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Zu Hause zerrte sie ihn ins Schlafzimmer, wo es ihr gelang, ihn auszuziehen und noch mehr abzulenken. Sie wachte spät nachts davon auf, dass sie allein im Bett war, spähte hinunter und sah ihn über seinen Computer gebeugt. Sie stützte den Kopf auf die Hand und betrachtete ihn eine ganze Weile. Er wirkte glücklich, und sie selbst fühlte sich plötzlich auch seltsam zufrieden mit ihrem Dasein.

Lisbeth blieb nur fünf Tage, bevor sie nach Stockholm zurückfuhr, um einen Job zu erledigen, bei dem Dragan Armanskij sie verzweifelt um ihre Hilfe gebeten hatte. Sie verwendete elf Arbeitstage auf diesen Auftrag, gab ihren Bericht ab und fuhr wieder hinaus nach Sandhamn. Der Papierstapel mit den ausgedruckten Seiten neben Mikaels iBook war weiter angewachsen.

Dieses Mal blieb sie vier Wochen. Sie entwickelten eine richtige Alltagsroutine. Sie standen um acht Uhr auf, frühstückten und beschäftigten sich ein Weilchen miteinander. Danach arbeitete Mikael intensiv bis zum Nachmittag durch. Dann gingen sie spazieren und unterhielten sich. Lisbeth verbrachte den Großteil des Tages im Bett, wo sie entweder Bücher las oder mit Mikaels ADSL-Modem im Netz surfte. Sie vermied es, Mikael tagsüber in seiner Konzentration zu stören. Sie aßen ziemlich spät zu Abend, und erst dann ergriff Lisbeth die Initiative und schleifte ihn ins Bett, wo sie dafür sorgte, dass er ihr seine ungeteilte Aufmerksamkeit widmete.

Für Lisbeth fühlte es sich an wie der erste Urlaub ihres Lebens. Die Harmonie war perfekt.

VERSCHLÜSSELTE E-MAIL VON

<erika.berger@millennium.se> an <mikael.blomkvist@millennium.se>:

Hallo, M. Jetzt ist es offiziell. Janne Dahlman hat gekündigt und fängt in drei Wochen bei Monopol an. Habe deinem Wunsch entsprechend nichts gesagt, und alle laufen hier rum und spielen dieses dämliche Spielchen. E.

P. S.: Immerhin scheint es ihnen Spaß zu machen. Henry und Lotta hatten vor ein paar Tagen einen Streit und haben sich mit Gegenständen beworfen. Sie haben Dahlman derart veräppelt, dass mir unbegreiflich ist, wie er das noch für bare Münze nehmen konnte.

Von <mikael.blomkvist@millennium.se> an <erika.berger@millennium.se>:

Wünsch ihm alles Gute und lass ihn ziehen. Aber schließ vorher das Tafelsilber weg. Gruß und Kuss, M.

Von <erika.berger@millennium.se> an <mikael.blomkvist@millennium.se>:

Ich stehe ohne Assistent da, zwei Wochen bevor wir in Druck gehen wollen, und mein Enthüllungsreporter sitzt in Sandhamn und weigert sich, mit mir zu sprechen. Micke, ich bin völlig fertig. Kannst du nicht herkommen? Erika

Von <mikael.blomkvist@millennium.se> an <erika.berger@millennium.se>:

Halt noch ein paar Wochen aus. Und fang schon mal an, die Dezembernummer zu planen, die wird anders als jedes Heft, das wir bis jetzt gemacht haben. Mein Artikel wird sich auf ungefähr 40 Seiten belaufen. M.

Von <erika.berger@millennium.se> an <mikael.blomkvist@millennium.se>:

40 Seiten!!! Hast du sie noch alle?

Von <mikael.blomkvist@millennium.se> an <erika.berger@millennium.se>:

Ich glaube, so was nennt sich Themenheft. Ich brauche noch drei Wochen. Kannst du Folgendes in die Wege leiten: 1) einen Verlag mit dem Namen Millennium registrieren lassen, 2) uns eine ISBN-Nummer beschaffen, 3) Christer bitten, dass er ein hübsches Logo für unseren neuen Buchverlag entwirft, 4) eine gute Druckerei auftreiben, die schnell und billig ein Taschenbuch drucken kann. Außerdem brauchen wir noch Kapital, um unser erstes Buch zu drucken. Küsschen, Mikael

Von <erika.berger@millennium.se> an <mikael.blomkvist@millennium.se>:

Themenheft. Buchverlag. Geld. Yes, master. Kann ich sonst noch was für dich tun? Nackt auf dem Marktplatz tanzen? E.

P. S.: Ich glaube, ich weiß, was du im Schilde führst. Aber was mach ich mit Dahlman?

Von <mikael.blomkvist@millennium.se> an <erika.berger@millennium.se>:

Mach gar nichts mit Dahlman. Lass ihn gehen. Monopol wird nicht mehr lange überleben. Kauf für dieses Heft ein paar mehr Freelance-Artikel ein. Und stell doch einfach einen neuen Assistenten ein, meine Güte. M.

P. S.: Ich würde dich zu gerne nackt auf dem Marktplatz sehen. M.

Von <erika.berger@millennium.se> an <mikael.blomkvist@millennium.se>:

… - in your dreams. Aber wir haben unsere Mitarbeiter immer gemeinsam eingestellt. Ricky

Von <mikael.blomkvist@millennium.se> an <erika.berger@millennium.se>:

Und wir waren uns immer einig, wen wir einstellen wollten. Das wird auch dieses Mal so sein, egal, für wen du dich entscheidest. Wir werden Wennerström ordentlich eins verpassen. Das ist die ganze Story. Lass mich die Sache einfach nur in Ruhe abschließen. M.

Anfang Oktober entdeckte Lisbeth Salander eine Meldung auf der Website des Hedestads-Kuriren, die sie Mikael zeigte. Isabella Vanger war nach kurzer Krankheit verstorben. Betrauert wurde sie von ihrer erst kürzlich wieder aufgetauchten Tochter Harriet Vanger.

VERSCHLÜSSELTE E-MAIL VON

<erika.berger@millennium.se> an <mikael.blomkvist@millennium.se>:

Hallo, Mikael,

Harriet Vanger hat mich heute in der Redaktion besucht. Sie rief mich fünf Minuten vorher an, ich war völlig unvorbereitet. Eine schöne Frau mit eleganten Kleidern und kühlem Blick.

Sie war gekommen, um mir mitzuteilen, dass sie Martin Vangers Funktion als Henriks Stellvertreter in unserem Führungsstab übernimmt. Sie war höflich und freundlich und versicherte mir, dass der Vanger-Konzern nicht vorhätte, sich aus unserer Vereinbarung zurückzuziehen - im Gegenteil, die Familie stehe voll und ganz hinter Henriks Verpflichtungen dem Magazin gegenüber. Sie bat mich, sie durch die Redaktion zu führen, und fragte mich, wie ich die Situation empfände.

Ich habe die Wahrheit gesagt. Dass ich mich fühle, als hätte ich keinen festen Boden mehr unter den Füßen. Dass du mir verboten hast, dich in Sandhamn zu besuchen, und dass ich nicht weiß, woran du arbeitest, außer, dass du eben vorhast, Wennerström gehörig an den Karren zu fahren. (Ich habe einfach mal angenommen, dass ich das erzählen durfte. Immerhin sitzt sie ja in unserem Führungskreis.) Sie hob eine Augenbraue und fragte lächelnd, ob ich daran zweifelte, dass du Erfolg haben würdest. Was soll man darauf antworten? Ich antwortete, ich wäre bedeutend ruhiger, wenn ich wüsste, was hier eigentlich läuft. Natürlich vertraue ich dir. Aber du machst mich wirklich wahnsinnig. Ich fragte sie, ob sie wüsste, was du gerade treibst. Sie verneinte, meinte aber, ihr Eindruck von dir sei der eines außergewöhnlich entschlossenen Querdenkers. (So hat sie sich ausgedrückt.)

Außerdem sagte ich, es müsse ja wohl etwas Dramatisches in Hedestad vorgefallen sein, und ich sei ganz krank vor Neugier auf die Harriet-Vanger-Story. Kurz und gut, ich kam mir vor wie ein kleiner Idiot.

Sie antwortete mit einer Gegenfrage: Ob du mir denn tatsächlich nichts erzählt hättest? Sie wisse, dass wir ein ganz besonderes Verhältnis haben, und dass du mir die Story sicher erzählen würdest, sobald du wieder ein bisschen Zeit hast. Dann fragte sie, ob sie mir vertrauen könnte. Was sollte ich antworten? Sie sitzt in der Führungsspitze von Millennium, und du hast mir ja wirklich gar nichts an die Hand gegeben.

Dann sagte sie etwas Seltsames. Sie bat mich, weder über sie noch über dich zu hart zu urteilen. Sie behauptete, zutiefst in deiner Schuld zu stehen. Sie wünschte sich, dass auch wir Freundinnen werden. Dann versprach sie, mir die ganze Geschichte einmal zu erzählen, solltest du es nicht schaffen. Vor einer Stunde ist sie gegangen, und ich bin völlig verwirrt. Ich glaube, ich mag sie, aber ich weiß nicht, ob ich ihr vertrauen kann. Erika.