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»Ich komme gleich mit den Funkgeräten zu dir hinaus«, sagte Lackland. Der Kommandant hatte nicht einmal gemerkt, daß der Flieger den Raum verlassen hatte. »Mack bringt den Schlepper hierher – du kannst ihn beobachten, während ich meinen Schutzanzug anlege.«

Barlennan sah allerdings nur den ersten Teil der Fahrt. Er beobachtete den Schlepper, als er aus der geöffneten Ladeluke rollte, und fragte sich dabei, wodurch die Raupen bewegt wurden. Das Ding war so groß, daß es etlichen Fliegern Platz bieten mußte, falls das Innere nicht voller Maschinen und Geräte stand. Der Raupenschlepper hatte mehrere große Fenster wie die Kuppel; hinter dem Fenster an der Vorderseite war ein Flieger im Schutzanzug zu sehen, der die fast geräuschlose Fortbewegung zu kontrollieren schien.

Bei Einbruch der Dunkelheit war der Schlepper noch immer einen Kilometer von der Kuppel entfernt, und Barlennan sah keine weiteren Einzelheiten mehr. Esstes, die kleinere Sonne, hatte Beine vom Himmel verdrängt und schien so hell wie der Mond der Erde, aber Barlennans Augen wurden von dem hellen Lichtstrahl geblendet, den der Schlepper aussandte. Der Kommandant wartete deshalb geduldig. Schließlich würde er die Maschine bei Tagesanbruch ausgiebig von allen Seiten betrachten können.

Aber vielleicht mußte er damit noch etwas warten; die Flieger würden vermutlich nicht zulassen, daß er ihre Maschine auf seine Weise untersuchte.

3

Als Beine, die größere Sonne von Mesklin, am Horizont erschien, trat Lackland aus der Luftschleuse seiner Kuppel und wartete dort, bis der Schlepper die letzten Meter zurückgelegt hatte.

Barlennan verfolgte die Unterhaltung der beiden Männer, die in seiner Nähe standen, und fragte sich, weshalb sie nicht beide in die Kuppel gingen, da sie offensichtlich unter der hohen Schwerkraft litten. Der Pilot schlug jedoch Lacklands Einladung aus.

»Ich möchte nicht ungesellig sein, Charlie«, sagte er, »aber würdest du an meiner Stelle länger als unbedingt nötig hier unten bleiben?«

»Ich könnte selbstverständlich auch von Toorey aus arbeiten«, stimmte Lackland zu, »aber der persönliche Kontakt ist in diesem Fall entscheidend.

Mir geht es vor allem darum, an Ort und Stelle möglichst viel zu lernen. Vielleicht b ekomme ich sogar heraus, wie wir uns Barlennan gegenüber erkenntlich zeigen können. Er nimmt ein großes Risiko auf sich, und meine Anwesenheit ist unter diesen Umständen bestimmt nützlich – für beide Teile.«

»Das verstehe ich nicht ganz.«

»Barlennan ist Forscher und Händler zugleich. Im Augenblick befindet er sich in einem Gebiet, das vor ihm noch kein Angehöriger seiner Rasse betreten hat. Er überwintert hier und setzt Schiff und Besatzung aufs Spiel. Du kannst dir vermutlich vorstellen, wie groß die Aussichten wären, einen zweiten Captain dieser Art zu finden!

Du brauchst dir nur zu überlegen, daß er normalerweise in Gebieten lebt, wo die Schwerkraft bis zu siebenhundert g erreicht. Wir können also nicht einfach Verbindung mit seinen Freunden aufnehmen! Außerdem gibt es wahrscheinlich nicht mehr als hundert Forscher seiner Art, die den Mut besäßen, unseren Auftrag durchzuführen. Und wie sollten wir einen dieser hundert anheuern? Die Bucht dort drüben führt zu einem Meeresarm mit über sechstausend Kilometer Länge und sehr zerklüfteter Küstenlinie; dann beginnt erst das eigentliche Meer. Und Barlennans Bree ist etwa zwölf Meter lang und knapp vier Meter breit; sie gehört zu den größten seetüchtigen Schiffen, obwohl sie kaum zehn Zentimeter hoch aus dem Wasser ragt. Wie sollen wir da ein zweites Schiff finden, dessen Captain vielleicht unseren Auftrag übernimmt?

Nein, Mack, daß wir Barlennan getroffen haben, war reiner Zufall, und ich bezweifle, daß sich Zufälle dieser Art wiederholen. Deshalb halte ich es gern noch vier oder fünf Monate hier unten aus, bis der Frühling kommt. Ich möchte allerdings keinen Cent darauf wetten, daß wir unsere Apparate im Wert von über zwei Milliarden Dollar wiederfinden, indem wir einen tausend Kilometer breiten und zweihunderttausend Kilometer langen Streifen absuchen, der…«

»Du hast n atürlich recht, Charlie«, gab der andere zu, »aber ich bin trotzdem froh, daß ich nicht an deiner Stelle hier unten sitze. Zum Glück kannst du dich wenigstens unterhalten, wenn es dir zu langweilig wird…« Die beiden Männer drehten sich nach Barlennan um.

»Du entschuldigst hoffentlich, daß ich dir Wade McLellan nicht vorgestellt habe, Barl«, sagte Lackland. »Wade, das hier ist Barlennan, der kühnste Seefahrer dieses Planeten – das hat er mir nicht selbst erzählt, aber seine Anwesenheit hier ist Beweis genug.«

»Ich freue mich, deine Bekanntschaft zu machen, Flieger McLellan«, antwortete der Kommandant.

»Die Entschuldigung war überflüssig, denn ich habe angenommen, daß euer Gespräch auch für meine Ohren bestimmt war.«

»Du sprichst gutes Englisch«, stellte McLellan fest. »Hast du es wirklich in weniger als sechs Wochen gelernt?«

»Ich weiß nicht, was ›Wochen‹ sind, aber ich bin deinem Freund vor weniger als fünfunddreißighundert Tagen begegnet«, erwiderte der Mesklinit.

»Ich bin natürlich sprachbegabt – das muß man in meinem Beruf sein –, und die Filme, die Charles mir gezeigt hat, waren recht nützlich.«

»Zum Glück kannst du unsere Laute nachahmen, während unsere Stimmbänder nicht für deine Sprache geeignet sind.«

»Richtig«, stimmte Barlennan zu und hütete sich, dem Fremden zu verraten, daß er sich mit seiner Besatzung in einer Tonhöhe unterhalten konnte, die menschliche Ohren nicht mehr aufnahmen. Vielleicht hatte Lackland diese Tatsache noch nicht entdeckt, und selbst ehrliche Händler waren vorsichtig genug, ihre kleinen Tricks nicht jedem zu verraten. »Ich kann mir allerdings vorstellen, daß Charles einige Grundbegriffe unserer Sprache beherrscht, nachdem er uns so lange zugehört hat.«

»Tut mir leid, aber ich habe bisher nicht viel g elernt, Barl«, gab Lackland ehrlich zu. Er wandte sich wieder an seinen Kameraden. »Mack, du willst vermutlich so rasch wie möglich zu deiner Rakete zurück. Am besten lade ich Barl und die Funkgeräte auf den Schlepper, fahre dich zum Landeplatz und bringe Barl dann zu seinem Schiff.«

Bevor jemand darauf antworten konnte, setzte Lackland seinen Plan in die Tat um, denn die Idee war durchaus vernünftig – jedenfalls für Menschen, während Barlennan in diesem Augenblick fast den Verstand verloren hätte.

Der gepanzerte Handschuh des Raumfahrers sank rasch herab und hob Barlennan in die Höhe. Der Kommandant schwebte einige entsetzliche Sekunden lang durch die Luft; dann wurde er auf das glatte Dach des Schleppers gesetzt, an dessen Metall seine Zangen keinen Halt fanden, obwohl wenigstens die vielen Saugnäpfe an seinen Beinen auf der glatten Oberfläche hafteten. Aber er befand sich hoch über dem Boden! Wohin er auch blickte – an allen Seiten gähnten schreckliche Abgründe nur wenige Körperlängen von ihm entfernt.

Mehrere Sekunden vergingen, bevor er seine Stimme wiederfand, aber inzwischen war ihm eingefallen, daß das Mikrophon an der Rampe aus dieser Entfernung seine Stimme nicht mehr aufnehmen konnte – das wußte er von früher her. Und er erinnerte sich selbst in dieser entsetzlichen Lage daran, daß der Angstschrei, den er am liebsten ausgestoßen hätte, an Bord der Bree ebenso gut zu hören gewesen wäre, da dort ein Funkgerät stand.

Und nun hätte die Besatzung einen neuen Captain gewählt. Nur sein unbestreitbarer persönlicher Mut hatte die Leute dazu gebracht, ihm bis an den Rand der Welt zu folgen. Sobald sie das Vertrauen zu ihm verloren, büßte er Schiff und Besatzung ein – und wahrscheinlich auch das Leben. An Bord des Schiffes wurde kein Feigling geduldet, und Barlennan wußte recht gut, daß er nicht darauf hoffen konnte, einen Fußmarsch von über sechzigtausend Kilometer zu überleben.