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Die angesammelten Vorräte wogen bereits mehr, als die kleine Gruppe zu schleppen vermochte, denn Barlennan hatte die Absicht, entlang des Weges Vorratslager einzurichten. Der zweite Teil des Marsches würde kürzer sein, aber zwangsläufig war noch nicht abzusehen, wie lange sie in der Nähe der Rakete bleiben mußten, und der Kommandant wollte kein überflüssiges Risiko eingehen.

Barlennan wünschte nur, er hätte mehr Leute mi tgenommen, um einige an dieser Stelle zurücklassen zu können, die weitere Vorräte auf das Plateau hinaufziehen würden, aber daran ließ sich nun nichts mehr ändern. Es war ausgeschlossen, daß eine zweite Gruppe den Umweg über die Geröllhalde machte, um zu ihnen zu stoßen, und niemand dachte gern an die einzige andere Möglichkeit. Der Kommandant befaßte sich selbstverständlich damit, und je länger er sich damit beschäftigte, desto reizvoller erschien sie ihm. Barlennan war sich darüber im klaren, daß seine Gruppe für die bevorstehenden Aufgaben zu schwach war; folglich mußte er diese Möglichkeit ausnützen, sie zu verstärken, und der Kommandant gehörte nicht zu den Leuten, die irgendwelche Projekte aufgaben, nur weil ihr Erfolg zu Anfang noch zweifelhaft war. Er machte also eines Tages den Vorschlag, einen Aufzug einzurichten, und begegnete dem erwarteten ablehnenden Schweigen; er ließ sich jedoch nicht beirren, sondern erwähnte das Thema immer wieder.

Lackland war bereits seit einiger Zeit klar, daß der Kommandant ein regelrechter Überredungskünstler war; deshalb bedauerte er es jetzt, daß er die Eingeborenensprache nicht genügend beherrschte, um verfolgen zu können, wie Barlennan seine Leute allmählich umstimmte. Der Kommandant gab sich alle Mühe, und seine Zuhörer wurden langsam weich; zuerst hatten sie seine Idee strikt abgelehnt, dann befaßten sie sich immerhin damit, diskutierten sie widerwillig und stimmten endlich zu. Ihre Begeisterung war nie übermäßig groß, aber Barlennan hatte von Anfang an keine Wunder erwartet.

Im Grunde genommen verdankte er diesen Erfolg jedoch nicht ausschließlich eigenen Bemühungen.

Dondragmer hatte sich sehnlich gewünscht, zu der Gruppe zu gehören, die bis zu der Rakete vordrang; er war enttäuscht gewesen, als Barlennan ihm b efahl, mit seinen Leuten an Bord der Bree zurückzukehren und die Versorgung zu übernehmen. Als sich ihm nun die Möglichkeit bot, wieder in die aktive Gruppe aufgenommen zu werden, war er sogar bereit, sich an einem Seil über die Felswand hinaufziehen zu lassen. Deshalb benützte er die Argumente des Kommandanten, um seine Leute davon zu überzeugen, daß dieses Unternehmen im Grunde genommen harmlos sei; er hätte vermutlich weniger Erfolg damit gehabt, wenn er nicht immer wieder betont hätte, daß er selbstverständlich als erster die Fahrt wägen werde.

Schließlich wurde eine kleine hölzerne Plattform gebaut.

deren niedrige massive Reling – Dondragmers Erfindung – verhindern sollte, daß der Fahrgast nach unten sehen konnte. Nachdem alle Knoten und Seilverbindungen doppelt und dreifach überprüft worden waren, wurde das Gerüst an die Felswand geschleppt und dort in das Zugseil eingehängt.

Dondragmer zögerte nicht länger, sondern bestieg die Plattform, setzte das letzte Stück Reling ein und gab das Zeichen zum Anheben.

Die Plattform schwebte langsam in die Höhe.

Zum Glück war selbst der kräftige Wind nicht imstande, das Pendel zu bewegen, an dessen tiefstem Punkt Dondragmer hing; das Seil war zu dünn, um Widerstand zu bieten, und die Plattform ließ sich wegen ihres hohen Gewichts kaum bewegen. Auf diese Weise war die Auffahrt nicht nur bequemer, sondern auch sicherer; hätte die Last aus irgendeinem Grund zu schwingen begonnen, wären die ersten Ausschläge von etwa einer halben Sekunde Dauer ständig kürzer geworden und bald in hochfrequente Schwingungen übergegangen, die bestimmt dazu geführt hätten, daß das Dreibein am Rand der Klippe ebenfalls in Bewegung geriet und sich losriß.

Dondragmer war vernünftig genug, keinen Blick über die Reling nach unten zu werfen; statt dessen hielt er die Augen fest geschlossen und schämte sich deswegen nicht einmal, weil er wußte, daß er vernünftig handelte. Die Fahrt nach oben schien endlos lange zu dauern; tatsächlich nahm sie sechs Tage in Anspruch. Barlennan ließ die Arbeit gelegentlich einstellen und überprüfte sorgfältig das gesamte Hebezeug, ohne Fehler zu entdecken.

Schließlich erreichte der Aufzug den Rand der Klippe, wurde dort angehoben und langsam nach innen geschwenkt. Dondragmer hatte wieder die Augen geöffnet, sobald Stimmen in seiner Nähe zu hören waren; jetzt verließ er sichtlich erleichtert seinen schwankenden Untersatz und setzte sich sofort mit den Zurückgebliebenen in Verbindung, die seine Fahrt ängstlich beobachtet hatten. Der Kommandant nützte die dadurch erzeugte günstige Stimmung aus, ließ die Plattform zu Boden bringen und forderte den nächsten Passagier zum Einsteigen auf.

Das Unternehmen wurde ohne größere Schwierigkeiten oder gar Unfälle abgeschlossen; der Fahrstuhl machte die Reise insgesamt zehnmal, bis der Kommandant entschied, weitere Fahrten seien nicht zu verantworten, da sie die Aufgaben der Zurückbleibenden fast unlösbar gemacht hätten.

Nachdem dieses Problem bewältigt war, konnten die Meskliniten damit beginnen, den letzten Teil ihres Auftrages zu erfüllen.

»Wenn du noch ungefähr zwei Minuten wartest, Barl«, sagte Lackland und warf einen Blick auf den Rechenstreifen des Computers, »steht die Sonne genau in der Richtung, die ihr einhalten müßt. Wir können den Standort der Rakete bis auf zehn Kilometer berechnen und euch in die Mitte des Gebiets führen, in dem sie stehen muß – aber von dort ab müßt ihr euch selbst auf die Suche machen. Falls das Gelände dort nicht wesentlich günstiger aussieht, habt ihr eine schwierige Aufgabe vor euch, furchte ich.«

»Wahrscheinlich hast du recht, Charles; wir haben in dieser Beziehung keine Erfahrung. Trotzdem bin ich davon überzeugt, daß wir es schaffen; wir h aben auch alle anderen Probleme gelöst – meistens mit eurer Hilfe. Steht die Sonne schon richtig?«

»Augenblick – jetzt! Siehst du irgendwo einen Geländepunkt, den ihr als Anhalt nehmen könnt, bis die Sonne wieder an der gleichen Stelle steht?«

»Leider nein, Charles. Aber wir kommen auch so zurecht, wenn du jeden Tag unsere Richtung korrigierst.«

»Das ist eine Art Koppelnavigation ohne Kenntnis der Wind- und Strömungsrichtungen, aber uns bleibt schließlich keine andere Wahl. Ich melde mich regelmäßig wieder. Viel Glück!«

18

Barlennan und seine Leute hatten tatsächlich eine schwierige Aufgabe zu lösen, denn es stellte sich als unmöglich heraus, in gerader Richtung zu marschieren; der Boden war mit Felsbrocken übersät, die umgangen werden mußten und der Gruppe dabei die Sicht nahmen. Der Körperbau der Meskliniten erhöhte diese Schwierigkeiten noch, da ihre Augen sich so dicht über dem Boden befanden. Der Kommandant bemühte sich, Umwege in entgegengesetzten Richtungen zu machen, konnte die dabei zurückgelegte Strecke jedoch nicht genau beurteilen. Deshalb war es kein Wunder, daß die täglichen Überprüfungen regelmäßig zwanzig bis dreißig Grad Abweichung von der ursprünglichen Richtung ergaben.

Alle fünfzig Tage wurde die Position des Funkgeräts neu bestimmt, das sich jetzt als einziges b ewegte, da das zweite am Rand der Klippe zurückgeblieben war. Barlennan benützte diese Pausen dazu, mit Lackland zu sprechen, der ihm versicherte, die Gruppe bewege sich noch immer in halbwegs gerader Linie auf ihr Ziel zu. Der Kommandant hatte den Weg vom ersten Tag an durch Steinmale bezeichnen lassen, so daß keine Schwierigkeiten zu erwarten waren, wenn später der Nachschub organisiert werden mußte.