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Er machte eine Pause und ließ seine Worte wirken. Keiner stellte Fragen.

»Das letzte Jahr war sehr schwierig. Ich wundere mich, dass keiner von euch auf die Idee gekommen ist, sich einen anderen Job zu suchen. Ich muss wohl annehmen, dass ihr entweder total verrückt seid oder außergewöhnlich loyal oder womöglich sogar gerne bei dieser Zeitschrift arbeitet. Deswegen möchte ich jetzt auch alle Karten auf den Tisch legen und euch ein letztes Mal um euren Einsatz bitten.«

»Der letzte Einsatz«, wiederholte Monika Nilsson. »Das klingt ja, als wolltest du das Magazin aufgeben?«

»Genau«, antwortete Mikael. »Nach ihrem Urlaub wird Erika ein düsteres Redaktionstreffen einberufen und euch mitteilen, dass Millennium zu Weihnachten eingestellt wird und ihr alle gekündigt seid.«

Nun machte sich eine gewisse Unruhe im Raum breit. Sogar Christer Malm glaubte eine Sekunde lang, Mikael könnte es ernst meinen. Doch dann fiel allen sein verschmitztes Lächeln auf.

»Ich möchte von euch, dass ihr im Herbst ein doppeltes Spiel spielt. Denn es verhält sich leider so, dass unser geschätzter Redaktionsassistent Janne Dahlman noch einen Nebenjob hat - als Informant für Hans-Erik Wennerström. Der Feind ist also ständig über die Geschehnisse in der Redaktion im Bilde, und das erklärt auch einige Rückschläge, die wir letztes Jahr erlitten haben. Das traf ja nicht zuletzt dich, Sonny, als ein Teil unserer Anzeigenkunden, die uns gegenüber positiv eingestellt schienen, sich plötzlich zurückzogen.«

»Verdammt, hab ich’s mir doch gleich gedacht«, sagte Monika Nilsson.

Janne Dahlman war in der Redaktion nie allzu beliebt gewesen, und Mikaels Eröffnung schien niemand sonderlich zu schockieren. Mikael unterbrach das allgemeine Gemurmel.

»Ich erzähle euch das alles, weil ich absolutes Vertrauen in euch setze. Ich habe mehrere Jahre mit euch zusammengearbeitet und weiß, dass ihr ehrliche, vernünftige Leute seid. Darum weiß ich auch, dass ihr bei der Geschichte mitspielen werdet, die ich diesen Herbst vorhabe. Es ist außerordentlich wichtig, Wennerström glauben zu lassen, dass Millennium kurz vor dem Ruin steht. Und darin besteht eure Aufgabe.«

»Wie stehen wir denn eigentlich da?«, fragte Henry Cortez.

»Es ist so: Ich weiß, dass es für alle eine stressige Zeit war, und wir sind auch noch nicht ganz über den Berg. Wenn man das Ganze mit gesundem Menschenverstand betrachtet, dann müsste Millennium schon mit einem Fuß im Grab stehen. Ich gebe euch mein Wort, so weit wird es nicht kommen. Millennium ist heute stärker als vor einem Jahr. Nach diesem Treffen werde ich noch einmal für zwei Monate verschwinden. Ende Oktober bin ich wieder da. Und dann werden wir Hans-Erik Wennerström mal ein bisschen die Flügel stutzen.«

»Wie soll das gehen?«, fragte Cortez.

»Sorry. Diese Information kann ich euch nicht geben. Ich werde eine neue Story über Wennerström schreiben. Aber diesmal machen wir es richtig. Und dann bereiten wir die Weihnachtsfeier in der Redaktion vor. Ich denke da an gebratenen Wennerström als Vorspeise und diverse Kritiker als Nachtisch.«

Plötzlich herrschte eine ausgelassene Stimmung. Mikael fragte sich, wie er reagieren würde, wenn er sich selbst reden hörte. Misstrauisch? Ja, wahrscheinlich. Aber anscheinend besaß er noch ein gewisses Vertrauenskapital bei der kleinen Angestelltenschar. Er hob die Hand, um sich Gehör zu verschaffen.

»Damit der Plan gelingt, muss Wennerström unbedingt glauben, dass Millennium demnächst zusammenbricht. Ich will nicht, dass er sich irgendeine Gegenkampagne ausdenken oder in letzter Minute Beweise verschwinden lassen kann. Wir legen jetzt also erst mal ein Drehbuch für diesen Herbst fest. Erstens: Es ist wichtig, dass nichts von dem, worüber wir heute gesprochen haben, zu Papier gebracht oder gemailt oder mit irgendeiner Person außerhalb dieses Zimmers besprochen wird. Wir wissen nicht, inwieweit Dahlman unsere Computer überwacht. Wie ich erfahren habe, ist es wohl ziemlich einfach, die Mails aller Mitarbeiter einzusehen. Die ganze Geschichte ziehen wir also mündlich durch. Wenn ihr in den nächsten Wochen darüber reden wollt, dann müsst ihr euch an Christer wenden und euch bei ihm zu Hause treffen. So diskret wie nur möglich.«

Mikael schrieb »Keine E-Mails!« an die Tafel.

»Zweitens werdet ihr euch verfeinden. Ich will, dass ihr über mich herzieht, wann immer Janne Dahlman in der Nähe ist. Übertreibt nicht. Lasst einfach euren niederen Instinkten freien Lauf. Christer, ich möchte, dass Erika und du ein ernstes Zerwürfnis habt. Lass deine Fantasie spielen und mach ein großes Geheimnis daraus, worum es dabei eigentlich geht, aber es muss so aussehen, als würde das Magazin an allen Ecken und Enden auseinanderbrechen und als wäre hier plötzlich jeder gegen jeden.«

Er schrieb »Kleinkrieg« an die Tafel.

»Drittens: Sobald Erika zurückkommt, wirst du sie ins Bild setzen, Christer. Ihre Aufgabe wird sein, Janne Dahlman vorzuspielen, dass unsere Vereinbarung mit dem Vanger-Konzern - die uns derzeit ja noch über Wasser hält - den Bach runtergeht, weil Henrik Vanger schwer erkrankt und Martin Vanger verstorben ist.«

Er schrieb das Wort »Fehlinformationen«.

»Aber die Vereinbarung steht doch wohl noch, oder?«, fragte Monika Nilsson.

»Eines könnt ihr mir glauben«, sagte Mikael grimmig. »Der Vanger-Konzern wird eine ganze Menge dafür tun, dass Millennium überlebt. In ein paar Wochen, sagen wir mal Ende August, wird Erika ein Meeting einberufen und Kündigungen in Aussicht stellen. Euch muss klar sein, dass das nur ein Fake ist. Der Einzige, der von hier verschwinden wird, ist Janne Dahlman. Aber spielt das Spiel die ganze Zeit mit. Fangt an, darüber zu reden, dass ihr euch neue Jobs sucht. Beklagt euch, was für eine miese Referenz es doch ist, Millennium in seinem Lebenslauf zu haben. Und so weiter und so fort.«

»Und du glaubst, dieses Spiel wird Millennium retten?«, fragte Sonny Magnusson.

»Ich weiß, dass es Millennium retten wird. Sonny, ich will, dass du einen gefälschten Monatsbericht zusammenstellst, der belegt, dass der Anzeigenmarkt umgeschlagen ist und die Zahl der Abonnenten dramatisch sinkt.«

»Sollen wir dieses Spiel nur redaktionsintern betreiben oder auch anderen Medien gegenüber?«, fragte Monika.

»Haltet das Ganze redaktionsintern. Falls die Nachricht irgendwo anders auftaucht, dann wissen wir, wer sie weitergetragen hat. Und wenn ihr in ein paar Monaten darauf angesprochen werdet, dann könnt ihr einfach antworten, es seien nur böswillige Gerüchte gewesen. Das Beste, was überhaupt passieren könnte, wäre, dass Dahlman loszieht und anderen Massenmedien entsprechende Tipps gibt. Dann steht er hinterher da wie der letzte Idiot. Wenn ihr Dahlman den einen oder anderen Tipp für eine glaubwürdige, aber vollkommen hirnrissige Story geben könnt, dann ist das völlig in Ordnung.«

Zwei Stunden lang heckten sie ein Szenario aus und verteilten die Rollen.

Nach dem Treffen ging Mikael mit Christer Malm bei Java an der Horngata Kaffee trinken.

»Es ist wahnsinnig wichtig, dass du Erika schon in Arlanda abfängst und sie ins Bild setzt, Christer. Du musst sie davon überzeugen, das Spiel mitzuspielen. Wie ich sie kenne, wird sie sich Dahlman sofort vorknöpfen wollen, aber das darf auf keinen Fall passieren. Ich will, dass Dahlman nicht den geringsten Verdacht hat, damit er nicht noch Beweismaterial verschwinden lassen kann.«

»Okay.«

»Und sieh zu, dass Erika keine E-Mails schreibt, bevor sie das Verschlüsselungsprogramm PGP installiert hat und damit umgehen kann. Über Dahlman kann Wennerström wahrscheinlich alles lesen, was wir uns gegenseitig mailen. Ich will, dass du und alle anderen PGP auf euren Rechnern installiert. Lass es ganz natürlich aussehen. Du bekommst den Namen eines Beraters und lässt ihn das Netzwerk und die Computer in der Redaktion überprüfen. Lass ihn die Programme installieren, als wäre das eine ganz normale Sicherheitsvorkehrung.«