berichten.

Der Wald erstreckte sich noch über hundertfünfzig Kilometer weit an beiden Ufern, während der Fluß allmählich breiter wurde. Nach dem ersten Zusammentreffen mit den Waldbewohnern hielt sich die Bree in der Flußmitte, aber selbst diese Vorsichtsmaßnahme genügte nicht, ihr eine unbehelligte Weiterfahrt zu sichern. Wenige Tage nach dem Überfall wurde am Unken Ufer eine kleine Lichtung sichtbar. Barlennan befand sich nur wenige Zentimeter über der Oberfläche und sah deshalb nicht besonders gut, aber er erkannte trotzdem, daß auf der Lichtung eigenartige Dinge standen, die näher untersucht werden mußten. Er zögerte zunächst noch, gab aber dann den Befehl, das Ufer anzusteuern. Die seltsamen Dinge erinnerten an Baumstämme, waren jedoch niedriger und dicker. Hätte Barlennan einen der Schiffsmasten erklettert, hätte er dicht über dem Boden kleine Öffnungen erkannt, die den Zweck dieser Dinge ahnen ließen. Lackland, der das gleiche Bild vor sich auf seinem Schirm sah, dachte sofort an afrikanische Negerhütten, äußerte sich aber nicht dazu. Er interessierte sich vor allem für einige andere Dinge, die in der Nähe des ›Dorfes‹ am Flußufer lagen. Dabei hätte es sich um Baumstämme oder Krokodile handeln können – das war aus dieser Entfernung nicht zu unterscheiden –, aber Lackland vermutete, daß es Kanus waren. Er wartete gespannt darauf, wie Barlennan und seine Leute auf diese ihnen unbekannte Bootsform reagieren würden.