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Glücklicherweise zog sein Unterbewußtsein den einzig richtigen Schluß aus diesen Tatsachen und ließ ihn schweigen, während Lackland die Funkgeräte aufnahm und vor Mack in den Schlepper kletterte. Sekunden später zitterte das Metall unter Barlennans Füßen, und das Fahrzeug setzte sich in Bewegung.

In diesem Augenblick ging eine seltsame Veränderung in dem unfreiwilligen Passagier vor. Eigentlich hätte er jetzt den Verstand verlieren müssen, denn seine Lage entsprach etwa der eines Menschen, der mit einer Hand am Dachvorsprung eines vierzigstöckigen Hochhauses hängt, aber zu seiner großen Überraschung gefiel es ihm hier oben sogar.

Er sah sich um, genoß den weiten Ausblick, der ihm völlig neue Perspektiven bot, und bedauerte es fast, als der Schlepper schon nach verblüffend kurzer Zeit vor der Rakete anhielt.

Barlennan genoß diesen Triumph so sehr, daß er McLellan fröhlich zuwinkte, und war zutiefst befriedigt, als der Raumfahrer seinen Gruß erwiderte.

Lackland schaltete jetzt die Scheinwerfer ein und fuhr rasch weiter; Mack dachte an Barlennan, der ungeschützt auf dem Dach des Schleppers hockte, und verschob den Start um einige Minuten. Als die Rakete langsam in den Nachthimmel aufstieg, spürte der Kommandant wieder seine alte Furcht in sich aufsteigen; er b eherrschte sich jedoch und sah der Rakete nach, bis der winzige Lichtpunkt erloschen war.

Lackland hatte den Start offenbar ebenfalls beobachtet, aber als es jetzt wieder hell wurde, legte er die letzte Strecke mit höchster Fahrt zurück. Er hielt hundert Meter von der Bree entfernt an, aber die Besatzung erkannte deutlich, daß ihr Kommandant hoch oben auf dem Schlepper hockte. Hätte Lackland Barlennans Kopf auf einer Stange vor sich hergetragen, wäre die Besatzung vermutlich weniger entsetzt gewesen.

Selbst Dondragmer, der intelligenteste und vernünftigste Mesklinit an Bord – den Captain nicht ausgenommen –, war einige Zeit wie gelähmt. Als er endlich wieder klar denken konnte, galt sein erster Blick den Flammstaubbehältern auf den ä ußeren Flößen. Barlennan mußte sich glücklich schätzen, daß der Wind nicht landeinwärts stand, denn der Maat hätte dem Schlepper sonst eine Flammenwolke entgegengeschickt, ohne daran zu denken, daß der Kommandant vielleicht noch lebte.

Aber auch Lackland hatte ausgesprochen Glück, daß die Besatzung daran gewöhnt war, sich nur langsam kriechend fortzubewegen, anstatt die hundert Meter mit einem einzigen Sprung zu überwinden, den der Schwächste von ihnen unter diesen Verhältnissen leicht geschafft hätte. Lackland sah sie herankriechen, bildete sich aber ein, sie wollten nur ihren Captain empfangen, und beeilte sich deshalb nicht sonderlich, Barlennan neben den Funkgeräten abzusetzen. Die Besatzung erkannte jetzt, daß ihr Kommandant noch lebte, und zögerte unentschlossen, weil niemand wußte, was er davon halten sollte, daß Barlennan dieses schreckliche Erlebnis heil überstanden hatte. Lackland hörte Dutzende von verschiedenen Stimmen, die in allen Tonlagen gleichzeitig sprachen. Er verstand kein Wort davon, aber das war vielleicht nur gut für seinen Seelenfrieden, denn er hatte schon vor einiger Zeit festgestellt, daß selbst das Material seines schweren Druckanzugs kein ernsthaftes Hindernis für die Zangen eines Meskliniten war.

Barlennan brachte seine Besatzung mit einem Brüllen zur Ruhe, das Lackland vermutlich selbst durch den Anzug hindurch gehört hätte, wenn die Wiedergabe durch die Kopfhörer ihn nicht bereits fast taub gemacht hätte. Der Kommandant konnte sich nur allzu gut vorstellen, was in den Köpfen seiner Leute vorging, und hatte nicht den Wunsch, Lacklands Knochen am Strand verstreut liegen zu sehen.

»Ruhe!« brüllte er deshalb streng, obwohl er sich darüber freute, daß die Besatzung so entschlossen reagiert hatte, als er scheinbar in Gefahr schwebte.

»Ihr wißt alle, daß man hier fast nichts wiegt – deshalb war alles ganz harmlos!«

»Aber du hast befohlen, wir…«

»Wir dachten schon, du…«

»Du warst so hoch und…«

Barlennan achtete kaum auf diese Einwände, sondern fuhr ruhiger fort: »Ich weiß, daß ich Kunststücke dieser Art streng verboten habe, und ihr kennt meine Gründe dafür. Aber der Flieger ahnt nicht einmal, was richtiges Gewicht bewirken kann, denn sonst hätte er midi nicht einfach aufgehoben und eben vor euren Augen wieder abgesetzt. In seiner Heimat herrscht praktisch Schwerelosigkeit, und er hat nie die Erfahrung machen können, wie gefährlich ein Fall aus größerer Höhe ist. Das beweist schon die Tatsache, daß er fliegt – wer an unsere Verhältnisse gewöhnt ist, würde sich nicht einmal in die Nähe seiner Maschine wagen.«

Die Besatzung hatte vermutlich kaum verstanden, was der Kommandant damit ausdrücken wollte, aber immerhin befand Lackland sich jetzt nicht mehr in Lebensgefahr, weil die Zuhörer abgelenkt worden waren. Als sie diese erstaunliche Neuigkeit untereinander diskutierten, schien ihr Zorn einer allgemeinen Verblüffung gewichen zu sein. Nur Dondragmer, der etwas von den anderen entfernt stand, schwieg weiterhin nachdenklich, und Barlennan war sich darüber im klaren, daß er seinem Maat eine ausführlichere Erklärung schuldig war.

Aber das hatte Zeit bis später; zunächst mußte die Besatzung nützlich beschäftigt werden.

»Sind die Jäger bereit zum Aufbruch?« Barlennans Frage brachte die Leute wieder zum Schweigen.

»Wir haben noch nicht gegessen«, antwortete Merkoos bedächtig, »aber die Waffen liegen bereit.«

»Ist das Essen fertig?«

»Es dauert nicht mehr lange.« Karondrasee, der Schiffskoch, machte sich ohne weitere Befehle auf den Weg zu seiner Kombüse.

»Don, Merkoos, ihr nehmt beide eine dieser Maschinen. Ihr habt gesehen, wie ich mein Funkgerät benütze – man braucht nur irgendwo in seiner Nähe zu sprechen. Mit seiner Hilfe sind wirklich große Zangenbewegungen möglich, weil die Führer einander nicht zu sehen brauchen.«

Barlennan zögerte und fuhr dann fort: »Don, ich bleibe wahrscheinlich nicht an Bord, wie ich es ursprünglich vorhatte. Ich habe festgestellt, daß man von der Fahrmaschine des Fliegers aus einen guten Blick über weite Entfernungen hat; wenn er zustimmt, fahre ich mit ihm in euer Jagdgebiet.«

»Aber… aber…« Dondragmer war sichtlich erschüttert. »Vertreibt das Ding nicht alles Wild?

Man hört es schon aus hundert Meter Entfernung, und ich weiß nicht, wie weit es sichtbar ist. Außerdem…« Er schwieg, weil er nicht wußte, wie er den wichtigsten Einwand vorbringen sollte. Barlennan sprach für ihn weiter.

»Außerdem könnte sich niemand auf die Jagd konzentrieren, solange ich dort oben sitze – ist das der Grund?« Die Zangen des Maats bewegten sich zustimmend, und der größte Teil der Besatzung machte die gleiche Bewegung.

Der Kommandant wollte schon an ihre Vernunft appellieren, aber dann fiel ihm ein, wie zwecklos dieser Versuch wäre. Er wußte nicht mehr bestimmt, wie er selbst auf einen Plan dieser Art reagiert hätte, aber ihm war jedenfalls klar, daß er sich ebenso wenig von ›vernünftigen‹ Argumenten hätte überzeugen lassen.

»Einverstanden, Don, ich bestehe nicht darauf – du hast vermutlich recht. Ich bleibe in Funkverbindung mit dir, aber immer außer Sichtweite.«

»Willst du wirklich auf diesem Ding fahren? Was ist plötzlich mit dir los? Ich weiß, daß hier am Rand der Welt ein kleiner Fall harmlos ist, aber ich würde es nie über mich bringen, diesen Fall geradezu herauszufordern, und ich kann n icht einsehen, was andere dazu bewegen könnte. Ich mag mir nicht einmal vorstellen, wie man sich dort oben fühlt.«

»Wenn ich mich recht erinnere, hast du dich erst neulich an einem Mast aufgerichtet«, antwortete Barlennan trocken. »Oder war das ein anderer, der die Rahen überprüfen wollte, ohne den Mast umzulegen?«